Warum muss der Mann immer so schreien?
Die „Kriegszitterer“, die im Ersten Weltkrieg in großer Zahl auftraten, wurden mit der Kaufmann-Kur, benannt nach einem Psychiater aus Mannheim, so lange malträtiert, bis sie aufhörten zu zittern und wieder „frontfähig“ waren. Die „Kur“ bestand aus Stromstößen, die in die zitternden Gliedmaßen oder in besonders schmerzempfindliche Körperpartien wie Hoden oder Lippen blitzartig eingeleitet wurden. Max Nonne, der Hamburger Psychiater, versuchte es mit Hypnose, in der er dem Soldaten suggerierte, nicht zittern zu müssen. Kaufmann wie Nonne legten Wert darauf, den Patienten kleinzuhalten. Der musste sich vor Nonne zum Beispiel nackt ausziehen, während der große Nonne im weißen Kittel, allein mit dem Patienten in einem dunklen Raum, ihm militärisch knapp seine Kommandos gab.
Die Psychiater der Zeit glaubten, die „Kriegsneurose“ beruhe auf einer erblich bedingten Willensschwäche, der mit Strenge zu begegnen sei. Mit dieser Auffassung setzten sich führende Psychiater wie Robert Gaupp und Karl Bonhoeffer 1916 auf einer Tagung der Militärpsychiater gegen Hermann Oppenheim durch, der an einen kausalen Zusammenhang von Neurose und Kriegserleben glaubte. Beide Seiten konnten ihre Sicht zwar nicht beweisen, die Verfechter der Theorie der Willensschwachheit hatten aber immerhin den Zeitgeist auf ihrer Seite, dem Schwächlinge, zumal in Kriegszeiten, verhasst waren.
Der therapeutische Aufbruch äußerte sich in einem Bündel sogenannter heroischer Therapien: Schocktherapie durch elektrische Stromstöße, die Gabe von Cardiazol oder Insulin, hier verbunden mit einem hypoglykämischen Koma, waren nicht nur in Deutschland verbreitet, sondern europaweit und auch in den USA, die prolongierte Schlaftherapie mit dem Narkotikum Somnifaine in Großbritannien. Solche „heroischen“ Therapien verlangten vor allem von den meist schizophrenen oder depressiven Patienten ein gerütteltes Maß an Heroismus. Die Cardiazol-Schocktherapie war mit Horrorvisionen und Todesangst verbunden. Die Unterzuckerung bei der Insulinkur katapultierte den Patienten in ein Zwischenreich von Leben und Tod; die hypoglykämische Todesdrohung sei einzigartig, zitierte Thomas Foth Ph. D., Ottawa, zeitgenössische US-amerikanische Veröffentlichungen.
Psychiatrie: Heroische Therapien, ausgelieferte Patienten Deutsches Ärzteblatt 2012
Nicht in Deutschland, jedoch in Österreich kam es zu einer Diskussion und politischen Untersuchung:
Am 11. Dezember 1918 erschien in der sozialdemokratischen Wochenschrift Der Freie Soldat unter dem Titel Die elektrische Folter ein anonymer Beitrag, in dem massive Vorwürfe gegen die Behandlungsmethoden erhoben wurden, denen sich so bezeichnete Kriegsneurotiker wie auch vorgebliche Simulanten in den Kriegsjahren zu unterziehen hatten. Man habe schwer traumatisierten Frontsoldaten, die meist mit Symptomen heftiger und krampfartiger Zuckungen am ganzen Körper („Zitterer“) eingeliefert worden waren oder an psychotischen Nachwirkungen sog. shell shocks litten, bewusst, vorsätzlich und in inhumaner Weise Qualen zugefügt, die an die Grenzen des körperlich Erträglichen gegangen waren. Auf diese Weise sollte eine möglichst große Zahl neurasthenischer Patienten in möglichst kurzer Zeit erneut front- und einsatztauglich gemacht werden. Im Zentrum der Kritik stand die psychiatrische Klinik Wagner v. Jauregg.
Lediglich eine Woche später – in der latent sozialrevolutionären Atmosphäre der unmittelbaren Nachkriegszeit, auf Druck der Heimkehrer-Verbände und mit Unterstützung der Sozialdemokratie –
wurde durch die Provisorische Nationalversammlung ein Gesetz über die Feststellung von „Pflichtverletzungen militärischer Organe im Kriege“ beschlossen. Eine entsprechende, ab März 1919
tätige Kommission stand unter der Leitung des angesehenen Juristen Alexander Löffler, zu ihren weiteren Mitgliedern zählten u. a. der Anatom Julius Tandler und nicht zuletzt Julius Wagner-Jauregg
selbst.
Nachdem sich die Vorwürfe gegen den späteren Nobelpreisträger zunehmend verdichteten und im Wesentlichen auf die unsachgemäße und zu regelrechter Folter erweiterte Anwendung
elektrotherapeutischer Schockmethoden hinausliefen, ließ Wagner-Jauregg sein Mandat in der Kommission ruhen; diese leitete ihrerseits im Oktober 1919 Erhebungen gegen den wohl profiliertesten
Vertreter der klassischen Wiener Schule der Psychiatrie ein. Der zum externen Fachgutachter bestellte Sigmund Freud legte seine (handgeschriebene) Expertise am 25. Februar 1920 vor.
Sigmund Freud Gutachten zu Elektroschocks
Prof. Dr. Edmund Forster
Edmund Robert Forster (* 3. September 1878 in München; † 11. September 1933 in Greifswald) war ein deutscher Psychiater und Neurologe und Direktor der Universitäts-Nervenklinik Greifswald. Nach der Machtergreifung 1933 wurde er am 31. August unter vorgeschobenen Vorwürfen seines Postens enthoben. Danach beging er Suizid.
Bei Wikipedia soll es noch zweifelhaft sein: Ab 1915 wurde er in Belgien eingesetzt, wo er zum Marine-Stabsarzt befördert und mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet wurde. Später war er möglicherweise im Reservelazarett Pasewalk.
Aber auch Wiki weiß: Als der Nachrichtendienst des US-Kriegsministeriums (OSS) 1943 einen psychologischen Bericht über die Persönlichkeit Hitlers zu erstellen versuchte, gab der im isländischen Exil lebende Arzt Karl Kroner den Amerikanern zu Protokoll, dass Forster Hitler in Pasewalk untersucht und ihm die Diagnose „Hysterie“ gestellt habe.
Er hat zu dem Thema auch während des Krieges geschrieben: Hysterische Reaktion und Simulation. In: Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie. Band 42, 1917, H. 5, S. 298–324, und H. 6, S. 370–381
Nachforschungen durch Bernhard Horstmann ergaben, dass Akten über Prof. Dr. Forster "verschwunden" sind:
Von der „Deutschen Dienststelle“ in Berlin erhielt ich auf meine ausführliche Anfrage nach dem militärdienstlichen Werdegang Forsters die knappe Antwort: „… auf Ihr Schreiben muß ich Ihnen mitteilen, daß die bei der Kaiserlich Deutschen Marine geführten Personalunterlagen über Professor Dr. Edmund Forster nicht erhalten geblieben sind“.21 Das heißt nicht etwa, dass diese Unterlagen überhaupt nicht dort geführt worden sind, sondern dass sie sehr wohl geführt wurden, im Verlauf aber dann „abhanden gekommen“ sind. (Horstmann, Bernhard. Hitler in Pasewalk: Die Hypnose und ihre Folgen)
Wie an dem Titel zu sehen ist, will leider auch Bernhard Horstmann eine Behandlung durch "Hypnose" diskutieren, wie alle anderen Autoren, die sich überhaupt des Themas angenommen haben. Dass die Kriegstraumatiker mit Hypnose kuriert worden wären, statt mit Elektroschocks und Kaltwassergüssen, war nach 1918 behauptet worden. Das politische Wüten Hitlers soll durch einen Fehler bei der "Hypnose" (Ernst Weiß, bereits 1939: Ich, der Augenzeuge) entstanden sein. Bei Pilgrim wäre die Hypnose durch eine Störung der Behandlung nicht richtig beendet worden und hätte eine bis dahin verdrängte Veranlagung zum Massenmorden ausgelöst (Volker Elis Pilgrim: Hitler 1 und Hitler 2).
Die Misshandlung der Kriegsneurotiker mit Elektroschocks und Kaltwassergüssen war abgebrochen worden, als der Waffenstillstand gemeldet wurde und alle entlassen werden sollten. Bei einem war der Widerstandswille noch nicht gebrochen, er wollte sich rächen und kein Leben als Münchner Bohemien mehr führen, sondern Politiker werden.
In einem „Beitrag zum militärärztlichen Dienstleistungsbericht“ in den erhaltenen Akten anlässlich einer Abkommandierung Forsters vom 3. September 1918 heißt es:
„Mar. Stabsarzt DS II, Professor Dr. Forster, war vom 1.1.1915 bis 3.9.1918 als Oberarzt der Nervenabteilung des Marine-Kriegslazaretts II kommandiert. Im Frieden ist er Univ. Professor und an der Nervenklinik der Königl. Charité in Berlin tätig. Durch seine umfangreichen wissenschaftlichen Kenntnisse war er im Stande, auf der Abteilung wie auch bei Konsultationen u. als kriegsgerichtlicher Sachverständiger sehr erfolgreich sich zu betätigen. Persönlich energisch und lebhaft veranlagt, ließ er sich die Behandlung und Wiederherstellung der sogen. Kriegsneurotiker besonders angelegen sein, wobei er allerdings in manchen Fällen etwas schroff vorging, indem er den Maßstab eigener Willensstärke auch bei anderen anlegte. In den Kameradenkreisen war er wegen seines frischen, anregenden und liebenswürdigen Wesens beliebt. In den letzten Monaten las er nebendienstlich an der Genter Universität Vorlesungen über Gewebelehre. Im Laufe des Krieges wurde er außer der Reihe befördert und mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse ausgezeichnet. Gez. Dr. Heinrich Schmidt, Marine-Generaloberarzt und Chefarzt des Mar. Kriegslazaretts II.“ (Horstmann, Bernhard, ebenda)
Falls Prof. Dr. Forster Hitler nicht selbst traktiert haben sollte, werden seine Mitarbeiter nicht humaner gewesen sein.
Verstummt statt erblindet
Es gibt Hinweise in den Quellen, dass der "gasverwundete" Hitler nicht erblindet war, sonst hätte es in den Akten "Erblindung" geheißen und er wäre entsprechend in ein Lazarett für Augenkranke eingewiesen worden.
Vermutlich handelte es sich um ein Gas, das weniger die Augen als die Kehle und die Stimmbänder angreift. Er konnte also nicht reden und wurde verdächtigt, nur ein Simulant zu sein. Darum nach Pasewalk zum Nervenarzt Prof. Dr. Forster und nicht zu einem Augenarzt.
Kurt Lüdecke schreibt, dass ihm Ernst Graf zu Reventlow berichtet habe, Hitler wäre damals durch das Gas verstummt:
Reventlow had seen to it that we were near the speakers’ stand. I was close enough to see Hitler’s face, watch every change in his expression, hear every word he said. When the man stepped forward on the platform, there was almost no applause. He stood silent for a moment. Then he began to speak, quietly and ingratiatingly at first. Before long his voice had risen to a hoarse shriek that gave an extraordinary effect of an intensity of feeling. There were many high-pitched, rasping notes - Reventlow had told me that his throat had been affected by war-gas - but despite its strident tone, his diction had a distinctly Austrian turn, softer and pleasanter than the German. (Ludecke, Kurt G.W.. I Knew Hitler)
Hitler vor Pasewalk war ein gemütlicher netter Kerl, der sich allerdings von Besäufnissen und Bordellbesuchen seiner Kameraden fern hielt und Bücher las. Er durfte nur Gefreiter werden, weil ein Schwuler damals nicht der Vorgesetzte "richtiger Männer" sein sollte. Er fällt unter seinen Kameraden nicht weiter auf.
Im kurzen Lebenslauf bei Adolf-Viktor von Koerber Adolf Hitler sein Leben seine Reden, schon im Oktober 1923 erschienen, lesen wir:
Der Schwester Arme stützen den Gequälten, der sich hochauf bäumt. Sie will ihn auf die Kissen zurückdrücken, diesen sonderbar unheimlichen Patienten, der erblindet und verstummt eingeliefert wurde, diesen.... wie lautete der Personalbogen: "..., Gefreiter, zusammengebrochen im feindlichen Gasangriff. (ebenda, Seite 6)
Er kann offensichtlich nicht reden:
Doch sie sieht das unsägliche Leiden dieses Halbtoten, dessen Minenspiel von Tag zu Tag mehr, dessen ins Weite deutenden Gesten immer bestimmter andeuten, daß er das Furchtbare weiß, das über Deutschland hereingebrochen! (ebenda)
Ein stummer, erblindeter Waffenloser ward eingeliefert in das Lazarett des pommerschen Landstädtchens. Ein hochaufgerichteter Kämpfer schreitet hinaus in die entdeutschte deutsche Welt. (ebenda, S. 7)
Über seinen erster Auftritt bei einer Veranstaltung der DAP:
Im Leibersaal des Sterneckerbräus sind 7 Männer beisammen. ... Der Jüngste unter ihnen, ein Unbekannter, ein Mann, dessen dunkle Stimme Schaden gelitten durch Giftgas, dieser Siebente der Sieben, — er spricht! (ebenda, S. 8)
Es war nicht Gelbkreuz, sondern Chlorine-Gas (Volker Elis Pilgrim, Militärgeheimnisse, S. 363f), das den Kehlkopf schädigt, und führte zur falschen Diagnose als "Kriegsneurotiker" und der für einen gasverwundeten Soldaten schändlichen Behandlung in Pasewalk. Hitler durfte das später nicht zugeben, nur andeuten:
In der Nacht vom 13. zum 14. Oktober ging das englische Gasschießen auf der Südfront vor Ypern los; man verwendete dabei Gelbkreuz, das uns in der Wirkung noch unbekannt war, soweit es sich um die Erprobung am eigenen Leibe handelte. Ich sollte es noch in dieser Nacht selbst kennenlernen. (MK, Eher, 1943, S. 220)
Es war jedoch der 15. Oktober. Hitler wurde vermutlich allein auf einem Meldegang plötzlich mit einer Gasgranate beschossen, wonach er nicht mehr reden konnte und dafür als Simulant behandelt wurde. Die ausführlichen Nachweise alle bei Pilgrim, der leider eine Behandlung durch Hypnose vermutet und nicht Folter als Ursache der Mordlust.
Der ehemalige Reichskanzler General von Schleicher und sein Geheimdienschef Ferdinand von Bredow sollen sich Hitlers Krankenakte verschafft haben. Nach dem Zeugnis der Tochter Lonny von Schleicher habe Hammerstein-Equord Kurt von Schleicher noch gewarnt: "Auf keinen Fall behalten, sonst sind Eure Köpfe keinen Schuss Pulver mehr wert!" (Pilgrim, Militärgeheimnisse, S. 463f). Beide Generäle und Schleichers Gattin wurden am 30. Juni/1. Juli 1934 beim angeblichen Röhm-Putsch ermordet.
Vernebelungen und Mystifizierungen
Die bekanntesten und berühmtesten Hitlerbiografien unserer Historiker sind für den Müll. Volker Elis Pilgrim ist eine Ausnahme, aber fast unerträglich zum Lesen: Er glaubt, dass Hitler wegen der angeblichen Verwandtenehe seiner Eltern einen Gendefekt hatte, der die Ursache seine Homosexualität und nach der "Hypnose" in Pasewalk seiner Mordlust war und wiederholt das unablässig. Vermutlich ist Hitlers Großmutter im Alter von 40 Jahren nicht erstmals schwanger geworden, sondern hat das ungewollte Kind einer jüngeren Magd als ihr Kind dem Pfarrer gemeldet. Dem war das egal, wenn das Kind so eine liebevolle Mutter bekam. Hitlers Vater und Mutter sehen sich nicht ähnlich.
Homosexualität konnte man sich früher nur als Erbfehler vorstellen, da unterscheidet sich Pilgrim nicht von Dr. Forster in Pasewalk und zitiert das Urteil: "Als Vorgesetzter ungeeignet!" Pilgrim hat zum Nachweis von Hitlers schwuler Mordlust wenigstens gründliche Nachforschungen zu Hitlers wirklichem Lebenslauf angestellt.
Kein Biograf konnte oder wollte bisher den Grund nennen, warum Hitler behauptete, er wäre bereits im Frühjahr 1912 endgültig(!) nach München verzogen. Als er tatsächlich im Jahr 1913 nach München kam, war er nach dem Gesetz fahnenflüchtig. Das Gesetz war aber erst am 5. 7. 1912 im Reichsgesetzblatt verkündet und damit gültig geworden, im Frühjahr 1912 war eine Ausreise noch keine Fahnenflucht.
Bei unseren hochgerühmten Historikern heißt es dazu immer, dass Hitler sich in München am 29. Mai 1913 bei der Polizei als Staatenloser und damit ohne österreichische Papiere angemeldet habe, um der Wehrpflicht zu entgehen. Der Innenminister hieß damals nicht Seehofer und einfach seine Papiere wegwerfen und der Polizei in München erklären, man wäre jetzt ein Staatenloser, weil einem in Österreich die Wehrpflicht drohe, das können sich nur unsere quellenkundigen Historiker in ihren Werken ausmalen. Leider erklärt auch Pilgrim nicht, wie die Anmeldung bei der Polizei in München gelaufen sein sollte, noch dazu mit einem damals minderjährigen jungen Mann aus Wien als Zimmergenossen, ohne sofort von kräftigen Beamten zur Grenze bei Braunau zwecks Übergabe verbracht zu werden.
Pilgrim lenkt von der Frage ab, indem er möglichst umständlich das Thema des Umzugsdatums abhandelt und danach sofort zum August 1914 springt. Nur Flüchtlinge aus meist verfeindeten Ländern, vor allem eigene Agenten, die abgezogen und geschützt werden müssen, werden bei der Polizei als staatenlos eingetragen.
Der Eintrag als Staatenloser besagt, dass keinem Amtshilfeersuchen aus dem fremden Staat entsprochen wird. Das kann auch mal befreundete Staaten betreffen, wenn jemand vor deren Ämtern geschützt werden muss, zum Beispiel weil er schwul ist und das Rekrutenschinden auf dem Kasernenhof als Hölle erleben würde. Schreiben aus Österreich, die Polizei möge den staatenlos eingetragenen Hitler zur Musterung nach Österreich ausweisen, waren damit erst dem Konsulat Österreichs in München zur Klärung zu geben.
1894 genehmigte Kaiser Franz Josef die Errichtung eines k.u.k. Honorarkonsulates in München, zum Honorarkonsul wurde der Verleger Alphons Bruckmann bestellt. 1905 zum Honorargeneralkonsul ad personam ernannt, legte Bruckmann 1913 krankheitshalber die Leitung des Honorarkonsulates nieder. Das k.u.k. Honorarkonsulat befand sich von 1894 bis 1913 im Bruckmann-Verlag in der Galeriestraße 17.
Bereits die Anmeldung Hitlers im Mai 1913 kann nur in Absprache mit dem Konsulat erfolgt sein. Es konnte nicht jede Behörde in Österreich aufgeklärt werden, dass und warum sie Hitler in München in Ruhe zu lassen habe. Die Polizei brachte deshalb Hitler im Januar 1914 auf das Amtshilfeersuchen aus Linz nicht zur Grenze nach Braunau zum Weitertransport nach Linz, sondern zum Konsulat. Das teilte der Behörde in Linz mit, dass Hitler sich leider nicht zum vorgegebenen Termin der Musterung stellen könne. Mit Hilfe des Konsulats wurde die Musterung schließlich nach Salzburg verlegt, wo man wohl mehr Einfluss hatte und Hitler für untauglich zu jeglichem Militärdienst erklärt werden konnte. Alphons Bruckmann war sehr aktiv im wichtigen Bereich des alpinen Sports und Tourismus. Der Frage, wie Hitler zu diesen hilfreichen Beziehungen kommen konnte, werden wir hier nicht nachgehen können, er war halt ein schwuler junger Mann, der in der Wiener Oper unter begeisterten Wagnerianern verkehrt hatte.
Das Rekrutenschinden umgangen zu haben, war noch zu meiner Zeit ein laufendes Ärgernis und ständiger Anlass für böswillige Ausfälle von Seiten der Geschundenen. Bei Kriegsausbruch wird Hitler die Chance gesehen haben, als Freiwilliger endlich auch Soldat gewesen zu sein. Im Feld richtet sich der Hass der Kameraden nicht gegen Schwule, sondern gegen den Feind. Da kann ein Schwuler den engen Umgang mit Kameraden pflegen, ohne Beschimpfungen und Prügel fürchten zu müssen.
Pilgrim erklärt, wie Hitler sich als Österreicher freiwillig zu einem bayerischen Regiment melden konnte. Die Darstellung in Mein Kampf, er habe seiner Majestät König Ludwig III. ein Immediatgesuch eingereicht und es sei bereits am 4. August 1914 bewilligt worden, ist gelogen. Für eine Meldung zum bayerischen Heer brauchte er die Genehmigung aus Österreich. Pilgrim behandelt das Thema ab S. 41 recht umfangreich, wir wollen es abkürzen: Mit seinen Beziehungen zum Konsulat wurde ihm sofort eine Genehmigung der Regierung Österreichs zum Eintritt in die deutsche Armee ausgefertigt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist noch, wie und wann Hitler die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat. Es war bereits am 1.7.1919 (Pilgrim S. 864ff) und wurde in seiner Militärstammrolle vermerkt: "Militär-Pass 7.3.19 - Natl. 1.7.19" (Abbildung bei Pilgrim S. 865). So viel zur Quellenkunde unserer Historikerzunft. Ob sie es wissen, weiß man nicht, jedenfalls wollen sie es nicht wissen. Hitler hatte seine Staatsangehörigkeit mystifiziert, um als angeblicher Ausländer an der Spitze seiner Partei nicht für einen Sitz im Parlament zu kandidieren, wo er viel Zeit verloren und sich mit Abstimmungen angreifbar gemacht hätte. Im Jahr 1932 musste so getan werden, als habe er zur Kandidatur für das Amt des Reichspräsidenten, der Staatsbürger sein musste, die Staatsbürgerschaft erst jetzt durch eine Ernennung zum Regierungsrat erhalten. Vorher wären alle Versuche, Hitler einzubürgern, irgendwie gescheitert, glauben Historiker; alles stieß auf bürokratische Hürden, wenn er bereits zum 1.7.19 naturalisiert worden war.
Kapp-Lüttwitz-Putsch
Konkreter Auslöser war am 29. Februar die Verfügung von Reichswehrminister Gustav Noske, die Marinebrigade Ehrhardt aufzulösen, da am 10. Januar 1920 der Versailler Friedensvertrag in Kraft getreten war, welcher das deutsche Heer auf 100.000 Mann sowie die Marine auf 15.000 Mann beschränkte. Dies bedeutete einen massiven Personalabbau der etwa 400.000 Mann starken Reichswehr von 1919, und die meisten der damaligen Freikorps sollten aufgelöst werden.
Während die Historiker nicht recht erklären wollen, welche Ziele der Putsch verfolgte, finden wir bei Ignaz Trebitsch-Lincoln eine glaubwürdige, weil logische Darstellung:
Helfferich und Ludendorff standen an der Spitze, und wenn es der General auch vermied, sich viel zu zeigen, so begann des Tages Arbeit doch damit, dass ihm zeitig vormittags der Rapport übergeben wurde. Dies geschah in der Viktoriastraße, wo er unter dem Namen „Charles Newmann“ unerkannt lebte. Bei diesen Rapporten waren Oberst Bauer, Hauptmann Pabst und jetzt auch ich anwesend.
In ihrem Endziel wollte die Kapp-Verschwörung den Versailler Friedensvertrag umstoßen; sie konnte sich daher nicht auf Deutschland allein beschränken, sondern musste noch Hilfe im Ausland suchen. Außer einer erfolgreichen Gegenrevolution im Reich bedurfte sie eines aktionsfähigen und marschwilligen Verbündeten. Hierfür war Sowjet-Russland in Aussicht genommen.
Die Verhandlungen mit der bolschewistischen Regierung wurden durch deren damaligen Berliner Vertreter, Viktor Kapp [richtig: Viktor Leont‘evič Kopp], geführt und gipfelten in einer Abmachung, in der ein gemeinsamer Aktionsplan vereinbart worden war. Die Grundzüge dieses Aktionsplanes bestanden darin, dass Russland während der in Deutschland durchzuführenden Gegenrevolution einen Krieg gegen Polen vom Zaun brechen sollte und mit der gesamten Heeresmacht über Polen an die deutsche Grenze marschierte. Hier sollte sich dann die Rote Armee mit der deutschen vereinigen und gemeinsam mit den Deutschen an der Westgrenze aufmarschieren.
Obwohl in diesen Abmachungen vereinbart war, dass Russland auf deutschem Boden keinerlei Agitation zugunsten der bolschewistischen Ideen entfalten dürfte, bestand natürlich doch die Gefahr, dass die Moskauer Machthaber diesen Punkt der Vereinbarungen missachten würden.
Zum Schutze gegen einen bolschewistischen Vertrauensbruch der Sowjet-Machthaber in Deutschland - also als Rückversicherung gegen den Sowjet-Verbündeten - standen die Kapp-Verschwörer mit den russischen Monarchisten in enger Verbindung. Als Verbindungsmann mit diesen fungierte der russische General Biskupski, der von der Kapp-Zentrale monatlich fünfzigtausend Mark für seine Zwecke erhielt. Zwischen der Kapp-Verschwörung und den russischen Monarchisten waren auch ganz formelle Abmachungen getroffen worden, die auf die Restaurierung der Monarchie in Russland abzielten. (Trebitsch-Lincoln, J.T.: Der größte Abenteurer des 20. Jahrhunderts! Die Wahrheit über mein Leben. Kapitel XX)
Ludendorff lebte während des Kapp-Putsches in der mondänen Wohnung (Viktoriastraße 26) der Schwiegermutter des Karl von Fischer-Treuenfeld, der die Tochter des reichen Kaufmanns Henry P. Newman geheiratet hatte. Die Vorfahren von Henry P. Newman stammten väterlicherseits aus England und hatten ihr Vermögen im Seehandel erlangt. Sein Vater Henry L. Newman (1813–1897), Sohn eines englischen Konsuls, war seit 1845 Teilhaber des Bankhauses Hesse (später Hesse Newman) und heiratete die Bankierstochter Mary Hesse. Newman starb 1917 in Berlin, seine Tochter Leonore heiratete 1919 Karl von Fischer-Treuenfeld. Der Rapport der Putschisten fand in den mit Gemälden von Cezanne, Manet, van Gogh, Corrot, Degas und Liebermann ausgeschmückten Räumen statt, die der verstorbene Newman gesammelt hatte. Max Liebermann war wiederholt zu Besuch bei Henry P. Newman gewesen, 1910 schuf Liebermann ein Porträt der Ehefrau Maria Newman, die Welt ist klein. Ende 1941 wurde Fischer-Treuenfeld Generalmajor der Polizei und Befehlshaber der Waffen-SS im Protektorat Böhmen und Mähren unter dem stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich. Erich Ludendorff schreibt in seinen Lebenserinnerungen von 1919 bis 1925 (S. 51-53):
Ich erhielt eine schöne Wohnung in der Viktoriastraße, ganz in der Nähe des Tiergartens. Hier wohnte Frau Newman, die Schwiegermutter des Hauptmanns v. Treuenfeld, der im Hauptquartier im Osten und im Großen Hauptquartier unter mir gearbeitet hatte. Er ist einer der wenigen aus jenen Tagen, die in unwandelbarer Anhänglichkeit mir zur Seite standen. Da seine Schwiegermutter in Hamburg eine Wohnung hatte und dort einziehen wollte, überließ sie mir mit größtem Entgegenkommen die Berliner Wohnung, auch in Erinnerung ihres Mannes, der mir im Weltkriege sehr viel entgegengebracht und in das wirtschaftliche Leben Deutschlands erfolgreich eingegriffen hatte, bis ihn ein recht plötzlicher Tod dahinraffte.
Trebitsch-Lincoln begegnete am Tag vor dem Zusammenbruch des Putsches als Pressesprecher der Putschisten Adolf Hitler, der mit Dietrich Eckart nach Berlin gesandt worden war, um für die Reichswehr in München Verbindung aufzunehmen. Hitler war schockiert, auf einen Juden als Pressesprecher zu treffen. Trebitsch-Lincoln wird heute als zweifelhafter Charakter gesehen, aber er verdankte seine steilen Karrieren in jedem Umfeld, zuletzt in China und Tibet, seinem logischen Denkvermögen: Anfangs als Agent einer christlichen Mission der Juden hatte er seine Station in Kanada mit allen erhältlichen Zeitungen in Jiddisch ausgestattet. So wurde seine Missionsstation von Juden aus weiter Umgebung aufgesucht, dort zu lesen und zu diskutieren, und er galt als der erfolgreichste Missionar.
Viktor Leont‘evič Kopp war im Juli 1919 illegal nach Deutschland eingereist und besuchte regelmäßig den im Moabiter Gefängnis deutsche Politiker, Militärs und Unternehmer empfangenden Karl Radek. Ein wichtiges Thema für die Verhandlungen Viktor Kopps war Polen:
Die polnische Politik verstärkte die Russland-Orientierung der militärischen und politischen Elite in Deutschland. Am 31. Januar 1920 schrieb der Chef der Heeresleitung, General Hans von Seeckt,
in einem Brief an General Ewald von Massow, „unverbrüchliches“ Ziel der deutschen Ostpolitik sei „die politische und wirtschaftliche Vereinigung mit Großrussland“. Seeckt schlug vor, die
Bolschewiki nicht an der Eroberung Polens, Litauens und Lettlands zu hindern ... (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 2012 Heft 4, S. 534)
Die Darstellung durch Trebitsch-Lincoln wird dadurch bestätigt. Der Putsch scheiterte am Widerstand der Beamten und am Generalstreik. Er erfasste am Sonntag, dem 14. März, bereits vollständig Berlin und breitete sich am Montag über die ganze Republik aus. Es gab keinen Eisenbahnverkehr, in den Städten keine Straßenbahnen und Busse, keine Post, keine Telefonvermittlung, keine Zeitungen, alle Fabriken und alle Behörden waren geschlossen. In Berlin gab es nicht einmal mehr Wasser, Gas oder elektrisches Licht. Dieser Generalstreik führte zur völligen Lahmlegung der öffentlichen Versorgung und führte den Putschisten schnell die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens vor Augen. Er nahm ihnen jede Möglichkeit zu regieren.
Die gemeinsamen Pläne, mit Hilfe der Sowjets gegen Polen und die Franzosen und Engländer zu kooperieren, wurden von der Reichswehr weiter verfolgt.
Es war kein Zufall, dass die Bolschewiki im Sommer 1920 einen Goldvorrat in einer Bank in Reval [Tallinn] anlegten, das nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags der RSFSR mit Estland am 2. Februar 1920 zum Zentrum der ausländischen Finanzoperationen Sowjetrusslands 47 wurde. (VfZ, ebenda, S. 536)
Geheimsache Moskau - Reichswehr und Rote Armee
Der Kapp-Lüttwitz-Putsch im März 1920 sollte das Bündnis mit der Roten Armee nach deren Sieg über Polen gegen Frankreich vorbereiten. Die Rote Armee würde sich nach der Kapitulation Polens mit der Reichswehr verbünden und am Rhein den Kampf gegen die Franzosen und gegebenenfalls die Briten aufnehmen, so der Plan.
Die ersten, auf eine sowjetisch-deutsche militärische Zusammenarbeit gerichteten Kontakte kamen Anfang 1920 zustande. Ihr Initiator und aktivster Förderer in Deutschland war General Hans von Seeckt, der Chef der Heeresleitung und damit praktisch der Oberbefehlshaber der Reichswehr, der durch die Zusammenarbeit mit der Roten Armee die restriktiven Bestimmungen des Versailler Vertrages unterlaufen wollte. Die zeitweiligen militärischen Erfolge der Roten Armee im polnisch-sowjetischen Krieg 1920 beeindruckten Seeckt und weckten in ihm die Zuversicht, daß die Rote Armee ein attraktiver Partner sein könnte. Gleichgesinnte von Seeckts waren Reichswehrminister Otto Geßler und der Chef des Truppenamts Otto Hasse. Auf sowjetischer Seite fand die militärische Kooperation von Anfang an die Unterstützung fast der gesamten Führung der Russischen Kommunistischen Partei, RKP(B), und des Rates der Volkskommissare. Den Kontakt zwischen von Seeckt und dem Vorsitzenden des Revolutionären Kriegsrates der Republik, Lev D.Trotzki, stellte Enver-Pascha her, der seit 1916 mit Seeckt befreundet war, als dieser den türkischen Generalstab geleitet hatte.
Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte: SERGEJ A. GORLOW, G E H E I M S A C H E M O S K A U - B E R L I N Die militärpolitische Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich 1920-1933
Ein heute wahnsinnig klingender Gedanke, unsere Historiker haben den weitgehend aus ihren Geschichtsbüchern gelöscht, obwohl nur damit die Hintergründe und die Motive für den Aufstieg Hitlers zu erklären sind. Die Rote Armee verlor die Schlacht um Warschau im August 1920 und die Polen gewannen weite Gebiete Weißrusslands und der Ukraine. Aber nun war das Interesse der UdSSR an einer geheimen Zusammenarbeit mit der deutschen Reichswehr noch größer, wollte die UdSSR jemals die verlorenen Gebiete zurück gewinnen.
Gleichzeitig war den Marxisten in Moskau klar, dass mit dem Chaos und Elend in der UdSSR eine freiwillige Ausbreitung des Kommunismus nicht mehr möglich war. Nur der Rote Terror konnte in Russland den Zusammenbruch verhindern und nur mit viel Geld war Unterstützung für den Kommunismus in anderen Staaten zu gewinnen. Die nach Moskau pilgernden Künstler, viele deutsche Schriftsteller und Verleger, ließen sich nicht lumpen und lobten die UdSSR, was ihre Soldfedern und Mietmäuler hergaben.
Die Marxisten waren gelernte Dialektiker: Zur Ausbreitung des Kommunismus, die Synthese, brauchte es eine Antithese zu ihrer Schreckensherrschaft in der UdSSR: Einen deutschen Diktator, den die herrschenden Kreise in Frankreich, Großbritannien und den USA noch mehr fürchten und hassen würden als Lenin und Stalin. Er musste gesucht, gefunden und an die Macht gebracht werden, denn das kommt nicht durch Zufall, sondern nur mit viel Geld und Agentennetzen. Mit Agentennetzen kannten die Sowjets sich aus, mindestens so gut wie die britischen Imperialisten, die auch einen Auslöser für einen weiteren Krieg gegen Deutschland suchten.
Geopolitische Betrachtungen der Landkarte
Durch die Niederlage im Krieg gegen Polen hatte die UdSSR große Gebiete Weißrusslands und der Ukraine an Polen verloren. Finnland und das Baltikum wurden unabhängige Staaten und auch Rumänien reichte weit in das ehemals russische Land.
Auf den ersten Blick hatte Halford Mackinder sein Ziel erreicht, ein Zusammengehen der Industriestaaten in Westeuropa mit dem riesigen Kontinentalreich Russland zu verhindern, weil in Russland die Marxisten herrschten und die Finnen, Balten, Polen und Rumänen ganz sicher keinen Kommunismus wollten, auch nicht die Deutschen.
Der Schreckensherrschaft der Marxisten fielen Abermillionen in Russland zum Opfer. Die Berichte über das russian famine 1921 sollte man kennen, um die weitere politische Entwicklung zu verstehen. Noch im Jahr 1933 hatte Stalin allein in der Ukraine über 3 Millionen Menschen verhungern lassen. Allerdings war damals in den USA der Weltwirtschaftskrise die Not nicht viel geringer, der Großen Depression mit Hunger und Krankheit durch Unterernährung sollen bis zu 7 Millionen US-Bürger zum Opfer gefallen sein.
Jedenfalls mussten Lenin, Stalin und die britischen Imperialisten mit Mackinder damit rechnen, dass der Marxismus gescheitert war und in Russland nicht mehr lange herrschen würde. Die Weltwirtschaftskrise verschaffte dem Marxismus zwar etwas Zeit und wieder ein besseres Ansehen, die Kommunisten konnten auf das Elend in Deutschland, Frankreich, England und den USA zeigen. Aber die Deutschen würden bald wieder mit ihrer Wirtschaft zuerst in Ungarn, Rumänien, Finnland, im Baltikum, Polen und sogar Russland Einfluss gewinnen, der Marxismus würde sich nicht halten lassen: Deutschland war immer noch eine Gefahr für das Britische Imperium.
Durch die von der Bank von England und der US-Zentralbank FED mit restriktiver Geldpolitik ab 1929 absichtlich verursachte mörderische Weltwirtschaftskrise in den kapitalistischen Ländern konnte sich die marxistische Schreckensherrschaft in Russland zwar länger behaupten, sonst wäre die wohl schon kurz nach 1929 zusammengebrochen und nicht erst 1989. Für die britischen Imperialisten bestand jedoch weiterhin die große Gefahr, dass Deutschland mit seiner Leistungsfähigkeit als Industriestaat enge Beziehungen zu den jetzt zwischen Deutschland und Sowjetrussland liegenden Staaten entwickelt. Es war das Konzept eines von Deutschland beherrschten Mitteleuropas nach Friedrich Naumann, das ebenso wie das vor 1914 befürchtete deutsch-russische Bündnis für die Angloamerikaner unangreifbar sein und zu einer Weltmacht aufsteigen würde.
Die britischen Imperialisten mussten für einen weiteren mörderischen Krieg zur endgültigen Unterwerfung Deutschlands einen guten Grund finden und durch ihren Einfluss herbeiführen. Für ihre allen Deutschen völlig unbegreifliche Vernichtungspolitik gegen das deutsche Reich und dessen Wirtschaft und Kultur seit 1914 und die völlig enthemmte Hetze in allen Weltmedien gegen die Deutschen und deren angeblichen Militarismus mussten die britischen Imperialisten dem deutschen Volk nach dem Ersten Weltkrieg einen anderen Schuldigen als bösen Feind präsentieren.
Haushofer - Niedermayer - Radek
Der Geopolitiker Professor Karl Haushofer hatte nicht nur einen merkwürdigen Freundeskreis, wie seinen Adlatus und späteren Stellvertreter des Führers Rudolf Heß, sondern eine noch merkwürdigere Leserschaft seiner Beiträge in der Zeitschrift für Geopolitik:
His most attentive readers would not be his German compatriots or other Europeans but Soviets from the “Pressgeo” agency of Alexander Rados, who would collaborate with a certain Arthur Koestler
and who would proceed the famous Soviet spy Richard Sorge, who was equally an attentive reader of “Zeitschrift für Geopolitik” (ZfG). In his journal, Haushofer recalls the relations that he had
with Soviet personalities like Chicherin and Radek-Sobelsohn. The intermediary between Haushofer and Radek was Ritter von Niedermayer, who had launched expeditions in Persia and Afghanistan. One
day Niedermayer reported to Haushofer that Radek read his book “Geopolitik des Pazifischen Ozeans”, which he wanted to translate. The wily Radek couldn’t simply translate the work of a Bavarian
general and had a “better” idea in the Soviet context of the era: fabricate a matching plagiary with Marxist phraseology entitled “Tychookeanskaja Probljema”. All the theses of Haushofer were
reiterated there, clothed in Marxist trimming. Another intermediary between Radek and Haushofer: Mylius Dostoevsky, grandson of the author of “The Brothers Karamazov,” who brought the German
geopolitician issues of the Soviet magazine on international politics “Nowy Vostok”, Soviet information on China and Japan, and the writings of the Indonesian Revolutionary Tan Malaka on the
self-determination movement in the archipelago, under Dutch domination at the time.
The Itinerary of a German Geopolitician: Karl Haushofer
Karl Haushofer und sein außenpolitisch aktiver und durch gute Beziehungen mit Joachim von Ribbentrop verbundener Sohn Albrecht Haushofer haben die Konsequenz aus der geopolitischen Lehre Halford Mackinders nicht verraten, dass England zur Rettung seines Empires Deutschland politisch unterwerfen und wirtschaftlich ruinieren müsse, wobei es nicht auf die Absichten der Deutschen ankomme, weil geopolitisch bestimmte Entwicklungen unabhängig von politischen Absichten und Verträgen sind.
Ende 1918 reiste Karl Radek illegal nach Deutschland ein, um zu sondieren, ob die Bolschewiki von dort Unterstützung erwarten könnten. Er wurde zwar am 12. Februar 1919 verhaftet, durfte aber im Gefängnis in Berlin-Moabit politisch arbeiten. In diesem „Moabiter Salon“ empfing er Politiker, Journalisten und Intellektuelle, wie den Wirtschaftsführer und baldigen Außenminister Walther Rathenau von der AEG. Beide erkannten, dass Deutschland und Russland gemeinsame Interessen haben, damit war eine Grundlage für den Vertrag von Rapallo geschaffen.
Zum Kriegsende 1918 wurde Oskar von Niedermayer beurlaubt und studierte in München zwei Semester Philologie und Geographie. Ab 29. April 1919 war er nebenbei Leiter der Werbeabteilungen des Freikorps Epp, welches die Münchner Räterepublik bekämpfte, und lernte Rudolf Heß kennen. Am 12. Dezember des gleichen Jahres wurde Niedermayer in die Reichswehr aufgenommen und wurde Adjutant des Reichswehrministers Otto Geßler. Am 23. Dezember 1921 schied Niedermayer offiziell aus der Reichswehr aus, um inoffiziell für sie in der Sowjetunion tätig zu sein. Von 1928 bis 1932 war Niedermayer in seinem Büro in Moskau Leiter der drei großen militärischen Versuchsstationen für Flugwesen, Kampfwagen und Chemie Kampfstoffe. Er schrieb an den Chef des Ministeramtes des Reichswehrministeriums Kurt von Schleicher mit großem Respekt über die Leidensfähigkeit und Lebensstärke des russischen Volkes. Trotz ideologischer Differenzen plädierte er für eine deutsch-sowjetische Kooperation.
Weil die UdSSR durch andere Staaten noch nicht diplomatisch anerkannt war, fanden die Friedensverhandlungen zwischen Japan und der UdSSR im Jahr 1922 in Berlin statt, wo Karl Haushofer (zusammen mit seiner sprachbegabten Gattin) die Verhandlungen betreute. Im WS 1922/23 studierte Rudolf Heß in Zürich und soll gleich Spender für Hitler gefunden haben. Oder wurde Geld aus Moskau über Haushofer, der die Familie Wille kannte, mit einem Trinkgeld für die vaterländischen Spender gewaschen?
Paramilitärische Parteiorganisationen
Nach dem Waffenstillstand und den Bestimmungen von Versailles erzielte die von den Siegermächten Frankreich und England angestrebte Demilitarisierung Deutschlands einen ganz entgegengesetzten Effekt: eine Militarisierung von Parteien und Gesellschaft. Soldaten der aufgelösten deutschen Armee wurden in Freikorps übernommen und kämpften im Osten gegen polnische Verbände in den umstrittenen Reichsgebieten.
Bald mussten unter dem Druck durch Frankreich und England die Freikorps aufgelöst werden. Man gründete nun Heimwehren und andere Wehrvereine mit Soldaten aus den Freikorps. Junge Männer sollten paramilitärisch ausgebildet werden, weil die Wehrpflicht abgeschafft und durch die Siegermächte verboten war. Erst 1935 wurde nach 16 Jahren die Wehrpflicht wieder eingeführt.
Als im November 1921 die Freikorps aufgelöst wurden, ließ sich das Freikorps Oberland als Bund Oberland e.V. im Dezember 1921 ins Vereinsregister eintragen. Das offizielle Programm postulierte als Grundgedanken den Kampf gegen den Versailler Vertrag, die unbedingte Reichstreue und die Versöhnung aller Klassen und Schichten. Tatsächlich konzentrierte sich der Bund jedoch auf seine geheime Wehrarbeit. Auf dem Foto sind Erlanger Studenten im Bund Oberland bei einem Aufzug in Nürnberg 1923 zu sehen.
Es existierte also in Deutschland von 1919 bis 1934 keine Wehrpflicht. Über 16 Jahre lang verbot das Diktat der Siegermächte den Deutschen das in allen anderen Staaten so beliebte Rekrutenschinden in den Kasernenhöfen, bei dem junge Männer in wenigen Monaten ihr Vaterland zu hassen und nur den Spieß zu fürchten lernen, aber nicht den Feind, dem sie sich im Ernstfall gerne ergeben. An die Stelle des Rekrutenschindens trat in Deutschland die paramilitärische Ausbildung, durch die Schwarze Reichswehr organisiert und finanziert, in Heimatvereinen getarnt und nach deren Verbot als Parteiorganisationen, deren wahren Zweck man aber an den Namen wie "Sturmabteilung" noch erkennen konnte. Die Parteien hatten von der Schwarzen Reichswehr organisierte paramilitärische Jugendorganisationen, nur bei der KPD nicht direkt von der Reichswehr geführt, jedoch ab dem gemeinsamen Ruhrkampf gegen Franzosen und Belgier 1923 durchaus toleriert.
Das hatte weitreichende politische und später militärische Auswirkungen. In diesen Freiwilligenverbänden führten nicht sadistische Spieße das Kommando über die jungen Männer, sondern es waren wie bei den Pfadfindern abenteuerlustige Haufen von Kameraden, deren Liebe zum Vaterland erblühte und bald auch die Liebe der Männer wie Röhm. Dass es keine Klassenschranken und eine stark soziale Ausrichtung gab, war selbstverständlich, hier waren alle Kameraden. Bei Kriegsbeginn 1939 herrschte in der Wehrmacht nach 16 Jahren ohne Rekrutenschinden immer noch dieser Geist und viele taktische Erfolge bis etwa 1942 sind nur damit zu erklären, dass selbständiges Handeln, Kameradschaft und die geduldete Missachtung falscher Befehle trotz der gewaltigen Unterlegenheit an Bewaffnung eine überraschende Kampfkraft ermöglichten.
Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold
Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, kurz Reichsbanner, war während der Weimarer Republik ein politischer Wehrverband zum Schutz der demokratischen Republik, heißt es auf Wikipedia und in den Geschichtsbüchern, weil die Geheimhaltung der paramilitärischen Tarnorganisationen der Schwarzen Reichswehr offensichtlich bis heute ein Anliegen unserer Historiker ist.
Die Machtergreifung Hitlers soll damit erklärt werden, dass seine "Sturmabteilung" wegen seiner tollen Reden im Jahr 1932 über 400.000 Mann verfügte, und nicht ein bewaffneter Haufen der Schwarzen Reichswehr war, mit dem Offizier Ernst Röhm an der Spitze und aus schwarzen Kassen finanziert. Der Aufstieg Hitlers soll uns ein Mysterium bleiben.
Anfang der 1930er Jahre war das Reichsbanner mit nach eigenen Angaben ca. 3 Millionen Mitgliedern die größte demokratische Massenorganisation in der Weimarer Republik und hätte die Straßen beherrscht, wäre das von den Finanziers gewollt gewesen. Selbstverständlich brauchte es für die paramilitärischen Parteiorganisationen Geld, viel Geld, das aus den schwarzen Kassen der Schwarzen Reichswehr durch deren Geschäfte mit den Sowjets aus Moskau kam.
Dort wurde von Stalin entschieden, welcher Politiker welcher Partei schließlich die Macht übernehmen sollte. Genau das wollen die Historiker aus gutem Grund verbergen. Ohne Geld keine Macht.
Von der Organisation Pittinger zum Bund "Bayern und Reich"
Die Einwohnerwehren waren 1920/21 ein Streitpunkt zwischen der bayerischen Regierung, der Reichsregierung und der Entente, die die Entwaffnung auch der deutschen Zivilbevölkerung forderte, und wurden im Juni 1921 endgültig verboten. Bayerns Ministerpräsident Gustav von Kahr wollte aber auf eine geheime paramilitärische Organisation der Wehrertüchtigung nicht verzichten.
Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger wurde mit der geheimen Fortführung der Wehrarbeit betraut und gründete einen Tag nach der offiziellen Auflösung der bayerischen Einwohnerwehren am 22. Juni 1921 die Organisation Pittinger. Um Pittinger gegen konkurrierende Wehrverbände zu unterstützen, einigten sich Staatsregierung und bayerische Reichswehr im April 1922 darauf, einen offiziellen Wehrverband zu errichten: den Bund Bayern und Reich. Im Sommer 1923 hatte der Bund 56.700 Mitglieder. Er war damit der mit Abstand mitgliederstärkste vaterländische Verband in Bayern.
Der Einmarsch der Franzosen in das Ruhrgebiet führte zu einer Spaltung der vaterländischen Bewegung. Die Mehrheit der paramilitärischen Verbände in Bayern unterstützte die auch durch Frankreich geförderten Pläne, die Monarchie mit Kronprinz Rupprecht einzuführen, Bayern von Berlin zu trennen und mit Österreich zu verbinden.
Reichstreue gegen Monarchisten
Georg Escherich wurde im August von der nach Bamberg geflohenen bayerischen Regierung (Kabinett Hoffmann I) mit der Zusammenfassung bereits entstandener örtlicher Einwohnerwehren beauftragt.
Escherich gründete daraufhin mit Unterstützung durch General Franz Ritter von Epp und Hauptmann Ernst Röhm am 9. Mai 1920 in Regensburg die sogenannte „Organisation Escherich“, kurz „Orgesch“ genannt. Escherich wurde ihr Reichshauptmann, Rudolf Kanzler sein Stellvertreter, Walther Beumelburg Leiter der Münchner Zentrale und Hermann Kriebel deren Stabsleiter. Als paramilitärische Organisation verfügte die Orgesch über Waffen und entsprechende Logistik. Als sich nach dem Kapp-Putsch der Stahlhelm als die führende paramilitärische Kraft im norddeutschen Raum der Orgesch anschloss, konnte sie sich über das ganze Deutsche Reich ausbreiten. Auf dem Höhepunkt ihres Einflusses hatte sie Schätzungen zufolge etwa eine Million Mitglieder, darunter 300.000 in Bayern, und zählte damit zu den einflussreichsten Selbstschutzverbänden der 1920er-Jahre.
Im Hochsommer 1920 erzwang der preußische Innenminister Carl Severing (SPD) die „freiwillige Entwaffnung“ der Orgesch, 1921 wurde sie von der Reichsregierung verboten, und am 5. Mai 1921 erging ein Ultimatum der Entente bezüglich ihrer endgültigen Auflösung. Danach zerfiel die Orgesch in verschiedene kleine Gruppierungen, die sich als monarchistische Bünde vor allem in Bayern noch einige Zeit hielten. Die Waffenbestände der Orgesch übernahm die Untergrundorganisation „Schwarze Reichswehr“ unter der Leitung von Major Bruno Ernst Buchrucker.
Escherich versuchte den Bürgerbräuputsch zu verhindern, musste aber am Tag der Versammlung bei Kronprinz Rupprecht in Berchtesgaden erfahren, dass der Chef des Hauses Wittelsbach auf der Seite seines Konkurrenten von Kahr stand, auch die Monarchisten waren zerstritten. Im Jahre 1923 arbeitete Kanzler mit Waldemar Pabst zusammen, wobei sie sich mit der Organisation österreichischer Wehrverbände befassten. Kanzler übernahm am 11. Januar des gleichen Jahres in Rosenheim den Vorstand des Bayerischen Heimat- und Königsbundes (BHKB). Angesichts der 1932 drohenden Machtübernahme der Nationalsozialisten versuchte der BHKB mit Billigung des bayerischen Kronprinzen Rupprecht, die Monarchie in Bayern wieder einzuführen und damit ein eigenständiges Bayern im Reich zu etablieren. Der Plan wurde von konservativen Politikern unterstützt. So sprach Fritz Schäffer mehrmals in Berlin vor, um mit dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg über die Monarchie in Bayern zu sprechen.
Verglichen mit den Massenorganisationen der Monarchisten in Bayern war Hitlers Partei noch 1923 ein winziger Verband, zu viel mehr als der Randale am 8. November 1923 gar nicht fähig. Hitlers Überfall auf die Monarchisten des Generalstaatskommissars Gustav von Kahr im Bürgerbräukeller verhinderte dessen Verkündung der Monarchie.
Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände
Das Jahr 1923 stand ganz im Zeichen der französisch-belgischen Ruhrbesetzung am 11. Januar und des deutschen Widerstands dagegen, aber auch der Versuche der Franzosen, deutsche Separatisten im Rheinland und der Pfalz und die Monarchisten in Bayern zu fördern.
Die gegen den Sparatismus in den Rheinlanden, der Pfalz und Bayern arbeitenden reichstreuen Kreise der Schwarzen Reichswehr unter Röhm mit dessen Protagonisten Hitler trennten sich von Pittinger, mit dem sie in der geheimen Feldzeugmeisterei bis dahin kooperiert hatten, und traten am 30. Januar 1923 aus dem monarchistischen Bund Bayern und Reich aus. Fünf Tage später gründete sich unter Röhms Leitung in München die Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände. Ihr traten der Verband der Vaterländischen Bezirksvereine Münchens, die Nürnberger Reichsflagge, die NSDAP bzw. SA, der Bund Oberland sowie der Kreis Niederbayern des Bundes Bayern und Reich bei.
Lassen Sie sich nicht durch die vernebelnde Darstellung verwirren, die Monarchisten wären die Gemäßigten und die Reichstreuen die Radikalen gewesen, aber beide hätten den Marsch auf Berlin zum Sturz der dortigen Regierung geplant. Gustav von Kahr plante die Monarchie in Bayern und die Kräfte um Röhm wollten das verhindern, von einem Marsch auf Berlin war nur zur Ablenkung der Öffentlichkeit von den Plänen der Separatisten und zur Mobilisierung ihrer Gegner die Rede.
Die Arbeitsgemeinschaft konnte nur etwa 15.000 Mitglieder aufbieten. Sie wurde durch einen mit Mehrheit entscheidenden Ausschuss geleitet. Ihr politischer Geschäftsführer war Christian Roth (1873-1934), 1920/21 bayerischer Justizminister, militärischer Leiter war der einstige Stabschef der Einwohnerwehren Bayerns, Oberstleutnant a. D. Hermann Kriebel (1878-1941). Wo die Reichswehr in Bayern stand, war ungewiss.
Reichshammerbund
Der Reichshammerbund war eine völkische Vereinigung, die 1912 in Leipzig von dem Verleger und Autor Theodor Fritsch gegründet wurde. Mit dem Reichshammerbund wollte Fritsch die verschiedenen Gruppierungen des politischen Antisemitismus der Kaiserzeit zu einem Verband vereinen, es gab nämlich fast mehr antisemitische Vereine als aktive Mitglieder. Jedoch erzielte der Verband keine starke Anziehungskraft und blieb mit knapp 3000 Mitgliedern noch 1919 nach dem Weltkrieg eine kleine Vereinigung mit rund 20 Ortsgruppen. Als Fachzeitschrift und Interessenvertretung für Kleinmüller gab Fritsch ab 1880 das Kleine Mühlen-Journal heraus, dessen Redakteur er zugleich war und das er später in Der Deutsche Müller umbenannte. Der Vertrieb dieses Blattes bildete in der Folgezeit seine finanzielle Grundlage, seine Schriften gegen die Juden blieben ein Zuschussgeschäft, bis plötzlich viel Geld dafür geflossen sein muss.
Wenn Adolf Hitler mit Reden gegen Juden Massen von Anhängern hätte gewinnen wollen, wäre es das falsche Thema gewesen. Nicht dass die Bürger etwas gegen Judenfeinde gehabt und über das Thema nachgedacht hätten, es hat sie einfach nicht interessiert. Die Bürger hockten im Wirtshaus und interessierten sich für Bier und Schnäpse, für Eisbein mit Sauerkraut und die Bedienung, für Sportvereine, Fischen, Jagen, Wandern und Kartenspielen oder Lotterielose. Fernsehen gab es noch nicht, auch kaum Radios, dafür die Kirchen, der evangelische Pastor schimpfte auf den Papst und die Katholen, der katholische Pfarrer machte Luther und die Evangelen für alles Unglück auf Erden verantwortlich, die Sozen schimpften auf die Ausbeuter, die Bürger auf die Kommunisten, das Volk plapperte einiges nach, aber wirklich interessierte es keinen, wenn man sich nichts dafür kaufen konnte.
Niemand wollte wissen, wer für das Unglück auf Erden und die schlechte Politik verantwortlich ist, für Kriege, Krisen, Mord und Revolution. Jeder glaubte das, was die anderen um ihn herum gerade auch glaubten, waren es Kommunisten, war er es auch, beim Pfarrer in der Kirche glaubte man an Gott und im Wirtshaus machte man Witze. Ansonsten schaute jeder, wie er für sich Vorteile erzielen und es besser haben kann. Mehr wollte niemand wissen, damals wie heute.
Nein, für einen angehenden Politiker waren Juden kein vielversprechendes Thema, jedenfalls nicht beim Publikum, denen hätte er besser was über Fußball, Eintopf mit Würstel, Kartenspiele und Witze über alte Weiber erzählt. Aber die Partei hatte Geld und die SA organisierte junge Männer für ihre paramilitärische Ausbildung durch ehemalige Offiziere. Ein junger Mann bekam vielleicht Beziehungen für einen guten Job, seine arme Familie eilte zu den großen Veranstaltungen, Freunde, Verwandte, jeder, der auch mal was erhoffte, und sei es nur eine Phantasieuniform der Partei statt seiner durchlöcherten Hosen und Schuhe. Eintopf gab es, genug Bier und einen Platz zum Schlafen, nicht zu vergessen die Reisen zu Parteitagen und Aufmärschen. Wer sonst nichts hatte, für den war es viel und die Verwandten füllten den Saal, den die Hundertschaften der jungen Männer vor politischen Gegnern schützten.
Die Verbreitung der Protokolle in Deutschland
Ludwig Müller von Hausen (1851-1926) war der Sohn eines Farbenfanrikanten und hatte bereits am Krieg 1870 gegen Frankreich teilgenommen. Später trat er als Teilhaber in die väterliche Fabrik ein. 1903 übersiedelte er nach Berlin und begann sich publizistisch zu betätigen: Für die Deutschkonservative Partei übernahm er die Herausgeberschaft von deren Konservativem Kalender, in der deutschkonservativen Deutschen Tageszeitung veröffentlichte er verschiedene Artikel, darunter seine Kriegserinnerungen. Auch für Theodor Fritschs antisemitische Zeitschrift Der Hammer lieferte er mehrere Beiträge. 1910 übernahm er den Vorsitz der Berliner Ortsgruppe des im selben Jahr von Philipp Stauff und Adolf Bartels gegründeten Deutschvölkischen Schriftstellerverbands. In Reaktion auf den sozialdemokratischen Erfolg bei den Reichstagswahlen im Januar 1912 gründete Müller gemeinsam mit Ernst Graf zu Reventlow und Reinhold Freiherr von Lichtenberg den völkischen Verband gegen die Überhebung des Judentums, dessen Vorsitzender er wurde. Außerdem war Müller Mitglied in Fritschs Germanenorden und organisierte Veranstaltungen für die Deutsche Vortragsgesellschaft. Als 1913 das Bayreuther Aufführungsmonopol für den Parsifal auslief, setzte er sich vergeblich für dessen Verlängerung ein.
Der Germanenorden erreichte auf seinem Höhepunkt gerade mal 1000 Mitglieder, 1916 kam es zur Spaltung des Ordens; mit der Gründung der Thule-Gesellschaft 1918 verlor der Germanenorden rasch an Bedeutung, seine Mitglieder wanderten dorthin ab. Im Winter 1918/19 hatte die Thule-Gesellschaft etwa 1.500 Mitglieder, davon 250 in München. Es handelte sich überwiegend um Akademiker, Aristokraten und Geschäftsleute. Der Mörder Kurt Eisners, Anton Graf von Arco auf Valley, war zuvor zeitweilig Mitglied der Gesellschaft gewesen. Er war wegen seiner jüdischen Mutter aus der Thule-Gesellschaft ausgeschlossen worden. Im Januar 1919 war der Thule-Aktivist Karl Harrer, ein Sportjournalist des Münchner Beobachters, an der Gründung der Deutschen Arbeiterpartei beteiligt, deren Vorsitzender er wurde. Harrer war jedoch schon zuvor mit Adolf Hitler in Konflikt geraten und verließ die DAP bald darauf. Am 26. April 1919 wurde das Hotel Vier Jahreszeiten als Sitz der Thule-Gesellschaft von der räterepublikanischen Militärpolizei gestürmt, etwa 20 Personen wurden dabei festgenommen. Am 30. April wurden sieben in der Gewalt der Militärpolizei befindliche Thule-Mitglieder, darunter Prinz Gustav Franz Maria von Thurn und Taxis und drei weitere Adlige, im Luitpold-Gymnasium erschossen. Nur durch die Geißelerschießung ihrer Mitlglieder wurde die Thule-Gesellschaft weithin bekannt, etliche Personen, die später in der NSDAP Bedeutung erlangten, waren als „Gäste“ der Thule-Gesellschaft registriert, darunter Alfred Rosenberg, Rudolf Heß und Hans Frank. Adolf Hitler war nie Mitglied der Thule-Gesellschaft.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich der 63-Jährige Ludwig Müller von Hausen freiwillig; nachdem er in Kowno an der Cholera erkrankt war, nahm er 1916 seinen Abschied. Er bekam über dessen Vertrauten Max Bauer Kontakt zu Generalquartiermeister Erich Ludendorff, der später über Juden und Freimaurer schreiben sollte. Im November 1918 bekam von Hausen durch russische Emigranten eine Ausgabe Sergei Alexandrowitsch Nilus’ Velikoje v malom i Antichrist, im Anhang die Protokolle der Weisen von Zion. Müller gab eine Übersetzung in Auftrag. Versehen mit langen Vor- und Nachworten, die die Übereinstimmung des Inhalts mit der von ihm angenommenen jüdischen Eigenart belegen sollten, gab er sie im Dezember 1919 unter dem Titel Geheimnisse der Weisen von Zion als spendenfinanzierte Prachtausgabe heraus. Eine preisgünstige Volksausgabe folgte bald darauf. Dabei benutzte er das Pseudonym Gottfried zur Beek.
Es war die erste Edition der Protokolle außerhalb Russlands, die englische Übersetzung der Protokolle unter dem Titel The Jewish Peril kam im Februar 1920 auf den britischen Markt, gedruckt und verbreitet in einer Erstauflage von damals sagenhaften 30.000 Exemplaren und gleich an sämtliche britischen Zeitungen zur Besprechung versandt durch Eyre & Spottiswoode, die seit dem Jahr 1739 als königliche Druckerei in London bestand:
According to a letter written by art historian Robert Hobart Cust, the pamphlet had been translated, prepared, and paid for by George Shanks and their mutual friend, Major Edward Griffiths George Burdon, who was serving as Secretary of the United Russia Societies Association at that time.
In den USA erfolgte die erste Übersetzung durch einen Offizier des US-Marinegeheimdienstes und die Verbreitung durch Boris Brasol:
In the United States, The Protocols are to be understood in the context of the First Red Scare (1917–20). The text was purportedly brought to the United States by a Russian Army officer in 1917; it was translated into English by Natalie de Bogory (personal assistant of Harris A. Houghton, an officer of the Department of War) in June 1918, and Russian expatriate Boris Brasol soon circulated it in American government circles, specifically diplomatic and military, in typescript form, a copy of which is archived by the Hoover Institute.
Wer sich ein wenig auskennt, kann sofort sehen, dass die Verbreitung der Protokolle durch professionelle Agentennetze erfolgte, vor allem in England und den USA. Bei uns durch die Kreise um Bauer und Ludendorff aus Moltkes Großem Generalstab von 1914 mit dem für Deutschland politisch so verhängnisvollen angeblichen Schlieffen-Plan.
Zu dem ersten Übersetzer George Shanks heißt es auf Wiki:
Shanks may have been assisted in the translation by Count Arthur Cherep-Spiridovich. The first edition was published by Eyre & Spottiswoode at the beginning of 1920. The second edition was produced for The Britons, an early anti-immigration and anti-Semitic organisation, at the end of that year.
...
In an article published in Lord Alfred Douglas’s Plain
English journal in January 1921[3] it is claimed that Shanks had been employed as a clerk at the Chief Whips Office at No. 12 Downing Street and then as Personal Assistant to Sir Philip Sassoon, the Personal Secretary to British Prime Minister,
David Lloyd George. The Chief Whips Office would have been
run at this time by Freddie Guest (for the Liberal Party) and Edmund FitzAlan-Howard, 1st Viscount FitzAlan of Derwent (for the Conservative Party). The British Government at this time was a
coalition government. Although George is referred to as Edward in the article that was published on 22 January 1921, the editor printed a formal correction in an issue published the following
month. A letter published in the journal on 5 February 1921 also revealed that George’s mother’s name was Schilling.
His First World War Service Records show that from 1915 to 1916 Shanks served as Sub-Lieutenant in the Royal Naval Air Service on Special Service with the Imperial Russian Navy at RNAS Kingnorth.
Mit Lord Alfred Douglas haben wir den ehemaligen Freund des Dichters Oscar Wilde, es ist alles eine kleine Gesellschaft und wir gehören nicht dazu. Das Epizentrum befand sich wohl in England:
The Britons was an English anti-Semitic and anti-immigration organisation founded in July 1919 by Henry Hamilton Beamish...
The group was founded in London in 1919 by Henry Hamilton Beamish, who had developed an antisemitic worldview while living in South Africa. Beamish wrote The Britons' constitution and the group was launched at a meeting of 14 people chaired by John Henry Clarke.
Damit sind wir bei den Homöopathen, was vielleicht manche überraschen mag, aber auch der Vater von Boris Brasol war Chef der Klinik für Homöopathie in St. Petersburg gewesen.
John Henry Clarke (1853 – 24 November 1931) was an English
classical homeopath. He was also, arguably, the highest profile anti-Semite of his era in Great Britain. He led The Britons, an anti-Semitic organisation. Educated at the University of Edinburgh,
he received his medical degree in 1877.
As a physician Clarke had his own clinic in Piccadilly, London, but he also was a consultant at the London Homeopathic Hospital and did research into new homeopathic remedies.
Wir können das leider hier nicht weiter vertiefen, aber die Homöopathie war sicher wie die Christian Science und die Theosophie ein verdecktes angloamerikanisches Agentennetz.
Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund
Der Deutsche Schutz- und Trutzbund, später Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund, wurde bereits im Februar 1919 vom Alldeutschen Verband auf dessen Bamberger Sitzung als antisemitische Massenorganisation gegründet. Die Idee war ganz schlicht und ein besseres Thema für die breite Bevölkerung war keinem eingefallen. Wie SPD und KPD wollte man die breite Masse der Armen politisch gegen die Reichen mobilisieren und versprach sich davon große Erfolge, nicht gegen reiche Industrielle, sondern gegen reiche Juden, wie es auf dem Handzettel zu lesen ist:
Dabei beträgt das Kapital der gesamten deutschen Industrie 15 1/2 Milliarden Mark, wogegen Rothschild und andere reiche Juden 60 Milliarden Mark Kapitalbesitz zusammengerafft haben.
9.000 Mitglieder brachte der Zusammenschluss mit dem "Deutschvölkischen Bund", Nachfolgeorganisation der "Deutschvölkischen Partei", am 1. Oktober 1919. Am 1. April 1920 wurden die gut 2.000 (Juni 1919) bis 5.000 (Ende 1919) Mitglieder des Reichshammerbunds aufgenommen. Mit der bis 1921 raschen Ausdehnung des DVSTB in alle Reichsgebiete ging ein großer Anstieg der Mitgliederzahlen einher. Im Sommer 1922 dürfte er zwischen 150.000 und 180.000 Mitglieder stark gewesen sein. Zum Vergleich: Der NSDAP gehörten Ende Januar 1922 sogar nur etwas über 6.000 Personen an. Noch zum 8./9. November 1923 verfügte die NSDAP mit 55.787 Parteigenossen nur über ein Drittel der Mitglieder, die der DVSTB schon Mitte 1922 aufgewiesen hatte.
Wegen seiner Verwicklung in den Fememord an Walther Rathenau wurde der Schutz- und Trutzbund nach dem Republikschutzgesetz in den meisten Ländern der Weimarer Republik verboten. Auch bei der Ermordung von Matthias Erzberger und dem Anschlag auf Philipp Scheidemann hatte der Trutzbund Verbindungen zur Organisation Consul, die aus der Marine-Brigade Ehrhardt hervorgegangen war, einem 1920 offiziell aufgelösten Freikorps. Womit die Finanzierung des Schutz- und Trutzbundes aus den schwarzen Kassen der Reichswehr klar ist. 1926 enthüllte Scheidemann im Reichstag die illegale Zusammenarbeit von Reichswehr und Roter Armee. Dies führte zum Sturz der Dritten Regierung Marx.
Nach dem Verbot wechselten zahlreiche Mitglieder, Hintermänner und Förderer zur NSDAP, führende Funktionäre wie Werner Best, Leonardo Conti, Kurt Daluege, Dietrich Eckart, Gottfried Feder, Otto Hellmuth, Reinhard Heydrich, Karl Kaufmann, Oskar Körner, Hinrich Lohse, Heinrich Oberheid, Fritz Sauckel und Julius Streicher waren Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund.
Parteiputsch gegen Hitler im Juni/Juli 1921
Der Marineoffizier Otto Dickel veröffentlichte Anfang 1921 mit "Die Auferstehung des Abendlandes" sein gegen Oswald Spenglers "Untergang des Abendlandes" gerichtetes Werk. Im März 1921 gründete er die "Deutsche Werkgemeinschaft". In ihr verband er sozial- und lebensreformerische Vorstellungen mit Konzepten einer Bodenreform nach Adolf Damaschke. Zugleich sollte sich die Deutsche Werkgemeinschaft für eine ständestaatliche Ordnung und eine Rechtsordnung nach germanischer Wesensart einsetzen. Dickel unterhielt gute Beziehungen zu nationalbolschewistisch gesinnten Augsburger Gewerkschaftskreisen, bis Oktober 1922 gehörte auch Julius Streicher mit seinen Anhängern der Werkgemeinschaft an.
Als Adolf Hitler im Juni 1921 nach Berlin reiste, um Geldmittel für die NSDAP zu beschaffen, versuchten einflussreiche Kreise an der Spitze der Partei einen Putsch gegen den als Dunkelmann verdächtigten Wortführer der Partei.
“Adolf Hitler—Traitor?” was the heading of an anonymous flier that a number of National Socialist German Workers’ Party (NSDAP) members printed and distributed in the summer of 1921. The flier, whose purpose was to destroy Hitler and his standing in politics, was as hard‐hitting as any criticism that the political left had leveled against him. It accused him of being run by “sinister men in the shadows in Berlin.” (Weber, Thomas, Becoming Hitler, S.233)
Auf Einladung des Parteivorsitzenden Anton Drexler trat Otto Dickel aus Augsburg in München als Redner auf und stieß dabei auf sehr positive Resonanz. Am 10. Juli 1921 trafen sich Münchner Nationalsozialisten und Vertreter der Nürnberger DSP mit Dickel in Augsburg, um eine mögliche Fusion zu besprechen.
The struggle between the two men came to a head in July 1921, when, behind Hitler’s back, Drexler wooed Otto Dickel, the leader of the Deutsche Werkgemeinschaft, an Augsburg‐based völkisch group, and invited him to speak in Munich. At that time Hitler was on an extended fund‐raising trip in Berlin. (Whether Hitler had left Munich for several weeks to demonstrate that the party would not be able to function without him remains unresolved.) (Weber, Thomas, Becoming Hitler, S.234)
Der Historiker Thomas Weber darf nicht auf die Idee kommen, dass die Partei, wie der Auftritt Otto Dickels zeigt, sehr wohl ohne Hitler auskommen konnte, aber nicht ohne die gezielt nur an Hitler zur Finanzierung der Partei fließenden Gelder. So einfach ist das mit dem Charisma: wer zahlt, ist Chef.
When Esser contacted Hitler in Berlin and told him what had been going on in Munich and about Drexler’s impending meeting in Augsburg, Hitler rushed over to crash it. His appearance at the meeting turned into a fiasco. Dickel took apart the party program point by point and criticized the name of the party as misleading and cumbersome, while Hitler kept interrupting him, all to no avail, as the NSDAP executive members present were impressed by Dickel’s vision and leadership qualities and failed to support Hitler. Hitler then stormed out of the meeting—and quit the party the following day. (Weber, ebenda)
Drei Tage später forderte er in einem ausführlichen Schreiben den Parteivorsitz mit diktatorischen Vollmachten als Bedingung für seine Rückkehr. Am 25. Juli erschien Drexler bei der Münchner Polizei und warnte vor Hitler, die konnte die offenen Rechnungen aber auch nicht zahlen. Hitler konnte zahlen (mit Geld der Schwarzen Reichswehr, die bereits 1919 für an die Rote Armee gelieferte Waffen und Schiffe, welche nach den Bestimmungen von Versailles hätten vernichtet werden sollen, etwa 100 Millionen Goldmark erlösen konnte, und das war erst der Anfang der Geschäfte mit den Sowjets):
Since 1920, Roehm had been a most practical ally, diverting considerable Reichswehr funds to the Nazis, with the consent of his superior, General van Epp. Germany had begun to re-arm the very day the disarmament pact was signed, and Roehm had access to secret appropriations made by the Government to support the so-called ‘Black Reichswehr’ - the illegally armed troops. Now Roehm, who was already a master in ‘Waffenschiebungen,’ or arms-bootlegging, practically became master of ordnance for the Nazis. Their arsenals bulged. (Ludecke, Kurt G. W.. I Knew Hitler)
Am 29. Juli erfolgte Hitlers Wahl mit 553 von 554 Stimmen zum neuen Parteivorsitzenden der NSDAP. Drexler wurde mit dem Amt des Ehrenvorsitzenden abgefunden, das er von 1921 bis 1923 innehatte. Nachdem sich die Partei Hitler vollständig untergeordnet hatte, wurde Otto Dickel am 10. September ausgeschlossen. Max Amann, der ehemalige Vorgesetzte Hitlers als Vize-Feldwebel im List-Regiment, übernahm als enger Vertrauter bereits zum 1. August 1921 die Finanz- und Geschäftsführung der NSDAP, obwohl er erst am 1. Oktober 1921 in die Partei eintrat. Ab April 1922 führte er auch die Geschäfte des Parteiorgans Völkischer Beobachter und die Direktion des Franz-Eher-Verlags.
Angeblich habe nun die gekonnte kaufmännische Verwaltung der Parteibetriebe durch Max Amann alle Finanzprobleme überwunden:
Auch der „Völkische Beobachter“ war, wie schon der Name sagt, ein sogenanntes „völkisches“ Organ mit all den Vorzügen und noch mehr Fehlern und Schwächen, die den völkischen Einrichtungen anhafteten. So ehrenhaft sein Inhalt war, so kaufmännisch unmöglich war die Verwaltung des Unternehmens. Auch bei ihm lag die Meinung zugrunde, daß völkische Zeitungen durch völkische Spenden erhalten werden müßten, anstatt der, daß sie sich im Konkurrenzkampf mit den anderen eben durchzusetzen haben, und daß es eine Unanständigkeit ist, die Nachlässigkeiten oder Fehler der geschäftlichen Führung des Unternehmens durch Spenden gutgesinnter Patrioten decken zu wollen. (Hitler, MK, S. 664f)
Er brauchte keine Spenden mehr, Max Amann nahm die Mittel einfach aus der gut verwalteten Parteikasse.
Schon im Jahre 1922 waren im allgemeinen feste Richtlinien sowohl für den geschäftlichen als auch rein organisatorischen Ausbau der Bewegung vorhanden. Es bestand bereits eine vollständige Zentralkartothek, die sämtliche zur Bewegung gehörenden Mitglieder umfaßte. Ebenso war die Finanzierung der Bewegung in gesunde Bahnen gebracht worden. Laufende Ausgaben mußten durch laufende Einnahmen gedeckt werden, außerordentliche Einnahmen wurden nur für außerordentliche Ausgaben verwendet. (Hitler, ebenda, S. 666)
Es geht doch nichts über eine geniale Finanzverwaltung:
Nur dadurch war es möglich, daß in der schwierigen Inflationszeit, da Zehntausende von Unternehmen zugrunde gingen und Tausende von Zeitungen schließen mußten, die Geschäftsleitung der Bewegung nicht nur stehenblieb und ihren Aufgaben genügen konnte, sondern daß der „Völkische Beobachter“ einen immer größeren Ausbau erfuhr. Er war damals in die Reihe der großen Zeitungen eingetreten. (Hitler, ebenda, S. 667)
Aber wo kam das Geld denn her? Bei Lüdecke erfahren wir mehr darüber, der Freund wird einer der Balten um Rosenberg gewesen sein:
An old friend advised me to try my fortune in Reval, in the new Baltic republic of Esthonia, which had broken away from the Soviets. In the first gold-rush after the Soviets opened their borders, Reval had become the base of supplies and theatre of operations for a hundred varieties of business. I needed goods to sell - but what? The tread tyre had just come on the market. A concern in Frankfort-am-Main still had an enormous stock of treadless tyres; I opened negotiations with them, and was appointed general sales representative in the Baltic states. (Ludecke, Kurt G. W.. I Knew Hitler)
Das Geld kam über die Geschäfte im Baltikum aus Moskau, weshalb in Max Erwin von Scheubner-Richters Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung so viele Balten zu finden waren und die Gelder in Strömen flossen:
... die exilierte russische Großfürstin Viktoria Fedorowna, deren Gatte Ansprüche auf den vakanten Zarenthron geltend machte – und die ihre Juwelen zugunsten der Partei versetzte –, und den ehemaligen russischen General Wassili Biskupski. Biskupski seinerseits vermittelte Scheubner-Richter und somit der NSDAP Kontakt zu dem in Paris ansässigen russischen Kommerz-, Industrie- und Handelsverband, dessen Mitglieder ebenfalls eine Umgestaltung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Sowjetunion zu ihren Gunsten erhoffen. In einem Brief aus dem Jahr 1939 taxierte der General die der Partei auf Fürsprache Scheubner-Richters von Exil-Russen hin gewährte Finanzhilfe auf eine halbe Million Goldmark. (Wikipedia)
General Biskupski ist bei der Großfürstin mit Juwelen aus Russland besonders erfolgreich, sie wollte sicher nicht genauer wissen, woher er sie hatte:
Biskupskij setzt jedoch unermüdlich seine politische Arbeit fort. In den frühen 1920er Jahren übermittelt er enorme Geldbeträge an die NSDAP und die Aufbau-Vereinigung. Regelmäßig pendelt der Generalmajor zu dem in Coburg lebenden Großfürsten Kirill und dessen Frau Viktoria, deren Liebhaber er auch ist. Nach Biskupskijs eigenen Aussagen ist die Großfürstin stets bereit, „ihre Juwelen zu Schleuderpreisen zu verkaufen“, um den Erlös in beide Organisationen zu investieren. Osmikon
Angeblich habe General Biskupski enorme Summen vom Großfürsten Kirill und seiner Viktoria erhalten, die jedoch für Hitler und nicht für Exilrussen bestimmt waren und somit nur von den Sowjets stammen konnten. Noch in den letzten Jahren bis 1933 sind weitere große Zahlungen über Coburg geleitet worden.
Das Geld war bereits reichlich für Hetzschriften und deren Verteilung geflossen, als Hitler noch gar nicht aktiv war. Für die Sowjets war es wichtig, die Anhänger des Zaren und ihre Gegner im Bürgerkrieg, also die Weißen, sowie alle Exilrussen als antisemitische Pogromisten öffentlich anzuschmieren. Dadurch sollten die Weißen im Bürgerkrieg die Hilfe und Waffenlieferungen von Seiten Englands, Frankreichs und der USA verlieren und die Sowjets dafür die politische Unterstützung als Schutzmacht der Juden erhalten. Dazu wurden Sowjet-Agenten eingesetzt, oft aus den Gefängnissen in Petersburg, Moskau etc. durch eine "Amnestie zum 1. Mai" entlassene ehemalige Gegner, die plötzlich für Zeitungen und Flugzettel ausreichend Geld hatten und in den von Weißen noch gehaltenen Gebieten Russlands wie in Exilkreisen agierten. Auch altbekannte Judenfeinde in allen Ländern hatten plötzlich viel Geld, von dem sie gar nicht wissen mussten, woher und wofür es wirklich kam, um antisowjetische Verlage und Zeitschriften zu betreiben, wie etwa den am 1. April 1919 gegründeten Deutschen Volksverlag.
Am 6. April 1919 mieten sich die Thule-Mitglieder Rosenberg und Eckart mehrere Taxis und verteilen fast 100.000 Exemplare einer Hetzschrift in der ganzen Stadt. Beinahe ein Jahrzehnt später erinnert sich Rosenberg: „Wir warfen, durch die ganze Stadt fahrend, das erste völkische, im Wesen nationalsozialistische Propaganda-Flugblatt Münchens in die Menschenmenge.“ (Osmikon, ebenda)
An anderer Stelle liest man bei unseren Historikern wieder, dass die im Exil lebenden Russen nicht einmal ihren Kongress aus eigenen Mitteln organisieren konnten, sondern auf finanzielle Unterstützung durch Scheubner-Richter angewiesen waren:
Some of Scheubner-Richter’s colleagues in Aufbau gave considerable financial assistance to the organization of the monarchical émigré congress in Bad Reichenhall. Baron Theodor von Cramer-Klett, Aufbau’s official president, raised funds from Bavarian industrialists and contributed substantial money of his own. As always, Biskupskii proved Scheubner-Richter’s invaluable partner. He used his entrée into wealthy Bavarian circles to raise significant funds for the White émigré congress. Max Amann, the secretary of the NSDAP and Aufbau’s second secretary, collaborated with Scheubner-Richter to raise funds for the congress from right-wing Bavarian circles. (Kellogg, Russian Roots, S. 145)
Was scheinbar ein Widerspruch ist, erklärt sich ganz einfach: Die Exilrussen hatten kein Geld und alle Exilrussen wussten das auch; denen musste man erzählen, dass ihr Kongress von Scheubner-Richter mit Spenden bayerischer Unternehmer finanziert worden wäre. Die Anhänger Hitlers wussten, dass die bayerischen Unternehmer kein Geld für sie hatten, denen musste man erklären, dass sie von Scheubner-Richter mit Geldern der Exilrussen finanziert würden. Das Geld kam angeblich immer von einer anderen Seite, wie Henry Ford, die den Empfängern unbekannt war, so dass sie es glauben mussten.
Anmerkung: Boris Brasol habe große Summen von Henry Ford, mal an den Großfürsten Kirill, mal an Ludendorff, überbracht, heißt es. Boris Brasol studierte 1912 Kriminalistik in Lausanne, hatte 1911-13 mit dem Ritualmordprozess gegen Mendel Beilis zu tun, der dazu gedacht war, weltweites Entsetzen über die Zarenherrschaft auszulösen, arbeitete ab 1916 für die russische Beschaffungskommission in den USA, verbreitete die berüchtigten Protokolle der Weisen von Zion und wirkte in der Zwischenkriegszeit als sehr gut informierter Publizist und Kriminologe. Ein intelligenter Autor, von 1937 bis 1963 Präsident der Pushkin Society in America, dessen Vater Chef der Petersburger Homöopathischen Klinik und Anhänger von Samuel Hahnemann war. Er verfasste unter anderen Werken Oscar Wilde: the Man, the Artist, the Martyr. Falls Geld von Ford kam, diente es dem Geschäft mit den Sowjets (1924-1932/3 Sawod Krasny Putilowez Leningrad).
Um die Emigranten hinter Kirill zu vereinen, organisiert die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung eine große Versammlung monarchistischer Russen. Dieser Kongress findet vom 29. Mai 1921 bis zum 6. Juni 1921 im „kleine[n] Kurort, […] bis vor kurzem so weit vom Lärm der Politik entfernt[en]“ Bad Reichenhall statt. (Osmikon, ebenda)
Aber zurück zu Kurt Lüdecke, der alles erklärt:
The Soviets were still political outcasts, in dire need of every conceivable product. An army of commercial adventurers - American, European, Japanese, Jewish - flocked into the already crowded city, the only open window tor the commerce of the world. There was scarcely room to stand; but for those with foreign money quarters could always be found. The Bolsheviks were buying avidly with the Czar’s gold and being victimized, paying spot-cash for carloads of rusty nails and American Army bacon too rancid for the soldiers. Granted that my tyres lacked a tread, they still were good tyres, and I sold them with a will. (Ludecke, Kurt G. W.. I Knew Hitler)
Kurt Lüdecke finanziert und trainiert mit seinem Geld aus den Sowjetgeschäften einen weiteren SA-Trupp für die Partei:
To have more space for our exclusive use, I leased an apartment which contained, besides living quarters for Ludwig and me, an enormous studio. At once it became a sort of armoury, the meeting-place for the men. Ludwig often had to cook for ten or twenty hungry giants. He was an excellent but very liberal cook, and without batting an eye could use the most appalling quantities of fancy groceries. As most of the men were unemployed, and of course received no pay for serving in the company, Ludwig’s bounty was accepted with enthusiasm. It also provoked considerable envy among other troops, since I was the only leader who could afford to subsidize what was almost a mess-hall. In most cases it also fell to me to buy the gear and the uniforms. Soon one whole room was reserved for tunics, army shoes, steel helmets, and so forth. Every man was completely outfitted, whereas most other troops had either no uniforms or, at best, hodge-podge makeshifts. (Ludecke, ebenda)
Beweise für den Kontakt zwischen Aufbau und den Sowjets
Das meiste Geld kam über die Geschäfte der Reichswehr mit Moskau.
In December of the same year the Voelkischer Beobachter, an insignificant folkic weekly, was acquired with funds obtained from the Reichswehr by Dietrich Eckart and Captain Ernst Roehm, Hitler’s staunchest supporters, of whom we shall hear more anon. Eckart, the nominal publisher, acted as editor-in-chief. Max Amann, who had been Hitler’s top-sergeant in the war, was made manager of the paper and secretary of the Party, and became one of the most influential Nazis. (Ludecke, ebenda)
Außerdem floss gut getarnt Geld von Moskau direkt an Scheubner-Richter als Gegenleistung für Walter Nicolais Projekt S, der angeblich an die Unterstützer von Kirill Informationen nach Moskau lieferte, tatsächlich aber für die Sowjets arbeitete. Dass die einzigen Agenten, die Walter Nicolai in Russland während des Weltkriegs erfolgreich geführt hatte, die jetzt in Russland herrschenden Marxisten waren, mussten Hitler und alle Balten wie Alfred Rosenberg wissen, der sich noch 1918 in Moskau aufgehalten hatte und es bis zur Oktoberrevolution 1917 dort in allen Zeitungen lesen konnte, dass Lenin und seine Bande von Deutschland finanzierte Agenten waren.
Die Zusammenarbeit mit den Sowjets konnte nicht völlig verborgen bleiben und wurde mit den Thronstreitigkeiten der Romanows erklärt:
The apparent White émigré unity that had been established at the Monarchical Congress at Bad Reichenhall in May–June 1921 collapsed in 1922, but in 1923, Aufbau’s distrust and even hatred of the pro-Nikolai Nikolaevich actions of Markov II’s Supreme Monarchical Council intensified even more markedly. Aufbau’s leadership even carried out contingency planning for a temporary alliance with the Red Army in the case of a French-led invasion of the Soviet Union launched in the name of Nikolai Nikolaevich. White émigré disunity granted the fledgling Soviet state a measure of respite. (Kellogg, Russian Roots, S. 160f)
Angeblich würden die Franzosen und Polen einen Angriff auf die UdSSR vorbereiten und Nikolai Nikolaevich auf den Zarenthron setzen wollen:
In its drive to thwart a French-led invasion of the Soviet Union in the name of Nikolai Nikolaevich, Aufbau went so far as to negotiate with Bolshevik leaders through intermediaries. Aufbau had a contact man with the Soviet Great Russian heartland, Andreas Remmer. Remmer had served as Western Volunteer Army leader Colonel Pavel Bermondt-Avalov’s Foreign Minister in Berlin during the 1919 Latvian Intervention. Remmer traveled from Berlin to Munich to consult with General Biskupskii in late May 1923. The two colleagues were to meet with Kirill to discuss important strategic questions, but the Munich Police arrested Remmer, whom they suspected of serving as a Soviet agent, before these talks could take place. (Kellogg, Russian Roots, S. 162)
Die Polizei in München war seinerzeit besser informiert über die Kontakte von Scheubner-Richters Aufbau zu den Sowjets als unsere Historiker bis heute, die das in den Akten finden könnten wie Michael Kellogg, der aus diesen zitiert.
Remmer told the Munich Police that the planned French-led invasion of the Soviet Union would either fail miserably or bring about the “complete enslavement of Russia.” He claimed that Nikolai Nikolaevich and those White émigrés who supported him played the “most despicable role” of serving the “plans and goals of . . . Jewish high finance.” Remmer emphasized that if the French launched a military intervention against the Soviet Union with Polish and Romanian assistance, then the pro-German White émigré faction behind Kirill under Aufbau’s leadership and the nationalist forces that it collaborated with in the Soviet Union would be forced to fight along with the Red Army. Once the attackers had been defeated, pro-German Whites would launch a putsch in the ranks of the Red Army and destroy the Soviet government. According to Remmer, Aufbau had come to regard French invasion plans that Markov II supported as a threat great enough to warrant a hazardous tactical alliance with the Red Army. (Kellogg, Russian Roots, S. 162f)
Damit hatte die Reichswehr ihre Beziehungen zur Roten Armee gleichfalls entschuldigt, dass diese eines Tages gegen die Sowjetherrschaft putschen würde.
The Munich Police determined during August 1923 that Kirill’s supporters under Aufbau’s direction were truly determined to restore Kirill to the Russian throne even at the cost of temporarily collaborating with the Bolsheviks. In the case of such an alliance, Kirill’s faction hoped to instill the Red Army with pro-monarchical views and to win it over for a putsch against the Bolshevik state. The summer of 1923 thus witnessed extreme political fluidity between members of the radical right and the radical left. It is worth noting in this context that already in May 1922, the Aufbau member Colonel Karl Bauer had traveled to the Soviet Union with the mission of establishing the terms for a potential German–Soviet military agreement. (Kellogg, Russian Roots, S. 164)
Selbstverständlich war diese Entschuldigung für die vor professionellen Blicken nicht geheim zu haltende Zusammenarbeit mit den Sowjets völliger Mumpitz. Welche Anhänger der Zarenherrschaft und Feinde des "jüdischen Bolschewismus" sollten das sein, die bei Streitereien um die Thronfolge sofort mit Marxisten kollaborieren? Sowjetagenten selbstredend.
Doppelspiel gegen aktive Sowjetgegner in der UdSSR
Die politische Polizei in München hat damals selbstverständlich die Zusammenarbeit von Scheubner-Richters Aufbau mit den Sowjets bemerkt. Unsere Historiker sollten statt des Großen Latinums im Studium als Prüfungsvoraussetzung ein großes Praktikum bei irgend einem geheimen Polizeidienst absolvieren müssen, dann würden sie das vielleicht auch bemerken.
Im Jahr 1923 hat der Aufbau nach seinem Bekunden Kontakte zu den Sowjets gepflegt, angeblich um einen französisch-polnischen Angriff auf die UdSSR abzuwehren. Franzosen und Polen waren auch
Deutschlands Feinde, soweit ganz logisch. Dann wurde den Weißen eingeredet, es stünde ein Sturz der Sowjets bevor:
In the spring of 1923, Aufbau leadership in alliance with Hitler increased its preparations to invade the SovietUnion by directing subversive activities within the Great Russian center of the
state. Aufbau possessed a significant number of contacts with anti-Bolshevik and pro-Kirill Romanov elements inside the Great Russian core of the Soviet Union.
...
In the spring of 1923, Andreas Remmer, who had served as the Foreign Minister of Bermondt-Avalov’s Western Volunteer Army during the 1919 Latvian Intervention, increased his activities as an
intermediary between Kirill’s supporters under Aufbau and nationalist groupings in the Great Russian heartland. After the failure of the Latvian Intervention, Remmer had led an anti-Bolshevik
intelligence operation in Berlin that had smuggled White propaganda into the Soviet Union. By the spring of 1923, he had established significant contacts with nationalist organizations inside the
Soviet Union composed largely of merchants and Orthodox clergy. (Michael Kellogg, Russian Roots, S. 185)
Im Jahr 1923 hat Scheubner-Richter so getan, als würde ein Angriff der Weißen im Norden aus Finnland und im Süden zur Befreiung der Ukraine beginnen und reiste dazu nach Finnland. Davon konnte
gar keine Rede sein, weil die Schwarze Reichswehr wegen der Ruhrbesetzung ganz sicher keinen Konflikt mit den Sowjets wollte. Die gesamte Inszenierung diente nur dem Zweck, die Opposition in der
UdSSR durch falsche Versprechungen unvorsichtig werden zu lassen.
Scheubner-Richter noted on the day of his departure for Finland that, conditions willing, the anti-Bolshevik offensive in harness with a revolt of nationalist Russian circles inside the Soviet
Union would begin during the first half of August under the direction of Generals Biskupskii and Piotr Krasnov.
...
Scheubner-Richter referred to Aufbau’s policy of fomenting anti-Semitic internal revolt in the heartland of the Soviet Union in a June 1923 article in Aufbau Correspondence, “Intervention
Intentions against Soviet Russia.” He wrote of the “rise of the anti-Semitic movement and religious currents in Russia” that supported Kirill Romanov as the legitimate heir to the Tsarist throne.
Scheubner-Richter further noted that circles of “national Russians” believed that they themselves could overthrow their “racially foreign tormentors,” meaning the Jews.
...
In league with Hitler’s National Socialists, Aufbau undermined Soviet authority in the Ukraine by employing agents in the two largest Ukrainian cities, Kiev and Kharkov. In April 1923, Soviet
authorities made numerous arrests and confiscated massive amounts of White émigré propaganda material, primarily Grand Prince Kirill Romanov’s declarations to the “Russian people” and the
“Russian army.” These texts had been distributed in Kiev and Kharkov with Aufbau’s assistance. Aufbau transmitted the information it received regarding Ukrainian matters to the National Socialist
Party. For instance, Aufbau informed the NSDAP of the Bolshevik arrest of intellectuals in Kiev and Kharkov because they had propagated anti-Soviet Literature. (Kellogg, ebenda, S. 188f)
Die haben da nicht die Sowjetherrschaft unterminiert, sondern den Sowjets den Zugriff auf die Netze der aktiven Oppositionellen ermöglich. Man hat dazu Propaganda-Schriften ins Land geschmuggelt,
so dass die GPU die Oppositionellen verhaften konnte.
As another indication of National Socialist interest in Aufbau’s efforts to detach the Ukraine from Soviet control, Hitler strongly supported Colonel Poltavets-Ostranitsa’s Ukrainian National Cossack Organization as of spring 1923. Hitler viewed Poltavets-Ostranitsa’s association as a national independence movement along the lines of his own National Socialist Party. Both groupings opposed Bolshevism, sought to weaken Polish power, worked to intensify anti-Semitism, and strove for national revolutions that would lead to dictatorship. Hitler sent directives to Poltavets-Ostranitsa’s supporters in the Ukraine via Vienna and Budapest and supplied them with National Socialist propaganda materials. (Kellogg, ebenda, S. 190)
Die GPU musste nur noch zugreifen und jeden zum Sprechen bringen, von wem er die Propagandaschriften erhalten und an welche Freunde er sie weiter gegeben hat. Schon war das gesamte Netz der
aktiven Sowjetgegner im Kerker eingelocht.
Politischer Massenhumbug
Schon die alten Römer und Azteken wussten, dass sich die Massen für Ballspiele, Wettkämpfe, Pferde- und Wagenrennen begeistern lassen, aber sicher nicht für Politik. Die Historiker beschreiben in ihren erfundenen Werken zwar die großen Reden der Feldherren an ihre Soldaten vor jeder Schlacht, aber sie beweisen uns damit nur, dass sie nicht dabei waren und keine Ahnung hatten. Ein Flavius Josephus will vor dem belagerten Jerusalem in einer langen Ansprache die Übergabe an die Römer gefordert haben, aber er wäre dabei von den Türmen und Zinnen der Stadt aus Töpfen mit kochender Kacke beworfen worden und hätte es nicht überlebt.
Die Bücher über Politik und Geschichte wurden meist von Mönchen in Klöstern geschrieben, die nichts außer großen Predigten an die Gläubigen kannten. Sie verbreiteten in ihren Schriften den Glauben an die Wirkung langer Reden vor großen Menschenmassen, der zum Ende des 19. Jahrhunderts von keiner realen Erfahrung der Professoren und Studenten mit dem normalen Volk getrübt wurde.
Jetzt wollte man gar in den Studierstuben die Geheimnisse der Massenpsychologie ergründen und es erschienen die berühmten Werke von Gustave Le Bon über die Psychologie der Massen und Sigmund Freud über Massenpsychologie und Ich-Analyse, die von ehrgeizigen Anfängern in der Politik eifrigst studiert und zu einem wichtigen Teil der Ideologie vor allem jeglicher Sozialisten wurden. Russland und Italien, Deutschland und China bis Nordkorea heute liefern die Bilder der begeisterten Massen.
So richtig funktionierte der Jubel der Massen erst nach der Installation der sozialistischen Diktaturen, was schon die alten Römer und Azteken uns hätten überliefern können. Erst wer die Macht hat, kann vor großen Menschenmassen lange Reden halten und Zehntausende oder Hunderttausende jubelnd mit den jeweiligen Parteifahnen an sich und den Vertretern seines Regimes vorbeiziehen lassen. Auch der Petrograder Sowjet im Bild oben wurde durch die Soldzahlungen Lenins aus den 50 Millionen Goldmark vom Kaiser Wilhelm II. und nicht durch Reden gefüllt. Der Massenjubel hat keine Bedeutung, wie auch Honecker kurz nach der 40-Jahrfeier der DDR erfahren musste.
Auch Hitler studierte für seine Auftritte nach dem Vorbild von Le Bon bis Freud die Gesetze der Massenpsychologie und schrieb darüber ausgiebig in Mein Kampf. Als die Partei gegen ihn putschte, im Sommer 1921, waren es etwa 3200 Mitglieder, von denen ihn nach einem Blick in die Parteikasse die schon erwähnten 534 zum Diktator wählten. Noch zum Ende des Jahre 1922 war die Zahl der Parteimitglieder so gering, dass der Übertritt der Anhänger Julius Streichers von der Deutschsozialistischen Partei diese verdoppelte. Dessen Zeitungstitel "Der Stürmer" verrät die Geldquelle für seine große Anhängerschaft in den paramilitärischen Verbänden Nordbayerns.
Im Jahr 1924 organisierte Ernst Röhm ohne Hitler eine paramilitärische Ersatzorganisation für die verbotene SA und andere Organisationen. Nach kurzen Vorbereitungen ab Mai 1924 wurde am 16. August 1924 der Völkische Frontkampfbund Frontbann gegründet und in Berlin ins Vereinsregister eingetragen. Im September des Jahres 1924 soll der Frontbann bereits über 30.000 Mitglieder verfügt haben. So viel zur Bedeutung der politischen Rede und der Kenntnis der Massenpsychologie.
Dabei hatte Le Bon es geahnt:
"Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen mißfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer."
Aber niemand wird durch Täuschung ihr Herr, sondern muss erst ihr Herr sein, um ihnen alles und auch das Gegenteil einreden zu können. Man hüte sich also davor, den Massen etwas predigen zu wollen, um sie zu überzeugen. Das ist eine alte Mär der Religionen, sie wären nicht durch nackte Gewalt der Herrscher, sondern durch bewegende Predigten wehrloser Missionare verbreitet worden. Cuius regio eius religio.
Randale im Bürgerbräukeller am 8. Nov. 1923
Geld aus Moskau für den sogenannten Hitler-Putsch
„Nach einer internen Denkschrift der Bayerischen Regierung hatte Scheubner-Richter ‚enorme Summen’ zu seiner Verfügung. Diese Quelle hielt es nicht für ausgeschlossen, dass der Hitler-Putsch von
Moskau unterstützt worden sei. Moskau profitierte von dem faschistischen Kampf gegen die nationale Regierung in Bayern, und Moskaus Taktik sei immer abgestellt auf verfrühte Aktionen der
‚Weißen’. Die kommunistisch-völkische Annäherung in Berlin im August 1923 sei noch in frischer Erinnerung, wie auch die Fraternisierung zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten in München
nach dem Putsch. Der Schreiber des Memorandums verweist auch auf die Anwesenheit vieler Exkommunisten in Scheubner-Richters ‚Kampfbund’ und die Teilnahme zahlreicher Neuankömmlinge aus Rußlands
früheren baltischen Provinzen (Aktenvermerk des Staatsministeriums des Äußeren, datiert ca. 15. Novmeber 1923, abgedruckt in Der Hitler-Putsch, hrsg. v. E. Deuerlein, Stuttgart 1962, S. 386-390).
Dieser Verdacht ist höchstwahrscheinlich unbegründet, aber es ist interessant, daß er überhaupt in einem Geheimbericht erhoben werden konnte.“
Walter Laqueur, Deutschland und Rußland (Berlin 1965), Seite 77
zitiert nach Bernhard
VALENTINITSCH S. 207
Der spätere Chef des US-Geheimdienstes OSS, William J. Donovan, war auch schon an Hitler interessiert und traf ihn im März 1923 in der Pension Moritz auf dem Obersalzberg. Der Obersalzberg liegt zwischen Berchtesgaden mit dem königlichen Schloss, das der Kronprinz Rupprecht seinerzeit als Wohnsitz nutzte, und Salzburg in Österreich, wo berühmte Künstler wirkten und der Regisseur Max Reinhardt das Schloss Leopoldskron erworben hatte. Man konnte sich am Obersalzberg unbemerkt treffen und auf Schleichwegen die Grenze nach und von Österreich überqueren. Auch die Kreise um Roosevelt waren daran interessiert, die Restauration der Wittelsbacher zu vereiteln. Ihr Agent war Ernst Hanfstaengl.
Der Ruhrkampf und die Sturmabteilungen
Hitler ernannte Hermann Göring Anfang 1923 zum Kommandeur der Sturmabteilung (SA). Göring entzog die SA dem Einfluss der Organisation Consul, organisierte sie neu und schuf ein eigenes Oberkommando. Organisatorisch wurde die SA von der NSDAP abgenabelt und in einen von der OC unter Kapitän Hermann Ehrhardt unabhängigen Wehrverband umgewandelt. Hintergrund war die Anlehnung der OC an die Monarchisten in Bayern und damit die Franzosen, gegen die von Röhm in Bayern Hitlers NSDAP und die SA mit den Geldern der Schwarzen Reichswehr aufgebaut wurden. Mit dem Scheitern der Monarchisten in Bayern 1923 verloren Hermann Ehrhardt und seine OC jeden Einfluss.
Unter der Überschrift Selbstschutz, nicht „Wehrverband“ können wir Hitler zum Ursprung seiner Sturmabteilung als Quelle zitieren:
Warum ich schon zu jener Zeit mich auf das schärfste dagegen verwahrte, die SA. der NSDAP. als sogenannten Wehrverband aufziehen zu lassen, hatte seinen Grund in folgender Erwägung:
Rein sachlich kann eine Wehrausbildung eines Volkes nicht durch private Verbände durchgeführt werden, außer unter Beihilfe ungeheuerster staatlicher Mittel. (Mein Kampf, S. 603)
Er musste gegen einflussreiche Kreise verhindern, die SA statt als Parteiorganisation als Wehrverband zu betreiben, weil die "ungeheuersten staatlichen Mittel" dazu fehlten, das Geld reichte nur für eine Parteiorganisation. Er füllt mit dem Thema noch einige Seiten, die wir überspringen können, und erklärt ebenfalls, dass die SA auch keine Geheimorganisation für Fememorde sein dürfe. Das war anscheinend ebenfalls debattiert worden und er schreibt dazu wieder einige Seiten voll.
Soll man solche eine verräterische kleine Kreatur wieder durch eine Kreatur beseitigen lassen oder durch einen Idealisten? In einem Fall ist der Erfolg zweifelhaft und der Verrat für später fast sicher; im anderen Fall wird ein kleiner Schuft beseitigt und dabei das Leben eines vielleicht nicht zu ersetzenden Idealisten aufs Spiel gesetzt.
...
Das alles sind Erwägungen, die mich veranlaßten, immer wieder die Teilnahme an Geheimorganisationen zu verbieten und die SA. selbst vor dem Charakter solcher Organisationen zu bewahren. Ich habe in jenen Jahren die nationalsozialistische Bewegung von Experimenten ferngehalten, deren Vollführer meistens herrliche idealistisch gesinnte junge Deutsche waren, deren Tat aber nur sie selbst zum Opfer werden ließ, indem sie das Schicksal des Vaterlandes nicht im geringsten zu bessern vermochten. (Hitler, MK, S. 610f)
Danach geht es um die Kämpfe der SA mit den Kommunisten in Coburg zum "Deutschen Tag" im Oktober 1922. Hitler mietete einen Sonderzug für 15 Hundertschaften der SA und stellt es so dar, als hätten seine Leute sich aus Begeisterung geprügelt und nicht für ihren Sold, die Not der Inflationsjahre war groß.
Als wir in Koburg auf dem Bahnhof eintrafen, empfing uns eine Deputation der Festleitung des „Deutschen Tages“, die uns einen als „Vereinbarung“ bezeichneten Befehl der dortigen Gewerkschaften beziehungsweise der Unabhängigen und Kommunistischen Partei übermittelte, des Inhalts, daß wir die Stadt nicht mit entrollten Fahnen, nicht mit Musik (wir hatten eine eigene zweiundvierzig Mann starke Kapelle mitgenommen) und nicht in geschlossenem Zuge betreten dürften. (Hitler, MK, S. 614)
Für die anschließende Schlägerei, bei der viele schwer verletzt wurden, hätte er keine Freiwilligen ohne hohen Sold gefunden:
Schon auf dem Bahnhofsplatz empfing uns eine nach vielen Tausenden zählende, gröhlende und johlende Menschenmenge. „Mörder“, „Banditen“, „Räuber“, „Verbrecher“, waren die Kosenamen, mit denen uns die vorbildlichen Begründer der deutschen Republik liebreich überschütteten. Die junge SA. hielt mustergültige Ordnung, die Hundertschaften formierten sich auf dem Platz vor dem Bahnhof und nahmen zunächst von den Anpöbelungen keine Notiz. (ebenda, S. 615)
Der Erfolg und der Sold hatten sich anschließend herumgesprochen:
Den größten Nutzen hatte allerdings die SA. selbst. Sie wuchs nun sehr schnell an, so daß beim Parteitag am 27. Januar 1923 bereits gegen sechstausend Mann an der Fahnenweihe teilnehmen konnten und dabei die ersten Hundertschaften in ihrer neuen Tracht vollkommen eingekleidet waren. (ebenda, S. 618)
Aber erst mit der Ruhrbesetzung kam der große Aufschwung der Partei und ihrer SA:
3. Die in den ersten Monaten des Jahres 1923 erfolgte Besetzung des Ruhrgebietes durch die Franzosen hatte in der Folgezeit eine große Bedeutung für die Entwicklung der SA.
Es ist auch heute noch nicht möglich und besonders aus nationalem Interesse nicht zweckmäßig, in aller Öffentlichkeit darüber zu reden oder zu schreiben. Ich kann mich nur so weit äußern, als in
öffentlichen Verhandlungen dieses Thema schon berührt und der Öffentlichkeit dadurch zur Kenntnis gebracht ist.
Die Besetzung des Ruhrgebietes, die uns nicht überraschend kam, ließ die begründete Hoffnung erstehen, daß nunmehr endgültig mit der feigen Politik des Zurückweichens gebrochen und damit den
Wehrverbänden eine ganz bestimmte Aufgabe zufallen würde. Auch die SA., die damals schon viele Tausende junger, kraftvoller Männer umfaßte, durfte dann diesem nationalen Dienst nicht entzogen
werden. Im Frühjahr und im Hochsommer des Jahres 1923 erfolgte ihre Umstellung zu einer militärischen Kampforganisation. Ihr war zum großen Teil die spätere Entwicklung des Jahres 1923
zuzuschreiben, soweit sie unsere Bewegung betraf. (ebenda, S. 619)
Für den Ruhrkampf wurde die SA jetzt doch von Röhms Offizieren militärisch geschult und bewaffnet. Selbstverständlich wurden mit viel Geld viele Männer neu angeworben. Nur dadurch konnte Hitler im Jahr 1923 gegenüber der Bayerischen Staatsregierung als wichtiger Politiker auftreten. Er war nicht Separatist und Monarchist.
1923 wollte Generalstaatskommissar Gustav von Kahr Bayern vom Reich trennen
Weil es von unseren Historikern bis heute bestritten wird:
Pacelli ruft einen Bericht vom Dezember 1921 in Erinnerung, in dem er die Einstellung in Bayern als mehrheitlich föderalistisch und nicht separatisch beschrieb. In letzter Zeit hat sich diese Einstellung jedoch gewandelt, was auf die schlechten Lage, vor allem in der Wirtschaft, auf die Verbitterung über die politischen Entwicklungen im Reich und in der Reichsregierung sowie auf den rheinischen Separatismus zurückzuführen ist. Dies alles hat zum einen bei vielen die Überzeugung genährt, dass das Reich zusammenbrechen wird, und zum anderen den Separatismus und die Idee einer Wiedereinsetzung der Monarchie befördert. Der oberbayerische Regierungspräsident von Kahr, den der Nuntius für eine einflussreiche Persönlichkeit im konservativen und monarchistischen Milieu Bayerns hält, sprach bei einem Besuch in der Nuntiatur am Vortag ganz offen über das Thema. Von Kahr sieht eine ihrem Kronprinz Rupprecht ergebene Bevölkerungsmehrheit, welche die Monarchie befürwortet und nicht mehr von Berlin regiert werden möchte. Der Regierungspräsident erwartet bei der Wiedereinsetzung der Monarchie schwere Auseinandersetzung in einigen nordbayerischen Städten, wo es sozialistische Kräfte gibt. Zugleich hält er die Reichswehr jedoch für verlässlich und die patriotistischen Gruppierungen für stark genug, den Widerständen zu begegnen. Zudem sieht von Kahr eine Union mit Österreich als möglichen nächsten Schritt nach der Separation. Der Regierungspräsident sprach zudem die Gerüchte an, die um die Haltung des Heiligen Stuhls zur Separationsfrage kreisen und mal von ihrer Befürwortung, mal von ihrer Ablehnung sprechen. Pacelli erklärte sämtliche Gerüchte für haltlos und bekräftigte die Neutralität des Heiligen Stuhls. Von Kahr berichtete auch von der antimonarchistischen und antiseparatischen Haltung deutschnationaler, preußischer Akteure in Bayern wie Erich Ludendorff, den der Kronprinz beim Vertretertag des bayerischen Landesverbandes deutscher Offiziere indirekt tadelte. Zum Schluss weist der Nuntius darauf hin, dass das Reich, falls es zur Separation Bayerns und zur Errichtung einer "Rheinisch-Westfälischen Republik" kommen sollte, eine mehrheitlich protestantische und vom Bolschewismus beeinflusste Bevölkerung hätte, was in diesen Gebieten die Lage der katholischen Kirche schwierig machen würde.
Pacelli, Eugenio an Gasparri, Pietro; München, 10. September 1923
Aus den Akten der Reichskanzlei:
W.K. VII hat Major Hößlin nach Berlin entsandt, um dem Minister allein die Lage in Bayern vorzutragen. Hasse sagt, man wisse nicht, ob die Bayern demnächst unsere Feinde seien, oder wenigstens
dem deutschen Unglück uninteressiert zusähen. W.K. VII wird dahin unterrichtet, daß voraussichtlich auch in Berlin ein gewisser Dreh nach rechts eintreten wird. Angesichts der schwierigen Lage
mit Frankreich wird an die Reichstreue der Bayern appelliert. Lossow soll Konflikt mit Kahr vermeiden und die Heeresleitung unterrichten, ob er deren Befehle ausführen will und könne.
...
Herr von Scheubner ist im Auftrage Hitlers im Ministerium wegen der stark blau-weißen Richtung der bayerischen Regierung, die sich scharf gegen den schwarz-weiß-roten Standpunkt der
Nationalsozialisten richtet. Für die Heeresleitung ist die Gegenströmung gegen den Separatismus wesentlich. Doch ist man eingenommen gegen die gehässigen Artikel im V.B.37, die Scheubner aber von
sich abweist.
...
Nachdem die bayerische Regierung den Abtransport von Gold aus der Nürnberger Reichsbank verhindert hat, soll Seeckt dem Reichspräsidenten Vortrag halten, ob wir in der Lage seien, den Abtransport
zu erzwingen und nötigenfalls gegen Bayern Krieg zu führen. Hasse meint, ein Krieg mit Bayern müsse als nationales Unglück verhindert werden. Doch dürfe man nicht nach außen zeigen, daß man ihn
scheut, Bayern werde dann nachgeben.
Hasse redet Scheubner weitere Betätigung im schwarz-weiß-roten Sinne gegen die bayerischen Tendenzen zu.
...
Lossow hat den V.B. nicht verboten und kündigt direkten Ungehorsam an. Hasse meint, man solle vor einem Bruch mit Bayern nichts unversucht lassen, um ihn zu verhindern. Die Schuld für einen
etwaigen Zerfall Deutschlands müsse Bayern tragen. Die bayerischen Truppen seien überwiegend reichstreu, nur sei das W.K.K. VII zu stark blau-weiß. Hasse rät Seeckt, selbst nach München zu
fahren, um den Bayern die Meinung zu sagen, unter Hinweis auf die französische Gefahr. Eine Umbildung der Regierung werde den bayerischen Spuk beseitigen.
...
Immerhin notierte Seeckts Adjutant v. Selchow am 3.10.23 in sein Tagebuch: „In Bayern sieht es finster aus. Dort wagt scheinbar General von Lossow nicht dem Generalstaatskommissar v. Kahr
entgegenzutreten. Oder paktieren dort Lossow, Kahr, Hitler, Ludendorff zusammen? Seeckt sagt mir eben, daß wir beide evtl. heute mit dem Abendzug nach München fahren! Ich denke, daß er nach der
zu erwartenden Auflösung des Reichstages mit den dortigen Führern sprechen möchte! Oder was will er? – Abends. Kabinettskrise geht weiter, wir fahren nicht nach München“ (BA-MA: NL v. Rabenau 11,
Bl. 14/15).
...
Ein Interview Seeckts geht an die Münchener Neuesten Nachrichten. Es weigert sich diese, etwas zu bringen, aus Sorge, von der bayerischen Regierung verboten zu werden.
...
21. 10. Bayern nimmt die Truppen als Treuhänder des Deutschen Reichs in Pflicht, bis die Differenz mit dem Reich beseitigt ist. Hasse hält damit den Abfall Bayerns für „wahrscheinlich vollzogen“
und befürchtet, es werde in feste Zugehörigkeit nicht mehr zurückkehren. Aufruf der Reichsregierung wegen dieses Verfassungsbruches. Ferner erläßt Seeckt einen Aufruf an alle Wehrkreise und die
einzelnen bayerischen Truppenteile […], in dem er die 7. Div. feierlichst auffordert, ihrem dem Reich geleisteten Eid treu zu bleiben und sich seinen Befehlen bedingungslos zu fügen60. „Der
Reichstreue aller anderen Teile des Heeres halte ich mich heute und stets für versichert.“ Die Absicht, beide Erlasse durch Flugzeug über Bayern abwerfen zu lassen, wird auf Grund von Erklärungen
des bayerischen Gesandten schließlich aufgegeben.
Materialsammlung des Generalleutnants z. V. Lieber ... vom September bis November 1923
Überfall auf den Bürgerbräukeller
In den Darstellungen unserer Historiker wie auf Zukunft braucht Erinnerung Der Hitler-Putsch 1923 ist die Wahrheit nur zwischen den Zeilen angedeutet:
Die Aktivisten um Ludendorff und Hitler beschlossen daraufhin am 6. November, von sich aus zu handeln. Sie einigten sich schnell auf den Abend des 8. November, an dem Kahr im Münchner Bürgerbräukeller sein politisches Programm als Generalstaatskommissar vorstellen wollte. Neben dem Mitreißen der zögernden Konservativen mögen auch die Angst, bei einem separatistisch-monarchistischen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, der Aktionsdrang ungeduldiger Anhänger sowie die Sorge vor dem Zerfall des „Kampfbundes“ als Motive eine Rolle gespielt haben. Der Plan war schlecht durchdacht, nur wenige waren aufgrund von Zeitdruck und Geheimhaltung eingeweiht. Zu mehr als einem bloßen Handstreich auf den Bürgerbräukeller, wo sich die gesamte bayerische politische Prominenz aufhielt, reichten weder die Kräfte noch die Bewaffnung.
Gustav von Kahr wollte also ein politisches Programm vorstellen und Hitlers Leute fürchteten, "bei einem separatistisch-monarchistischen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen" und überfielen die Versammlung.
Bei Hanfstaengl lesen wir das schon etwas deutlicher:
The Bürgerbräu Keller had been booked for that evening by the ruling triumvirate for a major meeting of all the leading Bavarian personalities, to which Hitler and Ludendorff had been invited. Our informants in the ministries and the police had told us that this was to be the forerunner of the proclamation of the Wittelsbach restoration and the final break with the Socialist Government in Berlin. (Hanfstaengl, Ernst. Hitler: The Memoir of the Nazi Insider Who Turned Against the Fuhrer, S.92)
Gustav von Kahr musste zu dieser Versammlung der führenden Persönlichkeiten in Bayern auch Hitler und vor allem Ludendorff einladen und hoffte sicher, dass denen keine Wahl bleibe, als sich den Monarchisten anschließen, wenn gegen die gescheiterte Politik von Berlin jetzt die Monarchie unter Kronprinz Rupprecht ausgerufen wird. Hitler war bereits in Verruf geraten, weil er alle paar Tage seine Anhänger mobilisiert hatte, aber mit den nicht zu den Monarchisten übergelaufenen etwa 6000 Leuten in Bayern kaum etwas unternehmen konnte.
Uneasy allies as the two groups had been, each had supported the other tactically as long as there seemed profit to be gained from the collaboration. Two days earlier the Kampfbund people, with Hitler, had been called to Kahr’s office, where he and Lossow warned them to instigate no Putsch until the Provisional Government itself gave the signal. It was only after this meeting that Hitler learnt that the Catholic separatists had their own plans for taking the initiative. (Hanfstaengl, ebenda)
Sogar aus dem Umfeld der Schwarzen Reichswehr und Freikorps hatten sich viele den Monarchisten angeschlossen, vor allem die bekannten Offiziere, so dass Hitler übrig blieb, mit Ludendorff die Pläne der Separatisten zu vereiteln und dabei Leben und Freiheit zu riskieren.
Even some of our apparently firm allies in the Kampfbund were by no means to be trusted. Roehm and his Reichskriegsflagge could be relied upon. In fact he stormed and held the War Ministry with the officer cadets the following day. On the other hand, Ehrhardt was a much more doubtful element ... General von Epp, himself a Roman Catholic, had been so grossly offended by Rosenberg that he became indifferent to any Putsch led by Hitler and Ludendorff. (Hanfstaengl, ebenda, S.94f)
Den Überfall auf die Monarchisten im Bürgerbräu hatte nicht Hitler geplant und organisert, sondern Scheubner-Richter, der kurz vorher in Berlin wohl die Maßnahmen gegen die Separatisten mit Seeckt abgesprochen hatte, dem die bayerische Reichswehrdivision aber nicht mehr gehorchte:
I learned later that the plan for the Putsch had in fact been devised by Scheubner-Richter, who had also received information that von Kahr was about to take the initiative. Be that as it may, Hitler obtained all the credit, as Scheubner-Richter was one of those killed at the Feldherrnhalle the following day. (Hanfstaengl, ebenda, S.96)
Hanfstaengl beschreibt jetzt die Ereignisse im Bürgerbräu:
The entrance corridor was completely empty, apart from the vast pile of top-hats, uniform-coats and swords in the cloakroom. It was quite clear that the élite of the whole capital of Munich was there. I found that Hitler had quietly taken up position by one of the big supporting pillars about twenty-five yards from the platform. Nobody seemed to notice us and we just stood there looking innocent, for what must have been at least twenty minutes. ...
Not far away I caught sight of Admiral Paul von Hintze, who had been German ambassador in Mexico before the war and now lived in Salzburg, where he was reputed to provide some sort of line of communication with Otto of Hapsburg. So they are in this, too, I thought, with their plans for a Catholic Danubian confederation! (Hanfstaengl, ebenda, S.96-98)
Als Hermann Göring mit seinen schwer bewaffneten Begleitern in den Saal stürmte, gab Hitler einen Schuss aus seiner Pistole in die Decke ab:
“The national revolution has broken out. The Reichswehr is with us. Our flag is flying on their barracks. . . .”
I suddenly caught one glance from von Lossow at Hitler. There was such a furtive look of thinly veiled contempt on his monocled face, with its sabre-cuts, that I knew he could not be trusted to go along with us. I turned to Goering and said: “Hermann, watch your step. Lossow is going to double-cross us.” “How do you know that?” Goering asked me. “One look at his face is enough,” I said. I felt in my finger-tips that there was trouble brewing. Hitler and Lossow had been as thick as thieves for weeks but I knew that no binding promises of assistance had been forthcoming from the Army chief. ...
Hitler invited Kahr and company to join him in one of the siderooms to discuss their plans. There they were joined by Scheubner-Richter and Ludendorff, tremendous in full regimentals with all his decorations. After a first somewhat inconclusive session, Hitler returned to the hall alone and launched into a tremendous tirade. “Now is the time to do away with the sinners’ Tower of Babel in Berlin,” and so on. (Hanfstaengl, ebenda, S.98)
Selbstverständlich waren die anwesenden Regierungsmitglieder und Honoratioren nie bereit, mit so einem Radaubruder nach Berlin zu marschieren. Hitler hatte mit seiner Randale die Versammlung zur Ausrufung der Monarchie unter Kronprinz Rupprecht gesprengt, wofür Gustav von Kahr sich rächen würde am folgenden Tag.
Marsch zur Feldherrnhalle
Wie wichtig das Studium der Quellen ist, weil Geschichtsbücher falsche Vorstellungen von den Ereignissen vermitteln, konnten wir hier sehen und bleiben darum bei Hanfstaengl:
When I got back to Bürgerbräu about eight in the morning, I found that Hitler had apparently been up all night. Ludendorff had returned with his own followers, but all in civilian clothes. (Hanfstaengl, ebenda, S.104)
Mit der Randale war die Versammlung des Generalstaatskommissars gesprengt worden, die Honoratioren hatten das Bürgerbräu verlassen, nur ein paar Mitglieder der Regierung waren noch durch Rudolf Heß entführt und im Haus eines Verlegers festgesetzt worden.
They were still undecided what to do next, although Ludendorff was pressing firmly for a march on the centre of the city. Hitler said he was relying on me to keep him informed about the general feeling in Munich and I spent most of the morning travelling by car between the Bürgerbräu and the Beobachter. ... By eleven o’clock I was back in the Bürgerbräu again, after great difficulty with ominously increasing police cordons. I found uncertainty and glum faces. No one was talking very much. Goering was all for retreating in the direction of Rosenheim and there collecting reinforcements for a fresh start. However, Ludendorff put a stop to that: “The movement cannot end in the ditch of some obscure country lane,” he said tersely, and, sipping his red wine, froze them into submission.
They soon sent me back into the city to report further developments. I got through to the Beobachter, where it became clear that the game was up. The police were openly ripping down the proclamations of the setting up of the national republic, signed by Hitler, Kahr, Lossow and Seisser, and Reichswehr formations were closing in on strategic points in the city. There was no further sign of Streicher, the Nazi leader in Nuremburg, whom I had seen haranguing a crowd and distributing leaflets in front of the Feldherrnhalle, and other speakers had disappeared from the Marienplatz, although there was still a big crowd there. The situation seemed hopeless and I decided to hurry home and prepare for a get-away. (Hanfstaengl, ebenda, S.104-106)
Es sollte also kein Marsch auf Berlin folgen, sondern nur ein gesichtswahrender Umzug durch München mit etwa 2000 Bewaffneten, die aus den paramilitärischen Organisationen für den großen Tag aufgerufen worden waren. Die wollte man nicht einfach so heim schicken, weil sie nur als Deckung für die Randale im Bürgerbräu gebraucht worden waren.
Um 12 Uhr marschierten Hitlers Anhänger mit Ludendorff in Zivil an der Spitze los, zu seiner Rechten ging Göring, zu seiner Linken Hitler und neben diesem Max Erwin von Scheubner-Richter. Ludendorff führte die Putschisten vom Bürgerbräukeller über die Ludwigsbrücke zum Marienplatz. Anschließend bog die Kolonne in die Weinstraße ein und zog durch die Theatinerstraße in Richtung Odeonsplatz. Der Kommandant der Landespolizei in der Residenz, Michael Freiherr von Godin, erhielt auf eine telefonische Anfrage durch Seißer den Befehl, das Heraustreten der Hitlertruppen auf den Odeonsplatz müsse mit allen Machtmitteln verhindert werden. Godin riegelte daraufhin mit seinen 130 Mann, die mit einer Kanone und Maschinengewehren bewaffnet waren, den Odeonsplatz ab. Daraufhin ließ Ludendorff die Marschierer rechts in die kurze Perusastraße einschwenken und gleich danach links in die Residenzstraße abbiegen. In Zehner- bis Sechzehnerreihen bewegten sich die Putschisten, Die Wacht am Rhein und O Deutschland hoch in Ehren singend, voran in Richtung Feldherrnhalle und durchbrachen eine Absperrkette der Polizei in der Residenzstraße.
Um 12.45 Uhr starben von Schüssen getroffen vier Polizisten, ein Schaulustiger und dreizehn Putschisten, darunter Scheubner-Richter, der den eingehakten Hitler mit sich zu Boden riss. Hitlers Leibwächter Ulrich Graf sprang vor und fiel, von elf Kugeln getroffen, auf Hitler und Scheubner-Richter. Göring wurde in den Schenkel und in die Lende geschossen. Ludendorff, der unverletzt geblieben war, wurde am gleichen Tag festgenommen und nach einer Befragung von fünf Stunden und zwanzig Minuten um 22.20 Uhr gegen Ehrenwort wieder auf freien Fuß gesetzt.
Obwohl die Mobilisierung der Partei und besonders ihrer SA ungeheure Summen verschlungen und die Bürger durch die Hyperinflation alles Geld verloren hatten, war die Parteikasse mit den vom Ausland zugeflossenen Zahlungen noch reichlich gefüllt:
Der sichtbare Erfolg dieser Handlung aber zeigte sich am 9. November 1923: Als ich vier Jahre vorher zur Bewegung kam, war nicht einmal ein Stempel vorhanden. Am 9. November 1923 fand die Auflösung der Partei, die Beschlagnahme ihres Vermögens statt. Dieses bezifferte sich einschließlich aller Wertobjekte und der Zeitung bereits auf über hundertsiebzigtausend Goldmark. (Hitler, Mein Kampf, Aufbau der Bewegung, S. 669)
Hochverrats-Prozess in München
Die meisten Darstellungen der Historiker sind zum Fremdschämen. Der Prozess hätte eigentlich vor dem Reichsgericht in Leipzig und nicht in München stattfinden müssen, weil Hitler gegen die Regierung in Berlin geputscht habe. Aber Regierung und Justiz wären in Bayern so rechtsnational gewesen, dass sie Hitler das harte Urteil des Reichsgerichts ersparen und ihn in München nur ganz mild strafen wollten.
Die Wahrheit ist, dass Gustav von Kahr und seine Regierungsmitglieder fürchten mussten, vor dem Reichsgericht wegen Separatismus und der Wiedereinführung der Monarchie, unterstützt von den Franzosen, als Hochverräter angeklagt zu werden. Darum musste der Prozess in München erfolgen, wo ihn die Bayerische Staatsregierung unter Kontrolle hatte.
Der Hochverratsprozess begann am Morgen des 26. Februars 1924 im Hauptlesesaal der Zentralen Infanterieschule gegen zehn Angeklagte: Adolf Hitler, Erich Ludendorff, Heinz Pernet, Friedrich Weber, Hermann Kriebel, Ernst Röhm, Ernst Pöhner, Wilhelm Frick, Wilhelm Brückner und Robert Wagner. Rudolf Heß war untergetaucht und stellte sich später dem Gericht; Hermann Göring hatte sich ins Ausland abgesetzt.
Solange kein Wort über die Pläne der Separatisten fiel, durfte Hitler weitschweifig die Ziele seiner Partei erläutern, auf die Regierung in Berlin schimpfen und Gustav von Kahr die unterlassene Unterstützung vorwerfen. Ein Wort über die wahren Pläne der Monarchisten und Hitler hätte lebenslänglich eingesessen oder sich noch in der darauffolgenden Nacht in der Zelle erhängt. Die Schüsse vor dem Odeonsplatz waren sicher lebhaft in seiner Erinnerung.
So aber konnte er reden, reden und reden, die Zeitungen schrieben ausführlich über seine politischen Pläne für Deutschland und nichts über die Pläne der Separatisten, wie unsere Historiker bis heute.
Hitler schreibt das Drehbuch für den Großen Teufel
Im Gefängnis hatte Hitler den ersten Teil von Mein Kampf verfasst und sich damit erfolgreich um die Rolle als Großer Teufel für Deutschland beworben. Winifred Wagner hatte ihm das Schreibpapier geschenkt, von Edwin Bechstein kam das Geld für das große Auto im Bild, man war mit seinem Werk zufrieden. Von Mein Kampf wurde erstmals am 18. Juli 1925 der erste Teil über Hitlers (völlig verfälschten) Lebensweg veröffentlicht, ein zweiter Teil über politische Bündnisse zur Eroberung von Lebensraum folgte am 11. Dezember 1926. Der erste Teil wurde Rudolf Heß diktiert, den Prof. Karl Haushofer im Gefängnis besuchte und seit jeher schwer belogen haben muss, wenn Haushofer durch Heß Hitler auf die Idee gebracht haben sollte, im Bund mit den Briten Gebiete im Osten Europas zur Besiedlung durch das deutsche Volk erobern zu können. Die britischen Imperialisten sahen sogar in der Weimarer Republik eine zukünftige Gefahr für das Empire, wie jeder in den Schriften und Reden Halford Mackinders nachlesen kann.
Den zweiten Teil mit den großen Plänen zur Eroberung von Lebensraum hatte Hitler zusammen mit Max Amann verfasst, der für die Finanzen der Partei zuständig war und die politischen Erwartungen der Geldgeber kannte. Während eines Aufenthalts in Obersalzberg in der Nähe des späteren Berghofes diktierte Hitler ihm den zweiten Teil von Mein Kampf, den Amann auf der Schreibmaschine schrieb. Noch heute dient die Schrift als Beweis für Hitlers Absichten, einen brutalen Krieg um Lebensraum in Europa zu führen und die von ihm als rassisch minderwertig gesehenen Einwohner der eroberten Gebiete zu unterdrücken, zu vertreiben und auszurotten.
Es gab in der NSDAP genug fähigere und klügere Figuren wie Max Amann, Hermann Göring, Otto Dietrich, Franz Pfeffer von Salomon, Otto Wagener oder Gregor Strasser, um nur ein paar Beispiele zu nennen, aber allein Hitler hatte sich mit Mein Kampf und seinen Reden gegen die Juden als der Große Teufel für Deutschland qualifiziert, den Radek wie Stalin und die britischen Imperialisten in Milner’s Kindergarten an die Macht bringen wollten für ihre jeweiligen Zwecke.
Rede zur Neugründung der Partei am 27. Februar 1925
Die Partei war verboten worden und musste nach Hitlers Entlassung aus der Haft neu gegründet werden. Er hatte Redeverbot für öffentliche Versammlungen, aber nicht für Auftritte in der Parteiorganisation. Diese Rede ist nicht als Bewerbung vor den Mitgliedern seiner Partei zu verstehen, sondern vor seinen Förderern und Geldgebern, die den Großen Teufel für Deutschland suchen und eines Tages für ihre Zwecke an die Macht bringen werden. Seine Sicherheit, dass er nicht um ein paar Mandate für eine Splitterpartei am rechten Rand im nächsten Reichstag kämpft, sondern um die ganze Macht, ist unverkennbar:
Der Weg zur Macht bleibt den bürgerlichen Parteien auch für alle Zukunft prinzipiell versperrt, weil sich an ihnen die Sünden der Väter rächen. Was die früheren Generationen in ihrer Einstellung zur breiten Masse in langen Jahrzehnten verbrochen haben, ist die Ursache einer ewig weiterwirkenden Rache. Zu lange Jahre hatte man die Not der breiten Masse nicht beachtet, sich nicht um sie gekümmert. Zu lange Jahre begriff man nicht ihre Rechtlosigkeit. (Adolf Hitler, Reden: 1925-1945)
Damit hatte er schon Recht, aber mit wessen Unterstützung wollte er denn die Interessen der breiten Masse gegen die der Industrie, Banken, Großagrarier, Adelsgeschlechter, Kirchen, Staatsbeamten, Haus- und Grundbesitzer, Handwerksmeister und kleinen Krauter jetzt vertreten? So wie der Marxismus die gezielte Sabotage der Arbeiterbewegung war, so war der nur Opfer für das Vaterland fordernde und soziale Anliegen der Massen als Kommunismus verhetzende Patriotismus der Reaktionäre die gezielte Sabotage des Bürgertums.
Sie alle mieden die breite Masse, und erst, als aus ihr selbst heraus der Drang nach gleichen Rechten sich politisch zu organisieren versuchte, und das Judentum in seiner Schlauheit die Fäden in die Hände nahm, begann man auf der rechten Seite einzusehen, daß eine neue Macht im Staate sich damit zu bilden begonnen hatte, ein neuer, vierter Stand. (Hitler, ebenda)
Jetzt war er schon bei seinem einzigsten Thema und gleichzeitig bei einem verräterischenen Widerspruch, wie wir gleich sehen werden:
Zu viele Jahrzehnte sah man diese unteren Volksgenossen nicht, blieb ihnen fremd und verlor jeden Instinkt für sie, bis auf der einen Seite Standesdünkel und auf der anderen der Klassenwahn jene unüberbrückbare Kluft schufen, an der das deutsche Volk endlich seinen Untergang erleiden mußte. Denn als Gegenwirkung des Standesdünkels kam nun auf der anderen Seite der organisierte Klassengedanke, die Massen wurden planmäßig verhetzt, und zwar gerade von dem Volk, dem es wahrhaftiger Gott nicht darum zu tun war, der breiten Masse Segnungen zu bringen, als vielmehr in dieser Masse nur die Schrittmacher des eigenen Vorteils sah. Derselbe Jude, der auf der einen Seite dem Bürgertum die übelsten Gewohnheiten als Morgengabe mitgebracht [hatte], der gleiche Jude war es nun, der auf der anderen Seite die Massen aufpeitschte und aufwiegelte und jeden Fehler, der dem einen unterlief, dem anderen in tausendfältig verzerrter Größe wieder zeigte. (Hitler, ebenda)
Denn die soziale Not der Massen soll eben gerade wieder nicht das Thema der Partei sein, sondern nur "der Jude":
Es war derselbe Jude, der auf der einen Seite als kapitalistischer Tyrann die Massen zur Verzweiflung trieb, um auf der anderen diese Verzweiflung so lange zu steigern, bis die Massen endlich reif wurden zum Instrument in seiner Faust. (Hitler, ebenda)
Damit war er bei den Fäusten, also der Gewalt, die er selbst nun anwenden wollte:
Die bürgerlichen Parteien sind die geborenen Pazifistenklubs. Damit aber fehlt ihnen nicht nur die Angriffskraft und Angriffslust, sondern auch jede Angriffsmöglichkeit. Denn wer einen Zustand ändern will, muß selbst angreifen und darf nicht warten, bis er angegriffen wird.
...
Sie hatten nie den Mut zu sagen: Dort liegt unser Ziel, da ist der Feind, und nun drauf und nieder mit ihm; und erst an dem Tag, an dem der letzte am Boden liegt, erscheint der Sieg uns gesichert. (Hitler, ebenda)
Seine Lehre aber könne nur in der breiten Masse wurzeln, heißt es weiter, weil nur diese die rücksichtslosen (und auf den Sold aus seiner gefüllten Parteikasse angewiesenen) Kämpfer stelle. Merkwürdigerweise enthüllte Hitler seinen Zuhörern zum Schluss noch, dass seine Hetze nur ein massenpsychologischer Trick war:
Einen Kampf muß man, um ihn der breiten Masse verständlich zu machen, immer gegen zwei Dinge führen: gegen die Sache und ihre Person. ... Gegen wen hat England gekämpft? Gegen den Deutschen Kaiser als Person und den Militarismus als eine Sache. Gegen wen kämpft das Judentum mit seiner marxistischen Macht? Gegen das Bürgertum als Person und den „Kapitalismus“ als Sache. ... Gegen wen aber hat deshalb diese Bewegung zu kämpfen? Gegen den Juden als Person und den Marxismus als seine Sache.
...
... In dem Maß, in dem Sie immer mehr Ziele aufzustellen sich bemühen, sinkt die Zuversicht, der Glaube des einzelnen, und es fällt damit das festeste Fundament, das ein Mensch haben kann, nämlich die Überzeugung, tatsächlich für ein Recht zu fechten. Darauf aber kommt es an. Die Menschen und Völker müssen, wenn man sie wirklich kraftvoll ansetzen will, die Überzeugung erhalten, daß sie für eine Sache kämpfen, die rechtlich vollständig begründet ist. Deshalb aber ist es notwendig, wenige Kriegsziele aufzustellen und nur einen Feind zu wählen, auf daß es jeder sehen kann:
Dieser ist der Schuldige allein. (Hitler, ebenda)
In dieser Rede haben wir eine kurze Zusammenfassung zum Verständnis der gesamten NS-Bewegung: Wen wollte Hitler mit einer Partei gegen die Juden ansprechen? Wer die Juden für eine große Gefahr hielt, Hitler und seinem Rosenberg Glauben schenkte, würde sich aus Angst fern halten. Wer aber dachte, dass die Juden nur halb so mächtig und böse seien, wie es Hitler in endlosen Reden und Rosenberg in vielen Schriften predigten, musste doch mit dem Aufstieg Hitlers zur Macht befürchten, dass der NS ein besonders übler Schwindel zum Schaden des deutschen Volkes sein würde.
Nach dem verheerend schlechten Ergebnis bei den Reichstagswahlen 1928, als sich die NSDAP mit 2,6 Prozent der Stimmen begnügen musste, erging die Weisung an alle Parteigliederungen, in ihrer Propaganda den Antisemitismus zurückzuschrauben, der vor allem auf bürgerliche Kreise abschreckend wirkte.
Bechstein - Hammerstein - Moskau
Beim Staatsbegräbnis für Edwin Bechstein am 20. September 1934 steht neben Helene Bechstein Hitler und gleich neben dem Kurt von Hammerstein-Equord, bis zum 31. Januar 1934 Chef der Heeresleitung. Er war nicht in offizieller Funktion aufgetreten, sondern als großer Freund der Familie Bechstein, es fehlte nur ein weiterer Freund der Familie und des Generalobersten, der ehemalige Reichskanzler Kurt von Schleicher, den Hitler am 30. Juni 1934 hatte erschießen lassen.
Das Foto enthüllt die Hintergründe des Aufstiegs Hitlers. Durch Dietrich Eckart trafen die Bechsteins Adolf Hitler im Juni 1921 in ihrer Berchtesgadener Villa. Helene Bechstein wurde eine frühe Verehrerin Hitlers, heißt es auf Wiki und bei unseren Historikern. Während seiner Festungshaft 1923/1924 in Landsberg am Lech besuchte sie ihn oft und gab sich einmal als seine Adoptivmutter aus. Sie führte den nicht sehr stilsicheren Hitler in die bessere Gesellschaft in Berlin ein und verhalf ihm mit Hilfe von Elsa Bruckmann und Winifred Wagner zu einem neuen Image, u. a. unterrichtete sie ihn in Tischmanieren und ließ ihn neu einkleiden. In ihrem Berliner Salon wurde Hitler mit einflussreichen Persönlichkeiten wie der Familie von Hammerstein und General Kurt von Schleicher bekannt. Hitler erhielt nach eigenen Angaben von ihr einen Hund samt Hundepeitsche und sie von ihm angeblich das Originalmanuskript von Mein Kampf.
Edwin Bechstein war ebenso wie seine Frau ein Verehrer Adolf Hitlers. Während dessen Festungshaft in Landsberg besuchte er ihn insgesamt sechs Mal. Nach der Entlassung aus der Festungshaft kaufte sich Hitler 1924 einen Pkw von Benz & Cie. Er bezahlte dieses Fahrzeug aus einem Kredit, für den Edwin Bechstein nicht nur bürgte, sondern den er auch zurückzahlte. Bechsteins Berliner Wohnung diente am Ende der Weimarer Republik auch konspirativen Zwecken. So traf sich Hitler am 29. Januar 1933, einen Tag vor der Machtergreifung dort mit Generaloberst Kurt von Hammerstein-Equord, damals Chef der Heeresleitung. Die Bechsteins unterstützten Hitler mit großen Geldsummen und bürgten oft für hohe Kredite. Auch finanzierten sie erste Ausgaben der Parteizeitung Völkischer Beobachter, heißt es da weiter. Jaja, die blauen Augen und seine Stimme, die Weiber wären alle so hingerissen gewesen. Aber es war ganz anders herum:
Die Bechsteins waren wie die Bruckmanns und noch mehr die Wagners in Bayreuth mit dem verlorenen Krieg und der Inflation ruiniert, das beträchtliche Auslandsvermögen der Firma Bechstein in England, Frankreich, Russland und den USA war enteignet worden. Die Kunden der Klavierfabrik wie auch die Leser des Buch- und Zeitungsverlags Bruckmann und die vielen Freunde Bayreuths hatten alles verloren.
Die Frauen sind da recht praktisch veranlagt und lieben keinen Hitler, sondern wertvollen Schmuck und viel Geld, beides floss reichlich aus Moskau. In Russland hatten die Marxisten die Villen der Bourgeoisie geplündert und mussten den Schmuck und die Kunstwerke im Ausland zu Geld machen, warum wir oft bei Historikern lesen, die von Hitlers blauen Augen hingerissenen Damen hätten ihren Familienschmuck ins Leihhaus gebracht, um das Geld der Partei zu schenken. Mit Schmuck und Kunstwerken erhielt Hitler vom Kaffeehändler Richard Franck 60.000 Schweizer Franken geliehen, deren Kaufkraft heute mindestens 6 Millionen Euro wäre, für die Notleidenden damals eher 60 Mio. Euro:
Der Erbe der Ludwigsburger Kaffeefirma zum Beispiel lieh Hitler 1923 dringend benötigte 60.000 Schweizer Franken - zu eine Zeit, als die Hyperinflation die Mark fast wertlos gemacht hatte - nur gegen eine Sicherheit in Form von Schmuck und Kunstwerken, die dem NSDAP-Führer von Verehrerinnen geschenkt worden waren. (Henry A. Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, S. 76)
Die Töchter des Generalobersten verliebten sich gleich in den Nachrichtendienst der Kommunistischen Partei und dessen Mitarbeiter, was die Freundschaft mit den Bechsteins nicht getrübt hat. Für die Hitler bemutternden Damen fiel bei der Geldwäsche genug ab, um die Firmen ihrer Gatten und die Freunde Bayreuths vor dem Ruin zu retten.
Der Krieg und die Inflationszeit, danach noch die Weltwirtschaftskrise ab 1929, trafen die Klavierfabrik Bechstein hart:
Der Erste Weltkrieg war eine gewaltige Zäsur. Vorher hatte man mit rund 1.100 Beschäftigten jährlich fast 5.000 Instrumente gebaut. ... Die Kunden hatten kein Geld, jedenfalls keines, das etwas wert war; also stellte Bechstein ihnen seine Produkte erst einmal unbezahlt ins Haus. ...
Die Familie dagegen schien noch über beachtliche Mittel zu verfügen. Besonders großzügig gab sich Helene Bechstein, geborene Capito, Edwins Gattin. Edwin Bechstein war 1916 ausgezahlt worden, nachdem die zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen den beiden verbliebenen Brüdern nicht mehr anders zu schlichten waren. 1923 wurde C. Bechstein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, und bei dieser Gelegenheit kauften sich entweder Edwin Bechstein oder seine Frau oder beide wieder in das Unternehmen ein.
... Nüchtern besehen brach die C. Bechstein AG im Jahr 1933 zusammen. Bei der Restrukturierung 1934 errang Helene Bechstein die Aktienmehrheit.
Kurt von Hammerstein-Equord ist wieder ein Beispiel dafür, wie klein die Welt der politischen Netzwerke ist. Die anderen waren mit der Jagd und ihren Rittergütern vollauf beschäftigt und mussten ihre Töchter und Söhne standesgemäß verheiraten. Da blieb wenig Zeit für die Politik, bis die feindlichen Panzer vor den Schlössern und Gutshöfen standen und die Kinder fliehen mussten, verschleppt wurden oder ihr Leben verloren.
Früh schloss er Freundschaft mit Kurt von Schleicher, der im gleichen Garderegiment diente. Hammerstein verfasste 1914 die ersten Heeresberichte aus dem Großen Hauptquartier und war ab 1916 im Großen Generalstab, 1918 Ia im Generalstab der Generalkommandos. 1919 diente er unter seinem Schwiegervater General Walther von Lüttwitz im Generalstab des Korps Lüttwitz. Am Kapp-Lüttwitz-Putsch hat er sich aber nicht beteiligt, so dass er seine Karriere fortsetzen konnte. Walther von Lüttwitz wurde so der Großvater von Sowjetagentinnen, die Welt ist klein und nur die gut Vernetzten machen Karriere.
1923 war Hammerstein Bataillonskommandeur an der Münchner Infanterieschule, am 8./9. November aber unterwegs und hat einem seiner Leutnants auf die Bitte um Verhaltensmaßregeln telegrafiert: „Preußischen Vorgesetzten gehorchen!“ Ein Großteil der ca. 350 Offiziere, Offizieranwärter und Mannschaften war im Deutschem Kampfbund aktiv. Bereits Mitte Oktober 1923 empfahl der Chef der Heeresleitung, General Hans von Seeckt, die vorübergehende Schließung der Schule, konnte sich aber gegen die Bedenken des Reichskanzlers Gustav Stresemann nicht durchsetzen. Am 8. November 1923 gelang es den Putschisten, den Schulkommandeur festzunehmen, und 20 Offizieren sowie 80 Offiziersanwärtern, sich als sogenannte Sturmkolonne Ludendorff am Hitlerputsch zu beteiligen. Hammerstein war aber abwesend. In einem Flügel des Schulgebäudes wurde 1924 der Hitler-Ludendorff-Prozess durchgeführt. Die Welt ist klein.
Während der Weimarer Republik hatte die Reichswehr umfangreiche Kontakte u. a. mit der Geheimen Fliegerschule und Erprobungsstätte der Reichswehr sowie der Panzerschule Kama zur Sowjetarmee. Hammerstein kannte aus dieser Zeit zahlreiche hohe Offiziere wie Tuchatschewski und Woroschilow und pflegte persönliche Kontakte.
Zwischen dem 26. und 27. Januar 1933 kam es zwischen Hammerstein und Hindenburg zum Gespräch über eine Kanzlerschaft Hitlers. Hammerstein könnte bei einem (möglicherweise ersten) Gespräch mit Hindenburg am 26. Januar 1933 der Meinung gewesen sein, Hitler solle wegen der ansonsten bestehenden Gefahr eines Bürgerkriegs Kanzler werden, so wie er dies zwei Tage später, am 28. Januar 1933, nach den Tagebuchaufzeichnungen seines Vertrauten Ferdinand von Bredow, der 1934 ermordet wurde, diesem kundtat. Das möglicherweise zweite Treffen Hammersteins mit Hindenburg wäre dann in Begleitung durch von dem Bussche am 27. Januar 1933 erfolgt. Letzterer soll dabei gegen, Hammerstein (erneut) für eine Kanzlerschaft Hitlers plädiert haben, heißt es bei Wikipedia und wir können das gut glauben.
Hammerstein lud Hitler für den 3. Februar 1933 zu einem Abendessen in seiner Privatwohnung ein, das wohl zum 60. Geburtstag des Reichsaußenministers Konstantin von Neurath stattfand und zu dem auch die höheren Generäle erschienen, die sich zu einer Befehlshaberbesprechung in Berlin aufhielten. Beim Abendessen in der Wohnung Hammersteins versuchte Hitler, die Generalität für sich zu gewinnen, seine Rede war aber nach den erhaltenen Mitschriften ein ziemlicher Blödsinn, nur dass er den Generalen versicherte, er werde der SA und damit Röhm keinen Einfluss auf die Armee erlauben und die Armee nicht für politische Aufgaben im Inland einsetzen, dafür habe er seine Parteiorganisationen. Eine Aufzeichnung der Rede durch Hammerstein-Equord oder seine Töchter war Tage später in Moskau.
Dass Hammerstein die kommunistischen Ideen und Kontakte seiner Töchter nicht unterband, war damals bekannt. In der Zeit von 1930 bis 1937 gehörte die Österreicherin Ruth von Mayenburg zu seinen engen Freunden. Selbst als sie sich in Deutschland nur noch mit falschen Papieren aufhalten konnte, war sie wiederholt Gast in seinem Haus, so zu seinem Geburtstag 1936. Mit ihr, die unter dem Decknamen Lena und Ruth Wieden als Kurierin und Agentin der Komintern und der Spionage der Sowjetarmee arbeitete, führte Hammerstein zahlreiche Gespräche, über sie tauschte er konspirativ Nachrichten etwa mit dem damaligen Verteidigungsminister Woroschilow aus.
Marie Luise von Hammerstein wurde mit 19 Jahren Mitglied der KPD, für die sie seit 1930 verdeckte Aufträge ausführte. Während ihres Jurastudiums soll sie eine Liebesaffäre mit dem kommunistischen Reichstagsabgeordneten Werner Scholem gehabt haben.
Helga von Hammerstein lernte als 15-Jährige 1928 im Sozialistischen Schülerbund den Sowjetagenten Leo Roth kennen. Die beiden zogen im Berliner Scheunenviertel zusammen, wo auch der bisherige Freund Helgas wohnte, Nathan Steinberger, der mit 14 Jahren Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands wurde und sich am Aufbau der Kommunistischen Pennälerfraktion und des Sozialistischen Schülerbunds beteiligte. 1930 verließ Helga das Gymnasium, trat der KPD bei und stellte sich ihr unter dem Decknamen „Grete Pelgert“ zu Verfügung. 1935 bis 1936 lieferte Helga auch Gerd Kaden Informationen, der seit den 1920er Jahren verdeckt für den Militärischen Apparat der Kommunistischen Partei Deutschlands arbeitete.
Leo Roth wurde 1929 hauptamtlicher Funktionär im illegal operierenden „BB-Apparat“, der Organisation für Betriebsberichterstattung der KPD, 1930/1931 erhielt er eine nachrichtendienstliche Ausbildung in einer Spezialschule mit angeschlossenem militärischen Training („M-Schule“) in der Sowjetunion. Roth hatte über Helga Kontakt zu ihren beiden älteren Schwestern Marie Luise und Marie Therese.
Insgesamt erhielten Roth und andere aus diesen Quellen geheime Informationen aus Politik und Reichswehr, über die der Vater der drei Töchter auch nach seiner Privatisierung Ende Januar 1934 weiterhin verfügte. So stammt vermutlich die ausführlichste der Aufzeichnungen über die Rede Hitlers am 3. Februar 1933 vor Mitgliedern der Reichswehr in der Dienstwohnung Hammersteins aus seinen Unterlagen; sie wurde erst 2000 im Archiv der Komintern entdeckt. Roths Abteilung gelangte 1933 an Photokopien der streng geheimen Anklageschrift gegen die Angeklagten im Reichstagsbrand-Prozess, Georgi Dimitroff, Marinus van der Lubbe und andere. Roth brachte die Kopien persönlich nach Paris, wo sie dem „Untersuchungsausschuß zur Aufklärung des Reichstagsbrandes“, der von Willi Münzenbergs „Weltkomitee für die Opfer des Hitler-Faschismus“ gegründet worden war, übergeben wurde.
In den meisten Geschichtsbüchern wird behauptet, die NSDAP wäre sozusagen eine ganz moderne Partei gewesen und habe sich durch Mitgliedsbeiträge, Eintrittsgelder zu ihren Veranstaltungen, den Verkauf von Hitlerbildchen, Uniformen, Schriften, Braunhemden, Sturm-Zigaretten (also modernes Merchandising) und Kleinspenden finanziert und auf den Straßen war die SA mit Sammelbüchsen so erfolgreich.
Die Wahrheit ist für Quellenkundige längst bekannt, wird aber unterdrückt. Für Marxisten durfte kein Geld aus Moskau geflossen sein, sondern böse Kapitalisten, Rüstungsfabrikanten, Imperialisten hätten Hitler finanziert und an die Macht gebracht. Die hätten Profit mit Panzern, Kanonen, Fliegern und Munition scheffeln und die eroberten Länder ausplündern wollen. Vor allem fürchteten die Ausbeuter den Kommunismus Stalins, das Paradies der Arbeiter und Bauern, wovon die deutschen Arbeiter und Bauern träumten und darum von den Nazis beherrscht werden mussten.
Der US-Historiker Stefan Thomas Possony hat in seinem Werk Zur Bewältigung der Kriegsschuldfrage die Angaben Arnold Rechbergs über sein Gespräch mit General von Schleicher veröffentlicht, das kurz nach dem Erfolg der NSDAP in den Wahlen vom September 1930 stattfand. Es ist also alles kein Geheimnis:
Laut Rechberg habe General von Schleicher nach eigenen Angaben den Erfolg Hitlers möglich gemacht und seit 1929 Hitler aus seinen geheimen Reichswehrfonds mit 40 Millionen Goldmark direkt finanziert (Quelle im Bild anklicken).
Das Besondere an der Aussage Schleichers ist nun, dass Stalin die Förderung Hitlers für ein Bündnis Deutschlands mit Russland gegen Frankreich und England ausdrücklich gewünscht habe. Hitler wäre der Mann, die Aufrüstung der Armee gegen den Widerstand der Siegermächte Frankreich und England durchzusetzen.
Rechberg hatte die wirkliche Absicht von Stalin seinerzeit schon lange erkannt und in unzähligen Artikel in der Presse publiziert, wie jeder Quellenkundige wissen muss. Arnold Rechberg hat das also nicht erst 1945 erfunden.
Bereits am 10. April 1931 hatte Rechberg in dem Berliner Blatt Das kleine Journal behauptet, "dass der Kreml deutsche Nationalisten dazu bringen wolle, Polen anzugreifen, ein deutsch-polnischer Krieg könne nicht isoliert bleiben, sondern werde sich zu einem neuen großen Krieg entwickeln, der dann die großen Nationen sturmreif für den Endangriff des Bolschewismus machen würde."
Arnold Rechberg brauchte dazu kein Prophet zu sein, logisches Denken musste jeden zu diesem Schluss führen und so ist es dann ja auch gekommen.
Rechberg hat den dann im Juni 1934 auf Befehl Hitlers ermordeten General von Schleicher gewarnt, dass Hitler sich zum Diktator aufschwingen würde. General von Schleicher hat das nicht geglaubt, denn so etwas wie den Reichstagsbrand, die Notverordnungen und die Partreiverbote keine zwei Jahre später konnte er sich wohl nicht vorstellen. Selbstverständlich hätte die Reichswehr unter ihrem Chef Hammerstein-Equord das noch verhindern können, aber das wollte Stalin nicht und Hammerstein war zwar der Freund des Generals von Schleicher, aber noch mehr ein treuer Agent Moskaus.
Bestätigt wurden die Angaben Arnold Rechbergs durch Walter Schellenberg, Chef des RSHA, der es von Wilhelm Keppler erfahren hatte.
Keppler nannte 42 Millionen und bezeichnete den Obersten Walter Nicolai als Mittelsmann Schleichers zu Stalin. Nicolai war im Ersten Weltkrieg Chef des deutschen Nachrichtendienstes gewesen und nach dem Krieg eng verbunden mit Erich Ludendorff. Letzteres ist darum wichtig, weil Nicolai ein Netz der Weißen im Bürgerkrieg in Russland als Mitarbeiter Ludendorffs und Scheubner-Richters unter seine Obhut bekam und an die Tscheka verraten hat. Die Historiker wollen ganz naiv nicht erkennen, dass Nicolai "Erklärungen" des Großfürsten Kyrill Romanow an die Adressen von Gegnern der Marxisten in Russland "geschmuggelt" hat, damit die Empfänger verhaftet werden konnten:
Aufbau under Scheubner-Richter’s guidance used Kirill’s declarations to undermine Soviet authority. Aufbau smuggled Kirill’s manifestos into the Soviet Union. This subversive action elicited a memorandum from Feliks Dzerzhinskii, the head of the Narodnyi komissariat vnutrennikh del (People’s Commissariat for Internal Affairs, NKVD), which stressed that Soviet censorship of foreign mail was doing a poor job, as evidenced by the widespread presence of Kirill’s declarations in the Soviet Union. (Kellog, Russian Roots, S. 156f)
Unsere Historiker schweigen sich zu den Umtrieben Nicolais im Umfeld Ludendorffs und Scheubner-Richters aus und werden schon ihre Gründe haben. So wurde zum Beispiel ein Aufruf des Großfürsten Kyrill mit der Post(!) an die bekannten Unterstützer des Thronfolgers nach Russland versandt, so dass die Tscheka die Empfänger der Briefe verhaften konnte. Nicolai war so dumm nicht, als professioneller Agent, und hatte während des Ersten Weltkriegs eng mit den späteren Sowjets paktiert, die ja nur als von Deutschland bezahlte Agenten in Russland an die Macht kamen.
Der Historiker Stefan T. Possony hat die Angaben nachgeprüft, ob es also sachliche Hinweise gibt, dass der NSDAP im Jahr 1930 (eigentlich bereits seit 1929) plötzlich enorme Summen Geldes zuflossen.
Er konnte den Aufwand für die eigentlichen Parteiausgaben nicht ermitteln, aber für das NS-Pressewesen war eine interne Aufstellung des Eher-Verlags durch einen Franz Hartmann die Quelle.
Zwischen 1926 und 1932 stieg die Zahl der NS-Tageszeitungen von 1 auf 10 im Jahr 1929 und 59 im Jahr 1932, die Auflage stieg von etwa 10.000 auf 72.000 in 1929 bis täglich 780.000 Exemplare im Jahr 1932.
Der Vertrieb von Zeitungen ist immer ein Zuschussgeschäft, vor allem in einer Weltwirtschaftskrise, wenn den Lesern schon das Geld für eine warme Suppe fehlt. Selbstverständlich behauptet bis heute jeder Verlag, die Leser würden die Zeitung bezahlen, aber in Wahrheit verkauft sich jede Redaktion an Interessenten für wirtschaftliche und politische Ziele meist übelster Natur. Parteizeitungen sind sowieso gekauft und verschlingen Tag für Tag ein Vermögen, um Wähler an die Urnen zu treiben.
Possony scheint noch nicht geahnt zu haben oder es nicht behaupten zu wollen, dass der Chef der Heeresleitung, General von Hammerstein-Equord, schlicht ein Sowjetagent war, die Töchter arbeiteten für den Nachrichtendienst Moskaus. Moskau zahlte und so ein altes Adelshaus, hat seit jeher mal zu der einen oder anderen Seite in einem Soldverhältnis gestanden und das nicht als ehrenrührig empfunden. So waren sie halt, die alten Rittersleut, die Güter kosteten ein Vermögen und ohne gewaltige Einkünfte war keine Karriere möglich.
Über Hammerstein stand General von Schleicher, seit 1929 Chef des Ministeramtes im Reichswehrministerium, zuletzt noch Reichskanzler. Possony hat Recht, dass es eine kleine Gruppe war, aber nur diese hatte das Geld zur Finanzierung der Schwarzen Reichswehr durch ihre Verbindungen mit Moskau. Aus den Haushaltsmitteln für die Reichswehr der Weimarer Republik war das nicht zu bestreiten und es hätte am nächsten Tag in den Zeitungen gestanden. Aber Geld aus Moskau war so geheim wie die Lager in Sibirien, in denen Verräter verschwanden, da schwiegen auch die Blätter der KP, nur Die Weltbühne hat mal etwas über die deutsch-sowjetische Zusammenarbeit in der Luftfahrt veröffentlicht, wofür ihr "Sitz-Redakteur" Ossietzky einsitzen musste.
Seit Generaloberst Hans von Seeckt, der von 1920 bis 1926 Chef der Heeresleitung war, hatte die Führung der Reichswehr in der Zusammenarbeit mit Moskau die letzte Hoffnung gesehen, dass Deutschland wieder zu einem gleichberechtigten und souveränen Staat werden könne. Die Motive der meisten Offiziere waren patriotisch und ehrbar, Deutschland zwischen dem feindlichen Frankreich und Polen eingekeilt, wirtschaftlich von der Entente ausgeplündert, hatte nur Moskau als Verbündeten. Nur die Hammersteins wurden richtige Agenten der Sowjets, alle anderen hofften, dass Offiziere der Roten Armee wie Marschall Tuchatschewski eines Tages Stalin stürzen würden. Diese Hoffnung war auch durch Stalin zum Zweck der Zusammenarbeit mit Deutschland genährt worden und musste schließlich durch die Ermordung Tuchatschewskis und eines Großteils des Offizierskorps der Roten Armee 1937 wieder niedergeschlagen werden, Heydrich lieferte Material für die Anklagen nach Moskau.
Arnold Rechbergs politische Erkenntnisse
Arnold Rechberg (1879-1947) war der reiche Erbe eines Tuchfabrikanten, sein Bruder Fritz war Gesellschafter und Vorstandsvorsitzender der Kaliwerke Wintershall und Aufsichtsratsvorsitzender der Wintershaller Finanzierungsgesellschaft Kali-Industrie AG. Ab dem Jahr 1904 besuchte Arnold die Kunstakademie Académie Julian in Paris und lernt Bildhauerei, die Werke waren vom Jugendstil beeinflusst. Er lebte teils in Florenz und Paris und fand dort Anerkennung und Anschluss an Künstlerkreise, aber auch zu politischen Kreisen.
Bereits vor 1914 engagierte sich Arnold Rechberg für ein Bündnis Frankreichs mit Deutschlands durch eine Verflechtung der Industrie von Kohle und Stahl, wie es nach 1945 mit der Montanunion verwirklicht wurde. Die wirtschaftliche Verflechtung würde die Zusammenarbeit der Staaten in der Außenpolitik nach sich ziehen und die alte Feindschaft und Rivalität überwinden. Für den rational denkenden Rechberg wurde Politik letztlich durch die Wirtschaft bestimmt.
Aus Arnold Rechbergs Bericht für Oberst Hoffmann vom 26. 4. 1917:
Es darf nie aus den Augen verloren werden, daß der Krieg von Seiten Englands gegen die deutsche Industrie geführt wird. Ein sehr hervorragender englischer Diplomat hat mir vor dem Kriege wörtlich gesagt: „Wenn es uns nicht gelingt die deutsche wirtschaftliche Expansion mit Waffengewalt anzuhalten, gehen wir wirtschaftlich während des Friedens verloren. In vielen wichtigen Plätzen unserer Kolonien sind 2/3 des Wirtschafts-Umsatzes in deutschen Händen. Allerdings werden wir durch die Vernichtung des deutschen Wirtschaftslebens selbst schwer geschädigt. Wir werden ferner gar nicht einmal in der Lage sein, die deutsche Industrie durch unsere eigene Produktion zu ersetzen, wenn sie vernichtet sein würde. Aber trotzdem ist die Alternative, daß wir beim Fortbestehen des Friedenszustandes in der Welt und im eigenen Hause erstickt werden, der für uns unerträglichere Fall.”
(Eberhard von Vietsch: Arnold Rechberg, S. 169)
Nach 1918 trat Rechberg dafür ein, durch die Beteiligung der Engländer und Franzosen an der deutschen Industrie die Reparationen zu senken und einen gemeinsamen Markt ohne nationale Konkurrenz zu schaffen. Er war seiner Zeit aber zu weit voraus.
Arnold Rechberg hatte bereits im Jahr 1915 mit Verbindungen auf höchster Ebene um einen Frieden mit Frankreich verhandelt:
Rechberg selbst war von Erzberger ausersehen worden, an den weiteren Verhandlungen mit d’Adda beteiligt zu werden. Rechberg hatte d’Addas Berichte auch dem Hauptquartier des Kronprinzen
zugeleitet und war daraufhin zum kronprinzlichen Stabe kommandiert worden. Alsbald kam jedoch ein ihm unverständliches Telegramm, daß er sich bei seiner Ersatz-Eskadron in Wandsbek zu melden
habe. Wenig später, am 9. 3. 1915, wurde Rechberg — für ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel — von den Militärbehörden verhaftet und in die Militärarrestanstalt Altona eingeliefert. Der „Fall
Rechberg” begann.
Die Klärung dessen, was dieser Verhaftung zugrunde lag, ist im Einzelnen nur noch schwer möglich und auch kaum erforderlich. Im wesentlichen ging es um den Vorwurf, Politik ohne Auftrag getrieben
zu haben, gelegentlich auch mit dem leisen Verdacht der Spionage; daneben existierten einige kleinere Beschuldigungen, wie die der unerlaubten Entfernung Rechbergs von der Truppe. Daß der Urheber
der Verhaftung die Abteilung Hlb des Generalstabes unter Major Nicolai war, steht fest, wie denn Nicolai später in seinem Buch „Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg”81)
darlegte, daß es vor allem gegolten habe, den in seiner Vergangenheit undurchsichtigen Rechberg aus der Umgebung des Kronprinzen zu entfernen. Es ist auch möglich, daß die Gegnerschaft der
Militärs zu Erzberger in diese Angelegenheit hineinspielte ; denn Rechberg wurde von Nicolai als politisches Organ Erzbergers bezeichnet.
Fest steht weiterhin, daß die obersten politischen Instanzen des Reiches, die Rechberg zu Anfang seiner diplomatischen Bemühungen offensichtlich ermuntert hatten, ihn jetzt gegenüber den Militärbehörden in gewissem Sinne im Stich ließen. Bethmann-Hollweg ließ erklären, daß er zwar mit Rechberg konferiert, ihm aber keinen Auftrag erteilt habe. Das gleiche sagte der Staatssekretär von Jagow, freilich mit der wichtigen Einschränkung, daß es möglich sei, daß Rechberg sich selbst für beauftragt gehalten habe.
(Vietsch, ebenda, S. 32)
Der Geheimdienstchef Major Nicolai hätte sich besser um seinen Agenten Wilhelm Canaris kümmern sollen, der 1915 als chilenischer Staatsbürger Reed Rosas getarnt auf dem niederländischen Frachter Frisia nach Amsterdam gelangte, ohne bei der Kontrolle durch Abwehroffiziere der Royal Navy in der Zwischenstation Plymouth entdeckt zu werden. 1916 musste Canaris als deutscher Agent in Spanien, angeblich von britischen Agenten verfolgt, von einer geheimen Adresse zur nächsten "flüchten", womit er das deutsche Netz seinen britischen "Verfolgern" aufdeckte. Walter Nicolai sollte solche Tricks kennen, wer Wilhelm Canaris nach einem kurzen Blick in dessen Personalakte nicht in den Kerker warf, hat dessen Treiben gedeckt. Nicolai hat dann zum Schaden Deutschlands Rechbergs Friedensgespräche vereitelt. Rechberg wurde nach seiner Verhaftung unter Schock in eine Klinik für Nervenkranke eingeliefert, die Militärbehörde erklärte ihn für geisteskrank. Jedenfalls hat Rechberg seitdem Walter Nicolai zutreffend eingeschätzt und dessen spätere Arbeit für die Sowjets erkannt.
Arnold Rechberg an den Hauptschriftleiter der „Vossischen Zeitung” Eibau, Berlin, den 23. Mai 1929:
Sehr geehrter Herr Eibau!
Bei folgend sende ich Ihnen zur Kenntnisnahme einen Aufsatz, den ich im „Neuen Wiener Journal” veröffentlicht und dem „Kasseler Tageblatt” zum zweiten Abdruck überlassen habe. Seitdem habe ich
weitere zuverlässige Nachrichten darüber erhalten, daß Moskau fieberhaft an der nationalsozialistisch faschistischen Diktatur in Deutschland arbeitet, die in einem neuen blutigen Krieg
Deutschlands gegen Polen-Frankreich zusammenbrechen und dann endgültig von dem Bolschewismus in Deutschland abgelöst werden soll.
(Vietsch, ebenda, S. 215)
Damit sind wir im Jahr 1929 mit der Großen Depression, die mit dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 begann. Eingeweihte Kreise wussten es lange vorher und die großzügige Finanzierung der Wahlkämpfe der NSDAP hatte bereits zum Beginn des Jahres Aufsehen erregt; ein Arnold Rechberg konnte sich die Geldquelle denken.
Weltwirtschaftskrise und Aufstieg des NS
Die Weltwirtschaftskrise war die Folge der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken in England, USA, Frankreich und Deutschland. Also genau das Gegenteil einer inflationistischen Politik, die jetzt für die Beendigung und Überwindung der mörderischen Depression notwendig gewesen wäre.
Die traumatische Erfahrung der Inflation lag in Deutschland nur 6 Jahre zurück und war im damals ruinierten Bürgertum seelisch nicht verarbeitet. Kein Politiker durfte es wagen, zur Überwindung von Krise und Massenarbeitslosigkeit niedrige Zinsen und eine kräftige Ausweitung der Staatsverschuldung zu fordern.
Das wussten alle Politiker. Wer die Krise durch eine aktive Konjunkturpolitik, wie mit dem WTB-Plan vom 26. Januar 1932, überwinden wollte, wurde nicht nur von den reaktionären Kreisen um Hugenberg angegriffen und als gefährlicher Inflationist diffamiert, sondern sogar von den Wortführern für Wirtschaft und Finanzen der SPD, wie Rudolf Hilferding und Fritz Naphtali.
Wladimir Woytinsky, der vom Marxismus bekehrte Sohn eines jüdischen Mathematikprofessors in Russland, war der Hauptverfasser des im April 1932 vom ADGB formell beschlossenen WTB-Plans für eine expansive Wirtschaftspolitik. Er fand wenig Unterstützung, Hilferding behauptete sogar, Woytinsky habe das Wertgesetz von Karl Marx nicht verstanden, andere meinten, man dürfe nicht Arzt am Krankenbett des Kapitalismus spielen, oder warnten gleich davor, die schwere Krise noch durch Inflationspläne zu verschärfen. Als Brüning wegen seiner Sparpolitik durch ein Misstrauensvotum von NSDAP und Kommunisten gestürzt werden sollte, stimmte die SPD für Brüning, um eine inflationistische Politik zu verhindern.
Sogar der später unter Hitler die expansive Geldpolitik betreibende Hjalmar Schacht behauptete noch 1932 in einem Buch, dass in der Krise der Wirtschaft nicht das Geld fehle, sondern das Kapital, dieses müsse jedoch erst erarbeitet und erspart werden.
Die Weltwirtschaftskrise in Reden und Schriften des NS
Um nicht des Inflationismus verdächtigt und bei den nächsten Wahlen die Zustimmung der durch die Inflation traumatisierten Wählerschaft zu verlieren, durfte in öffentlichen Reden und Schriften der Wortführer des NS das Thema Geldpolitik nicht behandelt werden, weder als restriktive Geldpolitik und Ursache der mörderischen Depression, noch als expansive Geldpolitik und Heilmittel zu deren Überwindung. Der Stürmer erwähnt in den Jahren 1930, 1931 und 1932 die Weltwirtschaftskrise und die Massenarbeitslosigkeit überhaupt nicht, das war einfach kein Thema, um keine Diskussionen über Geldpolitik auszulösen.
Wenn Hitler oder gar Gottfried Feder sich zur Ursache von Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit äußern mussten, hätte der Blödsinn genau so ungekürzt im Vorwärts der SPD oder im Deutschen Volkswirt publiziert werden können. Nur dass Der Deutsche Volkswirt noch härter als Brüning sparen wollte, die Krise wäre nur deshalb noch nicht überwunden, weil noch nicht hart genug gespart worden wäre. Hitler wie Feder haben einfach den üblichen Schwachsinn wiederholt, um jeden Verdacht des Inflationismus zu vermeiden, und vermutlich vorher den Vorwärts oder den Deutschen Volkswirt gelesen. Ohne das Inflationstrauma sind diese Reden und Schriften nicht zu verstehen.
Das Kapitel Die letzten Ursachen der Weltwirtschaftskrise (S. 333ff) in seinem Werk Kampf gegen die Hochfinanz soll als Beispiel erwähnt sein. Die Reparationslast, der rote Wahnsinn der Nachkriegszeit und die erbärmliche Parteipolitik hätten Schuld an der Not in Deutschland. Um die weltweite Krise zu erklären, müssten wir aber tiefer sehen - dann kommt der Schmarren von Überinvestition und Überproduktion:
Alle wesentlichen Erfindungen seien gemacht, die Welt mit den Errungenschaften des technischen Zeitalters ausgestattet, die Kapazität der industriellen Anlagen ins Riesenhafte gesteigert, dafür fehle jetzt die Aufnahmefähigkeit des Marktes. Das wird am Beispiel Eisenbahn weiter ausgeführt, überall wären jetzt Bahnen und Bahnhöfe, Gleise, Lokomotiven und Wagen, die Welt mit Eisenbahnen saturiert. Mit Wasserleitungen, Wasserzählern, Rohren und Gasanlagen geht es so weiter, ich will uns die Details ersparen. Sogar mit den Automobilen und dem Flugwesen wäre die Wirtschaft nicht mehr auszulasten.
Schließlich die Geschichte mit Josefspfennig und Zinseszins: Die Grenzen des Wachstums würden Weltfinanz und Industrie in den Abgrund reißen. Es sei die Aufgabe des NS, der Welt neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben und zur Arbeitsbeschaffung zu zeigen, heißt es zuletzt in wenigen Sätzen. (S. 342)
Kreditgeldschöpfung als Partei- und Staatsgeheimnis
Otto Wagener war der Sohn eines Industriellen, der nach 1918 in Freikorps kämpfte und 1920/21 die badische Abteilung der Organisation Escherich leitete. Im Jahre 1923 wurde er Mitglied bei der SA. Er hatte kurze Zeit Wirtschaftswissenschaft studiert, ohne Abschluss, aber die Uni Würzburg verlieh ihm die Ehrendoktorwürde im Jahre 1924. Die Jahre 1924 und 1925 verbrachte er mit Vorlesungen und Auslandsreisen. Vom 1. Oktober 1929 bis 31. Dezember 1930 war er Stabschef beim Obersten SA-Führer Franz Pfeffer von Salomon. Die Mitgliederzahl der SA stieg auf 80.000 (1930), nach Konflikten mit Pfeffer von Salomon über seinen Einfluss auf die SA übernahm Hitler am 12. August 1930 selbst die Führung, tatsächlich leitete Wagener die SA, bis im Januar 1931 Ernst Röhm Chef der SA wurde.
Von Anfang Januar 1931 bis Juni 1932 führte Wagener die Wirtschaftspolitische Abteilung, von Juni 1932 bis Anfang September 1932 die Hauptabteilung IV für Wirtschaftspolitik bei der Reichsleitung der NSDAP. Bis Januar 1947 war Wagener in britischer Gefangenschaft und verfasste unter dem Titel Hitler aus nächster Nähe die Aufzeichnungen, die heute die einzige mir bekannte Quelle über die Pläne des NS zur Überwindung der Wirtschaftskrise erhalten sind und sich beträchtlich von den öffentlichen Reden und Schriften unterscheiden, weil hier von der Kreditgeldschöpfung ganz klar und offen die Rede ist, aber auch, dass sie ein Geheimnis bleiben muss.
Ein Mitarbeiter Wageners, Dr. Bernhard Köhler, erklärt die Finanzierung des Wirtschaftsaufschwungs:
Das große Fragezeichen steht hinter dem dritten Punkt: der Finanzierung. Bei ihr wird die Entscheidung liegen.
Nach den bisherigen Auffassungen der Nationalökonomie ist kein Weg unversucht gelassen worden. Keiner hat zum Ziel geführt. Es fehlt eben einfach an Geld! Es fehlt an flüssigen Mitteln, um
Arbeitsaufträge zu geben. Und nach den bisherigen Auffassungen der Wissenschaft und nach den bis jetzt unumstößlichen Grundsätzen der Finanzwirtschaft und des Geldwesens gibt es keine
Möglichkeit, Geld neu zu schaffen, als höchstens durch Auslandskredite.
Erst seitdem ich mich hier in diesem Stabe befinde, habe ich erkannt, daß die bisherige Auffassung der wissenschaftlichen Nationalökonomie eben Unsinn ist, und daß die unumstößlichen Grundsätze
des international anerkannten Geldwesens eben falsch sind!
Ich habe erkannt, daß Geld eben nicht ein Ding an sich ist, sondern eine Funktion des Wirtschaftskörpers, und daß ein Staat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, dafür zu sorgen, daß
der Wirtschaftskörper ausreichend mit Geld, und zwar mit gutem Geld, durchblutet wird.«
...
Da Köhler eine kurze Atempause machte, stellte Hilter die Frage dazwischen: »Die Botschaft hör ich wohl! Aber wo kommt nun das Geld her?«
»Das wird kreiert«, antwortete Köhler, »neu geschaffen, aus der Luft gegriffen, wenn Sie so wollen, gelogen!«
Hitler schüttelte lächelnd den Kopf und sagte zu mir: »Wenn ich mit ihm allein wäre, würde ich jetzt denken: armer Irrer.«
Worauf ich nur erwidern konnte: »Und doch hat er recht. Es ist nur neu, daß der Staat das macht. Die jüdischen Banken haben das schon immer gemacht, wenn sie ihren Vorteil darin sahen und
genügend Sicherheit vorfanden.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte er kopfschüttelnd weiter. ...
Wagener hätte es noch einfacher erklären können: Bei staatlichen Zahlungen wird das Konto des Staates auf einer Bank um den Betrag ins Minus gebucht und das Konto des Geldempfängers ins Plus. Mehr ist es nicht. Aber den Leuten war immer eingeredet worden, dass die Banken nur Geld verleihen könnten, das vorher gespart und bei der Bank eingezahlt wurde. Darum wollte die SPD die Beschäftigungspolitik zuerst mit Auslandsanleihen, später mit einer "volkstümlichen Anleihe" finanzieren, die von den Arbeitern hätte zusammengespart werden müssen, statt das benötigte Geld einfach durch Staatsverschuldung zu schaffen.
»Ich habe zu der Finanzierungssache noch eine Frage«, sagte Hitler. »Wenn das alles so einfach ist, wie es nach Ihrer Darstellung klingt, dann erscheint es mir immer und immer wieder
unverständlich, daß unsre politischen Gegner diese Wege nicht selbst auch entdeckt haben sollten. Warum beschreiten sie sie nicht?«
»Erstens glaube ich nicht«, entgegnete ich, »daß sie diese Wege bereits erkannt haben, wenigstens nicht diejenigen, die die Verantwortung im Staate tragen. Zweitens würde die Beschreitung dieser
Wege die Abkehr von der bisher geltenden Geld- und Kapitalwirtschaft bedeuten und damit die Entthronung derer, die die Macht des Geldes in der Welt in den Händen haben und deshalb die Wirtschaft
der Welt beherrschen. Und drittens sind die Verantwortlichen in der Regierung und ebenso auch die Großen in den Parteien des Reichstags, sowie außerdem die meisten Reichstagsabgeordneten von der
Kaste der Geldmagnaten direkt oder indirekt irgendwie bezahlt, sagen wir ruhig geschmiert.« [...]
»Halten Sie für zweckmäßig [fragte Hitler], daß wir die Gedanken, die hier vorgetragen wurden, veröffentlichen?«
»Nein. Wir würden die Kapitalgewaltigen der ganzen Welt und ihre Regierungen geschlossen gegen uns aufbringen. Schon jetzt wittern manche, daß in unsern Köpfen die Befreiung von der Goldwährung
und dem Golddeckungsgedanken spukt, eine Sache, die für uns schon so vollkommen abgetan ist, daß wir nicht einmal mehr davon reden. Aber schon das gibt den Großen des Ruhrgebietes, der
Schwerindustrie, der Bankwelt und besonders auch den Logen Veranlassung, vor uns und unsern Wirtschaftsprinzipien zu warnen.
Wir werden sehen, daß diese Leute fertigbringen, wenn wir einmal als stärkste Partei im Reichstag Anspruch auf die Regierungsbildung haben, uns auf diejenigen Ministerien zu verweisen, die mit
Wirtschaft nichts zu tun haben, und besonders den Einfluß gerade der Persönlichkeiten auszuschalten, die unsre sozialwirtschaftlichen Gedanken geboren haben und verwirklichen könnten.«
»Ich bin der gleichen Meinung [bemerkte Hitler]. Es gilt also auch für diese Dinge, was ich von unsern Wirtschaftsprojekten und Ideen immer schon sagte: sie dürfen nicht in die Öffentlichkeit
dringen.«
Da fragte Straßer: »Was soll aber unsereiner im Reichstag sagen, wenn wir über das Arbeitsbeschaffungsprogramm zu sprechen haben? Ich komme um gewisse Erklärungen nicht herum.«
»Wenn darüber öffentliche Erklärungen abzugeben sind, dann ist es zweckmäßig, daß Sie sich vorher mit Wagener darüber besprechen und einigen, was gesagt werden soll und kann. Keinesfalls darf
aber das heute erläuterte revolutionäre Geldbewirtschaftungssystem erwähnt werden.« (Wagener, ebenda, S. 335)
Wahrscheinlich hatte Hitler die Kreditgeldschöpfung nicht wirklich verstanden, das geht unseren VWL-Professoren bis heute genauso.
Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers
Die Harzburger Front im Oktober 1931 war ein Bündnis antidemokratischer Nationalisten und Rechtsextremisten gegen die Weimarer Republik und insbesondere gegen das zweite Kabinett Brüning, wobei die Kreise um Hugenberg eine noch schärfere Politik des Kaputtsparens der Wirtschaft und des Krank- und Totsparens der Erwerbslosen wollten.
Besonderes Aufsehen erregte die Ansprache Schachts, der die Reichsbank scharf kritisierte, da sie nach der Bankenkrise zur Stützung der Wirtschaft auch Wechsel angenommen hatte, die im strengen Sinne nicht diskontfähig waren. Schacht kritisierte also genau die expansive Geldpolitik, die er nach seiner Rückkehr ins Präsidium der Reichsbank ab 1933 betrieb, und forderte, die Menschen sollten "sich für eine Generation bescheiden, sparen und arbeiten".
Nur mühsam konnte der Eindruck einer geschlossenen Front der Teilnehmer gewahrt werden. Die Eigenständigkeit der nationalsozialistischen Bewegung demonstrierte Hitler eine Woche später bei seinem SA-Aufmarsch in Braunschweig, der mit 100.000 Teilnehmern deutlich größer als die Harzburger Tagung war und nicht zufällig der Stärke der Reichswehr nach den Bestimmungen von Versailles entsprach. Ein Jahr darauf war die SA unter Röhm bereits über 400.000 Mann stark.
Hitler wollte den bürgerlichen Parteien, die sich in der sogenannten Nationalen Opposition zusammengefunden hatten, die Stärke seiner Bewegung demonstrieren und die Großunternehmer einschüchtern. Wie die Rede von Schacht bewies, waren diese nicht zu einer Überwindung der Wirtschaftskrise bereit. Die Kreise um Hugenberg wollten die Krise benutzen, um den Widerstand der Arbeiter gegen weitere Lohnkürzung und Sozialabbau zu brechen, eine reaktionäre Regierung sollte dazu Gewerkschaften und Arbeiterparteien unterdrücken. Die von den Kreisen hinter Hugenberg geforderte Wirtschafts- und Finanzpolitik hätte die Zahl der Erwerbslosen innerhalb eines Jahres von 7 Millionen auf über 10 Millionen im Winter 1933/34 anschwellen lassen und Hitler wäre von seinen eigenen Leuten aus dem Kanzleramt verjagt worden.
Hitler mag die Kreditgeldschöpfung nicht verstanden haben, aber dass die von der Reaktion geforderte Politik des Sparens, Kürzens und Streichens die Bürger noch tiefer ins Elend stürzen und ihn seine politische Macht kosten würde, ahnte er sicher. Er konnte den Unternehmern nur die Ausschaltung der linken Parteien und der Gewerkschaften bieten, die wirtschaftspolitischen Pläne seiner Partei zur Beendigung der Krise durch höhere Löhne, bessere Sozialleistungen und mit Schulden finanzierte Großprojekte des Staates musste er in Schweigen hüllen, die Unternehmer hätten ihn sonst mit hochroten Köpfen niedergebrüllt und die Brüning unterstützende SPD der NSDAP vorgezogen.
Die Großindustrie hat also maßgeblich zum Scheitern der Weimarer Republik beigetragen. Jedoch nicht durch die Unterstützung oder gar Finanzierung der NSDAP, sondern mit ihrem Eintreten für Lohnsenkung und Sozialabbau, besonders für die Kürzung und Streichung der Leistungen für Erwerbslose, die Opfer der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken unter dem Goldstandard. Unter dem Reichskanzler Franz von Papen sollte die Wirtschaft mit Steuersenkungen für das Kapital angekurbelt werden, Investitionen wegen besserer Renditen würden die Krise überwinden, neu eingestellten Arbeitern sollten die in den Tarifverträgen vereinbarten Löhne beträchtlich gesenkt werden dürfen. Die Forderungen von Vertretern des Reichsverbandes der Deutschen Industrie beim Reichskanzler am 25. August 1932 aus den Akten der Reichskanzlei:
Die fortschreitende Schrumpfung der Wirtschaftstätigkeit solle behoben werden durch eine Entlastung der Unternehmer zunächst für 12 Monate. Gedacht sei daran, öffentliche Abgaben nicht zu erheben und die Arbeitsverträge elastischer zu gestalten, damit die Wirtschaft einem Aufruf der Regierung folgen könne, neue Arbeiter einzustellen. ... Das Tarifwesen müsse so gestaltet werden, daß Betriebe mit niedrigeren Löhnen erhalten werden könnten, wenn sie in die Gefahr des Erliegens kämen. ... Bei der Entlastung der Unternehmer von öffentlichen Abgaben sei an die Arbeiternehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung, an die Gewerbesteuer und sonstige Realsteuern, insbesondere die gewerbliche Hauszinssteuer gedacht. ... Die Entlastung der Unternehmerschaft solle schätzungsweise 1,8 Milliarden, also 10% der gegenwärtigen Arbeitslöhne betragen. ... Notwendig sei insbesondere auch eine Verringerung der Ausgaben der öffentlichen Hand. Ihr Apparat sei der Armut der Nation anzupassen. Es hätte schon längst geschehen müssen.
Der übliche Unsinn reaktionärer Krauterökonomie: Profite hoch, Löhne und Steuern runter, Sozialleistungen weg! Die Regierung hätte die Deppen sofort für geschäftsunfähig erklären und enteignen müssen, denn Millionen wären verhungert, hätten die ihre Forderungen durchgesetzt.
Durch die mit restriktiver Kreditpolitik verursachte Weltwirtschaftskrise war das Einkommen der Arbeiter von etwa 24 Milliarden RM im Jahr 1929 auf nur noch 11 Milliarden RM im Jahr 1932 gesunken. Im Winter 1932/33 waren von 18 Millionen Arbeitern und Angestellten 7 Millionen erwerbslos, weitere Millionen hatten nur geringfügig Beschäftigung, viele Unternehmer hatten keine Kunden mehr, die Landwirtschaft war durch den Preisverfall ihrer Erzeugnisse überschuldet und ruiniert.
Dabei war nichts einfacher, als diese Krise zu überwinden: Viel Geld ausgeben für Wohnungsbau, Infrastruktur, Bildung und Soziales, an den Reichen sparen, nicht an den Armen, und hohe Staatsschulden für die Geldsparer machen. So einfach das war, so wenig wäre es ohne Terror gegen die "Vertreter der Wirtschaft" durchsetzbar gewesen. Nur Ernst Thälmann oder Hitler verfügten über die dazu erforderliche Parteiorganisation, bürgerliche Parteien wären aus dem Amt gefegt worden, hätten sie die Staatsausgaben erhöhen wollen, um die Krise zu beenden. Die Wirtschaftsverbände und ihre Presse wollten noch härter sparen an Arbeitern und Armen, Steuergeschenke und Subventionen für die Reichen, wir kennen das ja bis in unsere Zeiten, mit ökonomischen Argumenten war da nichts zu machen.
Seit Juni 1932 gab es eine Arbeitsstelle Schacht, die im Auftrag vor allem der Schwerindustrie ein Wirtschaftsprogramm für die NSDAP erstellen sollte. 1932 erschien Schachts Buch „Grundsätze deutscher Wirtschaftspolitik“. Darin erhob er die üblichen Forderungen reaktionärer Deppen für die Überwindung der Weltwirtschaftskrise: Stop der Auslandsverschuldung, Steuersenkung für Unternehmen, Abbau der Bürokratie, Abschaffung der Tariflöhne und Arbeitszeitbegrenzungen, Beschränkung der Sozialleistungen, Ersatz durch Wohltätigkeit, Währungsdeckung über Kredite, Ablehnung der freien Geldschöpfung, keinerlei Beschränkung von Einkommen und Vermögen, Steuerung des Zinssatzes, Förderung der Wehrhaftigkeit und des Wehrwillens, Förderung der Autarkie, aber keine vollständige Abkehr vom Weltmarkt, Selbstversorgung Deutschlands mit Nahrungsmitteln, Rückgabe der Kolonien (siehe Wikipedia, Link oben).
Zum Jahresende 1932 fürchtete die Reichswehr wegen der Not in den Wintermonaten einen Generalstreik der Gewerkschaften, unterstützt von Kommunisten und NSDAP, und den Einsatz der Reichswehr gegen die Bevölkerung durch die Regierung. Gleichzeitig drohten die Polen mit einer Wegnahme weiterer deutscher Gebiete. Deshalb wurde Papen durch Schleicher abgelöst.
Unter dem Kanzler Schleicher wurde das Wirtschaftsprogramm Papens nur geringfügig modifiziert, die Reichsbank wollte für Beschäftigungspolitik nur 500 Millionen Reichsmark an Kredit gewähren, für Papen waren 300 Mio. vorgesehen gewesen. Der Widerstand der Unternehmer gegen jede expansive Wirtschaftspolitik war zu groß und endete erst, als sie unter der Diktatur Hitlers nichts mehr zu sagen hatten und viele um ihr Leben fürchten mussten. Das Verhältnis der Unternehmer zu Hitler wurde im sozialdemokratischen Vorwärts in einem Artikel vom 1.1.1933 "Der Weg eines Jahres: Hitlers Aufsteig und Niedergang" richtig eingeschätzt:
Bei der Hochfinanz, bei der Schwerindustrie und dem Großgrundbesitz hat der Hitlerismus schon seit längerer Zeit abgewirtschaftet. (ebenda)
Vom Einfall in Belgien zur Machtübergabe an Hitler
Der 1882 geborene Kurt von Schleicher lernte bereits als Leutnant im 3. Garde-Regiment zu Fuß Oskar von Hindenburg, den Sohn des späteren Reichspräsidenten, Kurt von Hammerstein-Equord, den späteren Chef der Heeresleitung (1930–1934), und Erich von Manstein, Generalfeldmarschall im Zweiten Weltkrieg, kennen. Nach der Absolvierung der Kriegsakademie am 24. September 1913 zum Großen Generalstab kommandiert, wurde er auf eigenen Wunsch der Eisenbahn-Abteilung unter Oberstleutnant Wilhelm Groener zugeteilt, der ihn in den folgenden knapp zwanzig Jahren unablässig förderte und maßgeblichen Anteil an der Karriere seines „Wahlsohnes“ (so Groeners Testament vom April 1934) Schleicher hatte. Hier lernte er unter anderem den späteren General Joachim von Stülpnagel und den späteren Oberst Bodo von Harbou kennen.
Was Historiker für Zufall halten mögen, ist als Agentennetz enttarnt, denn solche Zufälle gibt es nicht. Während des Ersten Weltkriegs wurde Bodo von Harbou gleich zu Anfang mit Max Bauer im August 1914 durch die Eroberung von Lüttich berühmt. Der Sohn Mogens von Harbou heiratete am 4. März 1933 in Berlin die Jurastudentin Marie-Luise Freiin von Hammerstein-Equord (1908–1999), Tochter des Kurt von Hammerstein-Equord und schon in der Schulzeit Mitglied der KPD. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Von Schleicher, nun Hauptmann, diente im Stab des Generalquartiermeisters. Zu dieser Zeit lernte Kurt von Schleicher auch seinen langjährigen Freund und späteren Mitarbeiter Erwin Planck kennen, 1932 Staatssekretär unter den Reichskanzlern Franz von Papen und von Schleicher.
Wilhelm Groener war im Großen Generalstab, seit 1912 Chef der Eisenbahn-Abteilung, für die Mobilmachung verantwortlich, die zur völligen Überraschung des Kaisers nur den politisch verheerenden Einfall in das neutrale Belgien erlaubte und bis heute dem Publikum als genialer Schlieffen-Plan angepriesen wird. Nach der Entlassung Ludendorffs am 26. Oktober 1918 wurde Groener als neuer Erster Generalquartiermeister faktisch der Chef der OHL. Im Großen Hauptquartier im belgischen Spa erklärte er im November 1918 Kaiser Wilhelm II., der die beginnende Novemberrevolution gewaltsam niederschlagen lassen wollte, dass die Truppe nicht mehr hinter ihm stünde. Wilhelms Plan, nur als deutscher Kaiser abzudanken, nicht aber als preußischer König, durchkreuzte er, indem er am 9. November 1918 in einem Telefonat mit Reichskanzler Max von Baden wahrheitswidrig behauptete, der vollständige Thronverzicht stünde kurz bevor, er könne ihn ruhig schon bekanntgeben. Am 23. Juni 1919 plädierte Groener für die Annahme des Versailler Vertrages, zwei Tage später übernahm er nach dem Rücktritt Hindenburgs die Führung des Hauptquartiers in Kolberg.
Im Gefolge von Groener arrangiert sich Schleicher mit den politischen Verhältnissen der Weimarer Republik und hält in dessen Auftrag den direkten Kontakt zu Friedrich Ebert. Ins Reichswehrministerium versetzt übernimmt Schleicher die Leitung des politischen Referats im Truppenamt und avanciert zum engen Mitarbeiter und Berater von General Hans von Seeckt. 1926 wird Schleicher zum Chef der neugeschaffenen Wehrmachtsabteilung im Reichswehrministerium berufen. Durch die Umbildung der Wehrmachtsabteilung in ein Ministeramt erlangt Schleicher 1929 den Rang eines beamteten Staatssekretärs und wird vorzeitig zum Generalmajor befördert.
Am 28. Januar 1928 wurde Groener aufgrund der Lohmann-Affäre Nachfolger Otto Geßlers als Reichswehrminister sowie am 8. Oktober 1931 auch noch kommissarischer Reichsminister des Innern. Am 12. Mai 1932 drängte Kurt von Schleicher Groener zum Rücktritt als Reichswehrminister. Schleicher war als Chef des Ministeramts im Ministerium die rechte Hand Groeners gewesen. Als am 30. Mai 1932 Reichskanzler Brüning gestürzt wurde, verlor Groener auch das Amt des Reichsministers des Innern. Auf Betreiben von Schleichers wurde Franz von Papen am 1. Juni 1932 Reichskanzler einer Regierung hauptsächlich parteiloser Adeliger, Akademiker und Generäle, man sprach von einem „Kabinett der Barone“. Papen befürchtete zuerst, dass die Presse seine für das Ansehen Deutschlands verheerenden Aktionen als Militärattaché in den USA bei seiner Kanzlerschaft wieder hochkochen würde. Die waren durch die britische Propaganda seinerzeit jedem in Erinnerung, nichts ist dagegen über eine sinnvolle Verwendung der gewaltigen Finanzmittel der Botschaft in den USA bekannt, etwa für Zeitungen und Verlage und für Künstler, um eine positive Stimmung für Deutschland zu erzeugen oder die Verbrechen der Briten in ihren Kolonien anzuprangern als Antwort auf die britische Kriegspropaganda. Seinerzeit konnten kein Schleicher und kein Hitler übersehen haben, dass Papens Werk als Militärattaché in den USA Hochverrat gewesen war, das war in allen britischen Zeitungen zu lesen. Stattdessen geriet Hindenburg in der Presse immer mehr in Verruf.
Franz von Papen hat den ab 1922 in Bayern als Justizminister amtierenden Franz Gürtner als Reichsjustizminister in sein Kabinett aufgenommen, mit dem er seit seiner Teilnahme am Feldzug in Palästina befreundet war, wo Franz von Papen auch Joachim von Ribbentrop kennengelernt hatte, der 1932/33 mit Papen die Kanzlerschaft Hitlers verhandelt hat. Auch Gürtner machte nicht Karriere, weil er halt so ein toller Jurist war, sondern ein Teil des geheimen Netzes, das Hitlers Aufstieg bewirkte. Die im Hause Ribbentrop geführten Verhandlungen der Kanzlerschaft Hitlers erfolgten, weil der von den Historikern seither verleumdete Reichspräsident Hindenburg sich bis zuletzt, als ihm ein Generalstreik und Bürgerkrieg angedroht wurde, geweigert hatte, Hitler zum Kanzler zu ernennen, und überlegt werden musste, das Kabinett mit einem anderen Kanzler und Hitler als Minister zu bilden, was Hitler verweigerte.
Reichsfinanzminister Schwerin von Krosigk sah in seinem Tagebuch voraus, dass ein „Kabinett Papen ohne Nazis […] in kürzester Frist zum Generalstreik führen werde“.
Weil Papens Sparpläne bei der Winterhilfe einen Generalstreik der Gewerkschaften, unterstützt von KPD und NSDAP und den Einsatz der Reichswehr gegen die Bürger befürchten ließen, der Reichspräsident sich aber noch weigerte, Hitler zum Kanzler zu bestellen, wurde Kurt von Schleicher noch kurz Reichskanzler. Schleicher konnte keine Unterstützung im Reichstag finden und jetzt blieb dem Reichspräsidenten keine Wahl: Reichskanzler Hitler oder Aufstände der Arbeiterschaft gegen Hunger, Kälte, Krankheit und allgemeine Not bei 7 Millionen Erwerbslosen. Am 22.1.1933 verhandelt Papen im Auftrag von Hindenburgs mit Hitler über dessen Berufung zum Reichskanzler. Schleicher erklärt am 28. Januar nach einem Gespräch mit Hindenburg den Rücktritt und empfiehlt die Ernennung Hitlers.
Der Sowjetagent und Chef der Heeresleitung Kurt von Hammerstein-Equord in seinen Notizen aus dem Jahr 1935: „Wir waren uns einig, daß nur Hitler als zukünftiger Reichskanzler möglich sei. Jede andere Wahl müsse zum Generalstreik, wenn nicht zum Bürgerkrieg führen und damit zu einem äußerst unerwünschten Einsatz der Armee im Inneren gegen zwei Seiten, gegen die Nationalsozialisten und die Linke.“
Nach Sefton Delmer hatte man Hindenburg zuletzt noch mit einem Putsch der Reichswehr gedroht, Schleicher und Röhm waren mit Werner von Alvensleben bei der Täuschung beteiligt:
An dem Tag nun, an dem Hindenburg kapituliert und Hitler an Schleichers Stelle als Kanzler vereidigt hatte, erhielt ich — als einziger ausländischer Korrespondent! — die Nachricht, daß Göring den abenteuerlustigen Herrenreiter hatte festnehmen lassen, Der dicke Hermann, so erfuhr ich, war wütend darüber, daß Röhm und Alvensleben einen so erfolgreichen Einbruch in sein ureigenstes Gebiet der politischen Intrige unternommen hatten. Jetzt behauptete Göring, Alvensleben habe versucht, in letzter Minute einen Marsch der Potsdamer Garnison gegen Berlin zu organisieren, um Schleicher zu einem Staatsstreich zu verhelfen. Er hielt Alvensleben drei Tage im Gefängnis fest. Dann holte Röhm ihn wieder heraus.
Sowie Alvensleben wieder auf freiem Fuße war, ging ich zu ihm in die Magdeburger Straße, Er war außer sich vor Wut, aber so keß und selbstbewußt wie eh und je. Ich mußte ihn bewundern.
»Gucken Sie mal da rüber auf die andere Seite der Straße, alter Freund«, sagte er und legte den Arm um meine Schulter, freundschaftlicher als ich ihn je erlebt hatte. »Da, im dritten Stock der Nummer zehn — diese Kerle mit den Feldstechern. Sehen Sie sie? Das sind Kriminalbeamte, die mich überwachen sollen. Mich! Den Mann, dem Hitler es zu verdanken hat, daß er heute Kanzler ist! Ich und ganz allein ich war es, der die Nachricht lanciert hat, daß die Potsdamer Garnison nach Berlin marschieren wolle, um Schleicher als Militärdiktator einzusetzen. Und nur diese Drohung hat Hindenburg schließlich soweit gebracht, Hitler als Kanzler zu akzeptieren.«
Diese Behauptung traf tatsächlich zu. Es ist eine historische Tatsache, daß das Gerücht von dem drohenden Staatsstreich Schleichers der entscheidende psychologische Anlaß war, der den alten Generalfeldmarschall umfallen ließ und ihn veranlaßte, schleunigst Hitler zu vereidigen. Und Alvensleben gab mir gegenüber zu, daß er die Möglichkeit dieses Marsches mit Schleicher und anderen Offizieren diskutiert habe — die ihrerseits prompt die Neuigkeit durchsickern ließen. »Ich habe das absichtlich getan«, sagte er, »um das Gerücht in Umlauf zu setzen. Ich wußte genau, welche Wirkung es auf den alten Herrn haben würde.«
Sefton Delmer: Die Deutschen und ich, S. 173
Was den Einflussnahmen Franz von Papens und dem Sohn Hindenburgs nicht gelungen war, wurde damit erreicht.
Putzi Hanfstaengls Reichstagsbrand
Falls jemand aus dem Umkreis Hitlers den Reichstag anzünden ließ, ist der Täter aus gutem Grund, eingeweihte Kreise kennen ihn ja, bisher noch nie öffentlich verdächtigt und zu seinen Lebzeiten beschuldigt worden, er wusste ja zuviel.
Wir dürfen annehmen, dass der Täter den Tag zuvor in der Umgebung Hitlers verbracht hat und am Abend in kleinstem Kreis mit ihm noch abschließend alles besprechen konnte:
It must be remembered that we were in the middle of a last great election campaign. On February 26 I accompanied Hitler on a wild twelve-hour plane flight during which he spoke at three widely separated cities. Late that evening we dined with Prince Viktor zu Wied and his wife at their home in the Kurfürstenstrasse. (Hanfstaengl, Ernst. Hitler: The Memoir of the Nazi Insider Who Turned Against the Fuhrer, S.200)
Vermutlich braucht er eine Flasche kräftigen Alkohols, um sich am nächsten Tag etwas Mut anzutrinken:
I could feel a cold coming on and before we left the Prince gave me a bottle of aquavit, with the advice to drink myself into a fever. (ebenda, S.200)
Unter einem Vorwand quartiert er sich für den ganzen nächsten Tag in Görings Amtssitz ein, Göring war Reichstagspräsident und sein Palast war durch einen unterirdischen Gang mit dem Reichstag verbunden. Die Flasche hebt er sich für den kommenden Tag auf:
I was so dog-tired that night that I did not start the cure, but the following afternoon I felt so shivery that I decided to go to bed in my room in Goering’s palace and sample the remedy. The Goebbels had invited me for later on, but I left a telephone message to excuse myself, put on a couple of old sweaters, piled the bed with blankets, ordered relays of hot lemonade to alternate with the medicine and settled down to sweat. We were all due to leave again for Breslau the next day, and I had to do something drastic. (ebenda, S.200-202)
Nur wer als Beteiligter Bescheid wissen muss, ist informiert, alle anderen brauchen ihre völlige Überraschung dann nicht vorzutäuschen, sie ist echt:
It was Brückner, or one of the adjutants, I do not remember: “The Führer insists that you come this evening to the Goebbels. He wants you to play the piano for him.” I explained rather tersely my position, said he had undone all the good work I had started, that I could not possibly come out with a feverish cold on me and that I was going back to my bed. I had just rearranged everything and was starting to warm up when the telephone shrilled again. This is too much, I thought, it can ring till it stops. It failed to do so, so I dragged myself next door again. This time it was Magda herself calling. I was ruining her whole party. I only had to wrap up and come along and sweat later, and so forth. I was suitably firm, took care to leave the ear-piece off its hook, and started my self-imposed régime all over again. (ebenda, S.202)
Der Täter schildert später in seinen Memoiren, wie er selbst durch das Feuer überrascht worden sei, er musste ja direkt am brennenden Reichstag sein, hatte aber genug Zeit, wieder durch den unterirdischen Gang in Görings Palast und dort in sein Bett zu kommen, es waren ja nur ein paar Meter:
I tried to doze, and slowly realized that there was too much light to do so in comfort. I had left the door to the other room open. You idiot, I groaned to myself, you have left the reading-lamp on at the desk. I tried counting sheep but it was no good. Moreover there was a curious quality about the light. It seemed to flicker and was penetrating into my bedroom from some other source than the open door. Suddenly Frau Wanda, the housekeeper, burst in: “Herr Doktor! Herr Doktor!” she screamed in her falsetto, “the Reichstag is on fire!” This time I was up in a bound, ran to the window, which faced across the square, and there, in very truth, was the whole building enveloped in flames. (ebenda)
Außer Hitler musste auf der Party bei Goebbels niemand vorher etwas gewusst haben:
This time I did the telephoning and got Goebbels himself on the line: “I must talk to Herr Hitler,” I said. What was it all about, the little gnome wanted know, was it nothing I could tell him to pass on? In the end I lost patience: “Tell him the Reichstag is on fire.” “Hanfstaengl, is this one of your jokes?” Goebbels answered rather curtly. “If you think that, come down here and see for yourselves,” and I hung up. I then called Sefton Delmer and Louis Lochner. No sooner had I put the receiver down when the bell shrilled again. It was Goebbels back: “I have just talked to the Führer and he wants to know what is really happening. No more of your jokes now.” I lost my temper with him. “I tell you to come down here and see whether I am talking nonsense or not. The whole place is in flames and the fire-brigades are already here. I am going back to bed.” (ebenda)
Sefton Delmer war vom britischen MI6, offiziell ein Zeitungskorrespondent in Berlin, eng mit Hitler befreundet. Sefton Delmer traf sicher nicht zufällig noch vor Hitler, Goebbels und allen anderen am brennenden Reichstag ein und durfte, von Hitler zur Besichtigung eingeladen, mit in das Gebäude. Hanfstaengl erholte sich im Bett, wurde aber ständig durch Besucher gestört:
My room became like a railway station. Auwi came in, and then the Prince of Hesse. They were both staying in the palace. All I knew was that I was very annoyed at the ruin of my cure. “That’s the end of that gas-works, anyway,” I said. I suppose it was a callous remark, but I had always considered it an architectural abortion. The next day, of course, the Nazi newspapers came out with banner accusations that it was all the work of the Communists, and the notorious affaire was launched. (ebenda)
Selbstredend konnte Hanfstaengl in seinen Memoiren zur Aufklärung wenig beitragen, er war ja wegen schwerer Erkältung im Bett in Görings Palast:
I am afraid this anecdote provides little new evidence of value. It was suggested later that I was one of the people who knew the whole story. Not only did the outbreak catch me in bed with a fever, but neither I, nor any of the other guests, nor any of the servants were aware of, or had noticed, any activity in the house to substantiate the theory that Ernst and his S.A. arsonists had entered the Reichstag through a tunnel from our cellars. On the other hand, it was a large building, they may have had a key to the coal-hole and worked completely unnoticed. (ebenda)
Göring scheint ihm keine heiße Milch mit Honig ans Bett gebracht zu haben, darum sei zwar Goebbels ehrlich unwissend gewesen, aber Hermann Göring wäre alles zuzutrauen:
The little doctor was, of course, an accomplished liar, but if ever annoyance and suspicion were genuine in a man’s voice, they were in his on the telephone that evening. For what the supposition is worth at this period of time, it would not surprise me in the least, on the strength of the evidence now available, that Goering planned the whole thing himself, necessarily with Hitler’s knowledge, as a means of wresting a piece of initiative from his hated rival, Goebbels. Whether Goering was in his palace that evening or not I have no idea. I did not see him. (ebenda, S.202-204)
Da Ernst Hanfstaengl 1922 vom US-Marinegeheimdienst zum Kontakt mit Hitler veranlasst worden war und sich gut mit Sefton Delmer vom MI6 stand, mussten die benötigten Helfer für die sicher nicht einfache Brandschatzung nicht von der SA in Berlin kommen, sondern vom US-Marinegeheimdienst oder dem MI6. Das würde erklären, warum unsere Historiker bis heute keineswegs Hitler und seine Getreuen verdächtigen, sondern einen armen kranken jungen Mann als Einzeltäter. Wer schon mal die Briketts in einem Kohleofen anzünden musste, wird Marinus van der Lubbe sicher nicht verdächtigen, zu mehr fähig gewesen zu sein, als dann am Tatort herumzuirren.
In ihrem Werk Der Reichstagsbrand (S. 53f) bezweifeln Alexander Bahar und Wilfried Kugel sogar, dass Hanfstaengl im Reichstagspräsidentenpalast anwesend war, sein Anruf bei Goebbels habe Hitler nur ein Alibi liefern sollen. Umgekehrt dürfen wir bezweifeln, dass Hitlers Leute die Brandstifung begehen konnten, ohne Mitwissen und Mitwirken der vielen Agenten in ihrem Umkreis, wie eben Hammerstein-Equord, Canaris, Hanfstaengl, Sefton Delmer und viele, viele weitere. Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933 war zur Zeit des Reichstagsbrands schon längst in einer Mitschrift durch den Chef der Heeresleitung selbst oder seine Töchter in Moskau bekannt. Ganz geheim und ohne zu viele Mitwisser konnten es eigentlich nur Hanfstaengl und seine Auftraggeber organisieren. Was er in seinem Stolz nicht als Geheimnis ins Grab mitnehmen wollte, sondern der Nachwelt die nötigen Hinweise geliefert hat, die aber Historiker noch heute nicht wahrnehmen dürfen, wenn sie ihren Job behalten wollen.
Die Überwindung der Weltwirtschaftskrise in Deutschland
Das Sparen ist die Ursache aller Weltwirtschaftskrisen wie 1929 und wird meist durch die Notenbanken mit zu hohen Zinsen und den Staat durch zu geringe Verschuldung ausgelöst. Die Bürger wollen also Geld sparen, viele müssen das wegen ihrer Verschuldung bei hohen Zinsen, können es aber nicht, weil dafür wegen überhöhter Zinsen und einem Haushaltsausgleich des Staates die neuen Schuldner fehlen. Wenn die Privaten Geld sparen wollen, es aber wegen der fehlenden Schuldner nicht können, müssen ihre Einkommen durch Firmenbankrotte, Deflation der Preise und Verlust der Arbeitsplätze so stark sinken, dass kein Geld zum Sparen übrig bleibt. Keynes hat es zu lehren versucht, aber interessierte Kreise haben seine Erkenntnisse bis heute unterdrückt.
Der Staat muss also die Zinsen der Notenbank niedrig halten und hohe Schulden machen, nicht für Steuergeschenke und Subventionen an die Reichen, sondern für Wohnungen, Straßen, Schulen und soziale Leistungen für die Armen. Hitler hatte Keynes ganz sicher nicht gelesen oder gar verstanden, aber er war jetzt der große Baumeister in Deutschland und hätte jeden eingesperrt, der die Schulden etwa zum Bau seiner Autobahnen abgelehnt hätte, weil dann doch noch die Enkelkinder dafür bezahlen müssten. Was alle wussten, so dass es keine Kritik gab und die zur Überwindung der Weltwirtschaftskrise in Deutschland notwendige Staatsverschuldung erfolgen konnte.
In den USA wurde der Präsident Roosevelt noch 1937 zu einem Haushaltsausgleich gezwungen, weil Staatsschulden doch schlecht wären, worauf die US-Wirtschaft wieder zurück in die Depression fiel mit 12 Millionen Erwerbslosen bis Kriegsbeginn. Die geldpolitisch verursachte Krise in den USA dürfte mindestens 7 Millionen US-Bürger das Leben gekostet haben, es gab da nur christliche Almosen und keine Hilfen des Staates, von denen Erwerbslose hätten leben können. Erst mit Beginn des Zweiten Weltkriegs konnten dann auch in den USA die zur Vollbeschäftigung mit steigendem Wohlstand der Massen erforderlichen Staatsschulden gemacht werden, weil in Kriegszeiten jeder Gegner der Staatsverschuldung als Landesverräter behandelt wird, leider nicht in Friedenszeiten.
Die deutsche Staatsverschuldung hielt sich bis Kriegsausbruch in Grenzen und betrug etwa 2/3 der Jahreswirtschaftsleistung (BIP). Die verbreiteten Behauptungen, wegen der überhöhten Verschuldung wäre Hitler gezwungen gewesen, einen Eroberungskrieg zu führen, oder gar, die Verschuldung wäre für die Aufrüstung erfolgt, sind Unsinn. Die Vollbeschäftigung war längst wieder erreicht, als wegen der schrittweisen Aufhebung der Beschränkungen nach Versailles mit dem Aufbau von Wehrmacht, Marine und Luftwaffe begonnen wurde. Im März 1935 wurde die Wehrpflicht wieder eingeführt und alles musste erst noch organisiert werden. Im August 1936 wird dann die Verlängerung der Wehrpflicht auf 2 Jahre verkündet.
Es gab auch politische Gründe für das schnell bessere Leben der breiten Bevölkerung in Deutschland. Man muss dazu wissen, wie sich damals und heute in vielen Ländern die Einkommen der Ökonomie verteilen: 1% der obersten Einkommensbezieher schaufeln ein Viertel des Gesamteinkommens der Wirtschaft in ihre Taschen, die obersten 10% die Hälfte. 90% der Bürger müssen sich die restliche Hälfte des Gesamteinkommens der Wirtschaft teilen, wobei etwa 40% des Kleinbürgertums fast das statistische Pro-Kopf-Einkommen erzielen, während die untere Hälfte, die Arbeiter, gerade noch 20% des Gesamteinkommens der Ökonomie auf sich vereinen, obwohl sie alle harte und dreckige Schinderei übernehmen müssen.
Durch die Verfolgung etwa der Hälfte der Angehörigen der obersten 10% der Einkommensbezieher aus politischen und rassischen Gründen hatte der NS-Staat etwa ein Viertel der Wirtschaftsleistung neu zu verteilen. Die Beute floss zum geringeren Teil als Belohnung an eifrige Parteimitglieder, mehr an die für die NS-Politik zu gewinnenden unteren Schichten, deren Anteil am Gesamteinkommen der Ökonomie, verglichen mit anderen Ländern wie den USA, in Deutschland damit beträchtlich verbessert war; auch über neue soziale Leistungen, bessere Wohnungen und Schulen, mehr Urlaubsanspruch, die Deutsche Arbeitsfront mit den Angeboten der KdF und ähnliches mehr.
Der Hitler-Stalin-Pakt und die Kriegsschuld
Das Publikum wird heute von Hitlers und Ribbentrops Doppelspiel für die Ausbreitung des Marxismus abgelenkt, indem unterstellt wird, dass Hitler im September 1939 mit seinen damals 200 Panzern III und 217 Panzern IV Lebensraum für Deutschland hätte erobern wollen. Das ist absurd, aber es lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums von der wirklichen Kriegsabsicht und Kriegsschuld Hitlers ab:
Hitler hat durch den Pakt mit Stalin und den Angriff der Wehrmacht auf Polen die Unterwerfung weiter Gebiete und Staaten Europas durch den Marxismus gedeckt. Erst durch Hitler wurde der sowjetische Ostblock möglich und zu einer Gefahr für alle anderen Staaten. Hitler konnte nicht so dumm gewesen sein, nachdem er über Jahre und Jahrzehnte vor dem Kommunismus gewarnt hatte und die Verbrechen unter der Herrschaft der Sowjets in Russland immer gut kannte, als echter Feind des Bolschewismus Stalin freiwillig an die Grenze zu Deutschland vordringen zu lassen, wo die Wehrmacht im Vergleich zur gewaltig überlegenen Rote Armee und deren riesigem Hinterland mit fast unerschöpflichen Rohstoffen jeden Krieg nach kurzer Zeit verlieren musste.
Die Provokation der deutschen Minderheit durch die polnische Regierung und der Streit um Danzig wären in kurzer Zeit ohne Krieg und dafür mit guten Handelsbeziehungen, deutsche Industriegüter gegen polnische Lebensmittel, friedlich beizulegen gewesen. Polen war mit der UdSSR durch die 1921 eroberten Gebiete Weißrusslands und der Ukraine verfeindet und hätte bald den Schutz Deutschlands gegen Stalin gebraucht. Die USA waren doch weit weg, wie die durch Roosevelt, die britischen Imperialisten und Kreise in Frankreich in Siegeshoffnungen über Deutschland getriebene polnische Regierung unter Józef Beck dann erleben musste.
Im polnisch-sowjetischen Krieg und durch die Unabhängigkeit Finnlands und der Staaten des Baltikums hatte die Sowjet-Union große Gebiete des ehemaligen Russlands verloren.
Die Karte aus Wikipedia zeigt sehr deutlich, welche riesigen Gebiete Stalin zwischen 1939 und 1945 dank Hitler, Roosevelt und Churchill gewann. Zu genau dem Zweck war Hitler als angloamerikanisch-sowjetischer Agent durch die Schwarze Reichswehr unter Hammerstein und den Kreis der britischen Agenten aus dem Großen Generalstab Moltkes von 1914 in Deutschland an die Macht gebracht worden, um bei einem Krieg mit Polen Stalin weitere Länder durch die Rote Armee erobern zu lassen.
Für dieses Ziel musste zuerst Hitler den Krieg mit Polen beginnen, sich dafür die Kriegserklärungen Englands und Frankreichs einhandeln, so dass Stalin schließlich halb Europa als "Befreier vom Faschismus" seinem Machtbereich unterwerfen konnte.
Anders als durch die Hilfe Hitlers wäre eine weitere Ausbreitung der marxistischen Schreckensherrschaft über Russland hinaus nicht möglich gewesen. Hätte Stalin allein Polen, das Baltikum oder Finnland angegriffen, hätte eine weltweite Welle der Empörung gegen die UdSSR die USA, Frankreich und England zu einem Krieg gegen Stalin gezwungen, um Polen, Balten und Finnen vor dem Kommunismus zu bewahren.
Nur mit Hilfe eines Hitlerdeutschlands war die weitere Ausbreitung des Kommunismus über Europa möglich. Die Marxisten Moskaus wussten das ebenso gut wie ihre Agenten im britischen Secret Service, zum Beispiel die berüchtigten Cambridge Five in England. In den USA war unter Henry Morgenthau der Sowjetagent Henry Dexter White, später verantwortlich für den Morgenthau-Plan, zusammen mit vielen anderen in wichtigen Positionen, um dem Marxismus bei der Unterwerfung weiterer Staaten zu helfen.
Ganz im Widerspruch zu Hitlers ständigen Warnungen vor dem Bolschewismus war der Marxismus in Russland bis zum Kriegsbeginn 1939 keine Gefahr für die anderen Völker außerhalb Russlands. Allein 1933 hatte Stalin mehr als 3 Millionen Bürger nur in der Ukraine verhungern lassen. Hungersnöte mit abermillionen Opfern hatten bereits nach der Oktoberrevolution begonnen und nur durch enorme Hilfslieferungen der USA war es der Sowjetherrschaft möglich, sich trotz der Hungersnot in Sowjetrussland 1921-22 an der Macht zu halten.
Hitlers Reden über die Gefahren eines "jüdischen Bolschewismus" waren also völlig unsinnig, bis er in Deutschland an der Macht mit dem Ribbentrop-Molotow-Pakt der Roten Armee große Eroberungen ermöglich hat. Der Große Terror Stalins von 1936-39 hatte nach der aktuellen Literatur zu rund 1,5 Millionen Verhaftungen geführt, die Zahl der Exekutionen wird heute auf etwa 700.000 geschätzt. Weil die Säuberungen Stalins in den Jahren 1936-38 vor allem hohe Kader, Funktionäre, die Elite in Militär, Wirtschaft und Partei betrafen, dürften hunderttausende Offiziere und Kader jüdischer Abstammung, zusammen mit ihren nach Sibirien deportierten oder ohne Ernährer verelendeten Frauen und Kinder, unter Stalins Opfer zu rechnen sein. Darum hätten jüdische Verbände (von den durch die britischen Imperialisten kontrollierten Zionisten abgesehen) in Polen und anderen von Stalin bedrohten Gebieten von den Regierungen in den USA, England und Frankreich militärische Unterstützung gegen die UdSSR gefordert, hätte Stalin, ohne als Schutzherr vor dem Antisemitismus Hitlers auftreten zu können, den Marxismus in anderen Staaten an die Macht bringen wollen.
Das böse Spiel mit Hitler war in Deutschland vorhergesehen worden und ich zitiere es hier noch einmal.
Arnold Rechberg an den Hauptschriftleiter der „Vossischen Zeitung” Eibau, Berlin, den 23. Mai 1929:
Sehr geehrter Herr Eibau!
Bei folgend sende ich Ihnen zur Kenntnisnahme einen Aufsatz, den ich im „Neuen Wiener Journal” veröffentlicht und dem „Kasseler Tageblatt” zum zweiten Abdruck überlassen habe. Seitdem habe ich
weitere zuverlässige Nachrichten darüber erhalten, daß Moskau fieberhaft an der nationalsozialistisch faschistischen Diktatur in Deutschland arbeitet, die in einem neuen blutigen Krieg
Deutschlands gegen Polen-Frankreich zusammenbrechen und dann endgültig von dem Bolschewismus in Deutschland abgelöst werden soll.
(Vietsch, ebenda, S. 215)
Am 15. August 1939 verlas Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg eine Erklärung Ribbentrops vom Vortag, dass Deutschland gegenüber der UdSSR auf Gewalt verzichten, Territorialfragen regeln und gegenseitige „Lebensräume“ anerkennen würde. Nach Gesprächen über Details überbrachte Botschafter Schulenburg Außenminister Molotow am 17. August eine Note, in der die Deutschen ihre Bereitschaft zum Nichtangriffspakt schriftlich zum Ausdruck brachten, dem ein vertrauliches Sonderprotokoll bezüglich der Interessensphären beigelegt werden solle. Schulenburg trat in seiner Amtszeit aus innerster Überzeugung vehement für eine Verständigung zwischen Deutschland und der UdSSR ein und war maßgeblich am Zustandekommen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts vom August 1939 beteiligt.
Zunächst wurde in Berlin am 19. August der bereits seit Monaten vorverhandelte Deutsch-Sowjetische Wirtschaftsvertrag über sowjetische Rohstofflieferungen für das Deutsche Reich abgeschlossen. Am selben Tag noch teilte Molotow Berlin mit, die sowjetische Regierung sei nun bereit, Außenminister Ribbentrop am 26. und 27. August zur Ratifizierung eines Nichtangriffspaktes zu empfangen. Am 20. August schickte Hitler ein Telegramm an Stalin in dem er eine „unerträglich“ gewordene „Spannung zwischen Deutschland und Polen“ konstatierte, aufgrund der „jeden Tag eine Krise ausbrechen kann“. Damit offenbarte er seine Kriegsbereitschaft und den selbstgesetzten Zeitdruck.
Am 21. August überbrachte Schulenburg Molotow eine Eilbotschaft Hitlers an Stalin, Ribbentrop könnte sich bereits in den nächsten beiden Tagen zur Abklärung letzter Details und zur Ratifizierung nach Moskau begeben, worauf Ribbentrops Ankunft von Stalin auf den 23. August festgelegt wurde. Die deutsche Delegation wurde um 18 Uhr von der sowjetischen Seite empfangen. Letzte Vertragsdetails wurden auf der Basis eines Entwurfes noch verhandelt. Das geheime Zusatzprotokoll beanspruchte den größten Zeitanteil. Der das Datum 23. August tragende deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt wurde nach Mitternacht am 24. August 1939 durch Ribbentrop und Molotow in Moskau unterzeichnet. Das Zustandekommen dieses Paktes wurde dem Botschafter von der Schulenburg hoch angerechnet, privat schrieb er: „Jetzt hat Hitler die Möglichkeit einen Krieg vom Zaun zu brechen und den werden wir verlieren.“
In dem geheimen Zusatzprotokoll vereinbarten beide Länder die Aufteilung Polens, des Baltikums und Bessarabiens in deutsche und sowjetische Interessensphären für den Fall, dass es zu
„territorial-politischen Umgestaltungen“ kommen sollte. Die vier Punkte des Zusatzprotokolls sahen dabei Folgendes vor:
Bei den baltischen Staaten und Finnland sollte diese „Interessensphären“ durch die Nordgrenze Litauens abgegrenzt werden; Lettland, Estland und Finnland sollten in der sowjetischen
Interessensphäre liegen, Litauen in der deutschen. Das Staatsgebiet Polens wurde entlang der Linie der Flüsse Narew, Weichsel und San in zwei Interessensphären geteilt. Hinsichtlich Südosteuropas
betonte die Sowjetunion ihr Interesse an Bessarabien, während die deutsche Seite „das völlige politische Desinteresse an diesen Gebieten“ erklärte.
Nachdem Ribbentrop mit Stalin den Pakt unterzeichnet hatte und aus Moskau nach Berlin zurück flog, dürfte Stalin sich mit den in Moskau wartenden Gesandtschaften aus England und Frankreich über eine noch weit großzügigere Aufteilung Europas und die sowjetische Einflusszone der Nachkriegsordnung ebenso mit ein paar Strichen auf der Landkarte geeinigt haben. Stalin wurde bei der Aufteilung Deutschlands Mitteldeutschland und im Norden von Griechenland ganz Osteuropa versprochen, warum die Angloamerikaner später nicht auf dem Balkan landen konnten, sondern auf Sizilien landeten und sich den engen Stiefel hochkämpfen mussten.
Nach der Besetzung Polens durch Deutschland und die UdSSR kam es zu einigen Änderungen, die UdSSR erhielt noch Litauen und Deutschland dafür einen größeren Teil Polens, wie in der Karte oben zu sehen ist.
Sofort nach dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen und später ins Baltikum begann die Deportation hunderttausender bürgerlicher und antimarxistischer Polen und Balten nach Sibirien. Nach den jahrelangen Warnungen vor dem Wüten der Bolschewiken mussten Hitler und sein Außenminister das beim Abschluss des Paktes mit Stalin vorhergesehen haben. Wikipedia:
Zwischen Februar 1940 und Juni 1941 wurden – nach Lage der Akten des NKWD – in vier großen Wellen insgesamt 330.000 Personen nach Sibirien und Zentralasien deportiert. Von der ersten Welle im Februar 1940 waren vor allem polnische Gutsbesitzer, ehemalige Militärsiedler, Angehörige der Forstverwaltung und Polizei mit ihren Familien betroffen. Im April 1940 wurden Lehrer, Armeeangehörige, kommunale Beamte sowie städtische Wirtschaftsträger deportiert, darunter auch Juden überproportional im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil.