Der Talmi-Dichterfürst Stefan George und seine Bewunderer
Es geht hier nicht um das dichterische Werk von George. Ich will das Urteil etwa von Theodor Adorno, seine Gedichte gehörten „zu dem Unwiderstehlichsten..., was jemals der deutschen Lyrik beschieden war“, nicht debattieren. Hier geht es zu seinem Werk online:
Projekt Gutenberg: Stefan George
Wir treffen seitdem immer wieder auf hoffnungsvolle Künstler, die wie Georgen Worte reimen und sich wundern, wo die blondgelockten, schönen Jünglinge bleiben, ihnen die Lorbeerblätter ins Haar zu flechten und dem neuen Großen Meister ihre Verehrung zu erweisen. Aber sie geben die Hoffnung nicht auf und dichten und dichten immer weiter. Sie ahnen nicht, dass der hochgerühmte Künstler nur eine Tarnung des einflussreichen Agenten war, und hoffen, das Vaterland brauche Gedichte, Romane, Bilder, Opern oder Lieder, aber das ist nur Staffage. Seit die Agenten nicht mehr in den Schlössern den kunstverständigen Adel unterhalten müssen und auch kaum noch Lust und Talent zum Dichten, Malen und Musizieren haben, gibt es Modern Art, das kann jeder, aber wieder wird nicht jeder für sein Gekrakel gerühmt und reich.
Die Leser haben schon lange jedes Interesse an Lyrik verloren und die Verlage drucken kaum noch Gedichte, weil sich das Zeug nicht verkaufen lässt. Nur im Lager der Patrioten hält sich das Dichten und alle paar Wochen hat wieder jemand Gedichte für das Vaterland zusammengereimt und findet sogar einen Verleger, der die vaterländische Leserschaft intensiv betreut. Ein Geschäft für den Verleger ist es nicht, der wird von den vielen Feinden des Vaterlandes gesponsert. Denn die jungen Patrioten sollen davon abgehalten werden, sich für Politik und Wirtschaft oder gar noch Technik und Kanonenbau zu interessieren, um die Reichweite, Feuerkraft, Beweglichkeit und Feuerleitung der Geschütze zu verbessern. Sie sollen stattdessen Gedichte für das Vaterland schreiben und Romane über seine große Vergangenheit, damit ist für ihren Ruhm unter den Patrioten gesorgt, durch das Geld der Feinde, und für den nächsten verlorenen Krieg. Wer nach Verrätern sucht, fange bei den vaterländischen Dichtern, Romanschreibern und ihren Verlegern an.
Es gilt generell, dass nicht die Gedichte, Theaterstücke, Opern oder Romane den Künstler berühmt werden lassen, sondern die Beziehungen der Familie und vor allem politische Netzwerke, für deren Interessen sich der Künstler einspannen lässt. Leider erzählt man das der Jugend nicht und Generation um Generation versucht sich voller Hoffnung am Reimen und Romanschreiben, besonders heute mit dem elektronischen Buchdruck.
Friedrich Schiller spielte schon als Kind in der Druckerei mit Cottaschen Lettern. Bereits Cottas Vater wurde 1767–1769 Verleger für Schillers Vater und 1780 für Schiller selbst, und als Quelle für Schillers Ballade Der Taucher gilt ein von Cottas Vater gedrucktes und verlegtes Kinderbuch. Goethe stammte aus einer angesehenen bürgerlichen Familie; sein Großvater mütterlicherseits war als Stadtschultheiß höchster Justizbeamter der Stadt Frankfurt, sein Vater Doktor der Rechte und Kaiserlicher Rat. Ohne ihre Familien und politischen Beziehungen wären auch Goethe und Schiller mit ihren Werken vom Verleger Cotta und bei jedem anderen großen Verlag bei der ersten und letzten Vorsprache auf die Straße gesetzt worden und hätten bestenfalls einen Kleinverleger gefunden, der zu ihren Lebzeiten mal 200 Exemplare ihrer großen Werke abgesetzt haben würde.
Mir war Stefan George schon mindestens gleichzeitig wie Karl Marx aufgefallen. Bei beiden konnte ich mir nach kurzer Beschäftigung mit ihren Texten nicht erklären, wie sich damit auch nur ein einziger begeisterter Anhänger hätte gewinnen lassen sollen. Dazu kamen dann noch die abstoßenden Charakterzüge, womit ich bestimmt nicht die sexuellen Neigungen von George meine. Bei Marx hat sich das dann einfach aufgeklärt, weil er mit der kleinen Schwester des preußischen Innenministers verheiratet war und seine Schriften daher eben gerade keinen Wert für die Kritik und Überwindung des Kapitalismus haben sollten.
Aber Stefan George? Eine auf den ersten Blick unangenehme Erscheinung mit wenigen gelungenen Gedichten; ein kurzer Blick in sein Werk oder auf die peinlich gestellten Fotografien hat mich immer wieder davon abgehalten, die Sache mal näher zu untersuchen. Bis mir unlängst die vielen prominenten Namen in Verbindung mit George aufgefallen sind. Das übertraf die üblichen Verhältnisse gewaltig, in denen sonst so mit Kunst und Kultur junges Fleisch angelockt wird. Was war das Geheimnis von George?
Die Gedichte des Meisters waren mehr als holprig und dürftig und auch sonst sind keinerlei größere Gedanken bekannt. Karl Kraus sah in der Übersetzung der Sonette Shakespeares
... das Experiment Stefan Georges: durch eine Vergewaltigung zweier Sprachen, der des Originals und derjenigen, die die Übersetzung erraten lässt, eine Einheit des dichterischen wie des philologischen Mißlingens zu erzielen.
Stefan George hatte allerdings das Talent, bessere Bürger und junge Knaben in seinem Dichter-Kreis zu versammeln, die mit ihren Beziehungen selbst in unseren aufgeklärten Zeiten noch immer unter strengster Polizeiaufsicht stünden.
Percy Gothein war ein Sohn des Nationalökonomen Eberhard Gothein und dessen Ehefrau Marie Luise Gothein sowie ein Neffe des Politikers Georg Gothein. Er lebte zunächst in Bonn, dann in Heidelberg. Hier fiel er 1910 dem berühmten Dichter Stefan George auf der Straße auf. Es kam zu mehreren Begegnungen, im Mai 1911 durfte Gothein George sogar in dessen Heimat Bingen besuchen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Percy_Gothein
Der Bube fiel also im zarten Alter von 14 Jahren dem großen Dichter auf der Straße auf, der sich sogleich bemühte und darauf verstand, eine engere Freundschaft anzubahnen.
Georges Geheimnis war selbstverständlich, dass die Mitglieder seines Kreises einflussreichen Familien entstammten. Daher konnten sie sich gegenseitig dabei unterstützen, den üblichen Polizeimaßnahmen zu entgehen, um nicht im nächsten Gefängnis unter den für solche zarten Gefühle meist wenig aufgeschlossenen Mithäftlingen zu Tode zu kommen. Die einflussreichen und vermögenden Eltern der Knaben und jungen Männer waren geistig reif genug, die Veranlagung ihrer Kinder zu erkennen und zu akzeptieren, und klug genug, das von George gebotene künstlerische Ambiente für das Ausleben dieser Neigungen zu schätzen. Zu den sonst häufigen späteren Erpressungen und Klagen wegen Verführung oder gar Missbrauch scheint es unter den Jüngern des George-Kreises nicht gekommen zu sein, weil alle der höheren und höchsten Gesellschaftsschicht angehörten und entsprechende Karrieren als Professoren, Künstler, Wissenschaftler oder Politiker selbstverständlich waren und durch die gegenseitigen Beziehungen gefördert wurden.
Stefan George hat das geschickt geregelt, das war das Geheimnis der grenzenlosen Ergebenheit seiner Jünger. Das Charisma ging aber doch von den jüngeren Jüngern wie Maximin aus. Wikipedia:
Kronberger war der Sohn des Würzburger Kaufmanns Alfred Kronberger. Er wuchs in München-Schwabing auf, wo er das Gymnasium besuchte. Der Dichter Stefan George traf ihn 1902 in München auf der Straße und sprach ihn wenig später das erste Mal an.
Damit haben wir das eigentliche Geheimnis noch nicht ergründet: Die Freunde der Knabenliebe tarnten und verbargen ein Agentennetz, vermutlich eines der einflussreichsten seiner Zeit im Deutschen Reich. Denn es ist klar, dass der George Kreis nur als politischer Agentenapparat für mindestens eine größere globale Macht seine Existenz fristen und sicher vor den üblichen Nachstellungen bleiben konnte, da er bis heute politisch gedeckt und rührend gepflegt wird. Sonst hätte das schnell im üblichen Wutgeheule über solche Neigungen geendet, bis in unsere Tage. Diese Zusammenhänge können aber auch hier nur angedeutet werden.
Wir finden in diesem Kreis und über seine Ränder jede Menge politisch bekannter Namen wie Stauffenberg und Weizsäcker …
Das ist noch weitgehend unerforscht und dem Publikum unbekannt und gewiss ein sehr spannendes Thema. Damals geisterte noch so ein “Charismatiker” in München herum und manchmal wird behauptet, in zumindest sehr ähnlichen Kreisen.
Karlauf erwähnt in seiner Biografie (S. 262) einen Cyril Scott, den George Ende 1896 als 17-jährigen Musiker bei Clemens von Franckenstein in Frankfurt kennengelernt hatte. Scott lehnte Georges Verehrung ab und zitiert in seinem Buch "Die Tragödie Stefan Georges" (Eltville 1952, 30-32) sein mit George geführtes Gespräch über die 1895 erfolgte Verurteilung des berühmten Dichters Oscar Wilde zu zwei Jahren Zuchthaus mit schwerer Zwangsarbeit wegen Unzucht:
Ich sagte nämlich, dass ich jede Form der Lebensführung ablehne, die den Gesetzen des Landes widerspricht. Worauf er spöttisch lächelnd erklärte, wenn diese Gesetze mit Nachdruck durchgeführt würden, dann wären viele hochgestellte Persönlichkeiten in verschiedenen Ländern betroffen. Deshalb müsse es sich die Polizei mehr als einmal überlegen, bevor sie irgendwelche Maßnahmen ergreife.
Das ist schon eine sehr professionelle Haltung, die nur jemand einnehmen kann, der seinerseits über fast unerklärliche Beziehungen zu seinem Schutz vor Polizei und Erpressern verfügt. Wie man an Oscar Wilde sieht, waren solche Beziehungen durch Ruhm als Dichter kaum zu gewinnen, selbst wenn George mehr Talent für die Dichtkunst besessen hätte. Andererseits waren einflussreiche Kreise interessiert, Einfluss auf diese hochgestellten Persönlichkeiten zu gewinnen, und konnten ihre Agenten vor der Polizei schützen. Nur so einer konnte spöttisch lächelnd erklären, dass die Polizei sich irgendwelche Maßnahmen mehr als einmal überlegen sollte.
Im speziellen Fall des George-Kreises kommt noch ein sehr wichtiger Punkt hinzu: George hatte gezielt Jünger aus jüdischen Kreisen angesprochen, nicht weil die ganz besonders seine Neigungen teilen würden, sondern weil bei dieser Zusammensetzung des George-Kreises jeder Zugriff der Sittenpolizei von der Weltpresse als antisemitischer Akt verurteilt worden wäre und die Regierung sich die ärgsten Feindschaften zugezogen haben würde. So ergab sich auch Heidelberg mit dem ersten Universitätspräsidenten jüdischen Glaubens als naheliegender Sammelpunkt des George-Kreises. An fast allen anderen Universitäten wäre schon ein Studium oder gar eine Promotion und Habilitation von George-Jüngern am gesellschaftlichen Widerstand gescheitert. In Heidelberg erhielt Friedrich Gundolf 1920 eine ordentliche Professur.
Max Kommerell, von 1924 bis 1928 Sekretär und engster Jünger Georges, hatte bei Gundolf und Friedrich Wolters in Marburg studiert, wo sich auch schon ein kleines Nest befand. So konnte eine Schar von Professoren aus dem George-Kreis hervorgehen, die unter den sonst herrschenden Verhältnissen bereits im Studium von der Universität ausgestoßen worden wären. Max Kommerell brach 1930 seine Beziehungen zu George ab, weil er die von George geforderte Unterwerfung mit seinem Alter und seiner gesellschaftlichen Stellung nicht mehr vereinbar fand, er war nach seiner Habilitation ab 1930 Privatdozent an der Universität Frankfurt. Doch ohne den Einfluss des George-Kreises hätte es für viele keine Universitätskarriere gegeben oder nur um den Preis einer völlig bürgerlichen Existenz, darum die Bereitschaft, das sicher nicht nur von Kommerell als unwürdig empfundene Leben als George-Jünger zu ertragen.
Die Beziehungen des George-Kreises garantierten die begeisterte Aufnahme der Dichtereien und sonstigen Werke in der Presse. Das deutsche Feuilleton erforschte auch die bescheidensten Zeilen des Großen Meisters von allen Seiten, um deren verborgenen Sinn zu entdecken. Dass der Redakteur gar keinen fand, war der dem Publikum ehrfürchtig präsentierte Beweis für die Tiefe der Georgeschen Gedanken und Weisheit in seinem geheimen Deutschland. So wurde Stefan George zu einem der drei größten Lyriker des 20. Jahrhunderts in deutscher Sprache erklärt, neben Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke. Einzig Hofmannsthal dürfte den Ruhm wirklich seinem lyrischen Talent zu verdanken haben. Rilke wurde als Dichter dadurch berühmt, dass er sich mit wesentlich älteren Damen der besten Salons wie der bekannten Lou Andreas-Salomé abgab, deren reiche und einflussreiche Ehemänner wohl in der Presse dafür gesorgt haben, dass die Gattin ihren Begleiter Rainer Maria Rilke bei den Freundinnen im Salon nicht mit den Worten "Hallo Mädels, das ist mein junger Hengst!" einführen musste, sondern den von allen Zeitungen gerühmten jungen Dichter präsentieren konnte. Die allgemeine Liebe zur Lyrik sorgte umgehend für persönliche Einladungen zu privaten Dichterlesungen bei den anderen alten Damen und eine begeisterte Rezension der jeweils neuesten Werke in der Presse, deren Redakteure ja auch in den besseren Salons verkehrten, finanziell auf Zuwendungen angewiesen waren und wieder eingeladen werden wollten.
Die griechische Liebe und die orientalische Despotie
Die historisch korrekt als griechische Liebe benannte Päderastie ist eine enge Beziehung zwischen einem erwachsenen Mann von Talent und Lebenserfahrung mit einem noch bartlosen Jüngling meist im Alter von 14-18 Jahren. Im alten Griechenland sei nach den Berichten seiner Historiker (deren Glaubwürdigkeit hier nicht diskutiert werden soll) die Päderastie eine gesellschaftliche Einrichtung gewesen und diente der Erziehung begabter Jünglinge, die sich einen Verehrer aussuchten, der ihren weiteren Lebensweg fördern und ihnen die nötigen Kenntnisse über Philosophie, Politik und Wirtschaft sowie die Kunst der Kriegführung vermitteln konnte. In den Geschichtsbüchern wird meist der letztgenannte Punkt betont, weil die drei erstgenannten später den Grund für die gnadenlose Verfolgung und Ächtung der Päderastie durch die herrschende Klasse lieferten.
Die griechische Polis bedurfte einer breiten Schicht geistig reifer und über Gesellschaft, Philosophie und Politik aufgeklärter junger Männer, die völlig selbständig denken und handeln konnten und die dazu nötige Anleitung und Förderung und erforderlichen Kenntnisse in ihren Jugendjahren von unabhängigen und keinen fremden Interessen dienenden erwachsenen Freunden erhielten. Mit der Unterwerfung Europas durch die orientalische Despotie in ihrer Gestalt von Monotheismus und Patriarchat und schließlich einer auf dem Privateigentum basierenden Klassengesellschaft geriet die Päderastie in heftigen Widerspruch zu den herrschenden Interessen. Die von den Griechen verabscheute und bekämpfte, aber zuletzt siegreiche orientalische Despotie benötigte völlig verblödete und versklavte Untertanen, deren Erziehung, falls es noch so etwas gab, nun in den Händen der Pfaffen und später der von den Machthabern besoldeten Lehrer und Professoren lag. Das Ergebnis war dem entsprechend eine gläubige und obrigkeitshörige Bevölkerung, mit der die herrschende Kaste ohne jeden Widerstand nach ihrem Gutdünken verfahren kann. Es liegt auf der Hand, dass die mit aller Gewalt und jeglichen verfügbaren Machtmitteln geförderte Verblödung der Bevölkerung nach wenigen Generationen auch die herrschende Klasse erreichte. So saßen nicht nur die Bauern und alten Weiblein in den Kirchen, um den ihren Geist mit religiösem Wahn abtötenden Pfaffen hörig zu werden, auch in den Familien der höheren Gesellschaft beherrschten bald die Pfaffen die Weiber und Kinder, mit allen zu erwartenden Folgen.
Die Liebe eines gebildeten Mannes zu einem wissensdurstigen und begabten schönen Knaben hätte die herrschenden Verhältnisse in jeder Weise bedroht. Die Förderung und Protektion des jungen Mannes würde die Klassenschranken durchbrechen und gegen das patriarchalische Prinzip verstoßen, dass die gesellschaftliche Stellung nur noch vererbt und von Familie und Vermögen bestimmt wird. Die von einem erfahrenen Mann an die Jugend weiter gegebene Wissenschaft und Philosophie und die Kenntnisse über Gesellschaft und Politik hätten alle Herrschaftsgrundlagen bedroht. Die von der Obrigkeit unkontrollierte Weitergabe des Wissens und der Lebenserfahrung zwischen den Generationen und die Protektion der Jungen durch die Alten würde sämtliche Bemühungen durchkreuzen, die Untertanen möglichst abhängig, dumm und hörig zu halten.
Der Einwand nun gegen Stefan George und seinen Kreis ist nicht, dass George die Knabenliebe wieder gesellschaftsfähig machen wollte, sondern dass er sie ausgerechnet in ihrer pervertiertesten Form, nämlich als orientalische Despotie, vorgelebt und propagiert hat: Mit Stefan George als dem Großen Meister und Erlöser im Kreis seiner Jünger, dessen jeglichen politischen Sinn und praktischen Wert nur vortäuschendes Gefasel die Anhänger nicht weniger gläubig und untertänig zu studieren und zu verehren hätten, wie die Weiber und Kinder die Worte Jesu bei den Pfaffen in den Kirchen. Dass George die selbstverständlich nie restlos ausrottbare Knabenliebe zur orientalischen Despotie der um einen egozentrischen Führer gescharten Sekte deformierte, gewann ihm die Unterstützung einer Fraktion der herrschenden Klasse, die hier sofort ein zusätzliches Herrschaftsinstrument und einen genialen Trick erkannte, sogar die griechische Liebe zur Volksverdummung und Schaffung gehorsamer Untertanen zu instrumentalisieren.
Das George-Projekt
Nach der Beisetzung Georgens sollen einige seiner jeglichen klaren Denkens entwöhnten und geistig verwirrten jungen Verehrer am Bahnhof noch mit dem ganz neuen und eigentlich römischen Deutschen Gruß von einander Abschied genommen haben. Einige ältere Drahtzieher des George-Kultes mussten dies erschrocken mit ansehen, wird uns in den Biografien versichert, und keiner habe dabei einen wilden, inneren, heimlichen Freudentanz aufgeführt, sollen wir meinen, weil die Verwirrung der Jugend mit sinnloser Dichterei so blendend gelungen sei und die anderenfalls gefährlichen Buben nach großen Worten und Gesten süchtig blieben, eine leichte Beute ihrer Feinde.
Die ebenso von großen Worten und dramatischen Gesten trunkene neue Regierung Deutschlands konnte Freund und Feind auch nicht entwirren und huldigte dem Dichter mit einem nach ihm benannten Georgepreis für Literatur. Joseph Goebbels scheint seinem von ihm sehr verehrten ehemaligen Professor, dem ersten engsten Jünger Georgens, Friedrich Gundolf, die Abweisung als Doktorand, er war dem Gundolf wohl nicht hübsch genug und zu sehr an Weibern interessiert für den George-Kreis in Heidelberg, nicht nachgetragen zu haben. Man stelle sich vor, der hätte den Rest seines Lebens vergebliche Liebesreime geschmiedet, statt sich in die Politik zu wenden.
Der George-Kreis
Das Thema ist also der George-Kreis, womit ich nicht nur seine unmittelbaren Jünger und Gespielen meine, sondern auch die Unterstützerszene für seinen Ruhm als angeblich einer der drei größten Lyriker seiner Zeit in deutscher Sprache.
Die interessanten George-Fans werden nachfolgend einzeln aufgelistet und kurz besprochen. Die Zusammenhänge und Hintergründe können Sie sich selber zusammenreimen oder sich über den illustren Kreis vom Bruder des Albert Speer über Theodor Wiesengrund Adorno bis zum letzten Arzt Georges wundern, den Bruder von Robert Kempner. So viel wird verraten: Wir haben es hier wohl mit Politik zu tun, da durfte die Dichtung etwas dürftig ausfallen.
Adam, Friedrich, Vater des AfD-Politikers Konrad Adam
Konrad Adam wurde 1942 als Sohn des promovierten Juristen und höheren Bahnbeamten Friedrich Adam und seiner Frau in Wuppertal geboren. Sein Vater war während des Krieges Oberreichsbahnrat in Krakau und gehörte zu den spät hinzugekommenen Mitgliedern des George-Kreises. Er wurde nach dem Krieg zusammen mit dem Lyriker Robert Boehringer zum wichtigen Kontaktpfleger im Zentrum der zerstreuten Gruppe.
Auf Wunsch seines Vaters besuchte Konrad Adam zunächst die Privatseminare des Philosophen Kurt Hildebrandt, ebenfalls George-Schüler, die er aber bald aufgrund der kompromittierten Gesellschaft mied.
Anstatt den Lehrerberuf zu ergreifen, wurde Adam nach dem Studium Redakteur bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Kiel und Hamburg. Danach war er von 1979 bis 2000 Mitglied der Feuilleton-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Anschließend ging Adam für knapp sieben Jahre als politischer Chefkorrespondent der Tageszeitung Die Welt nach Berlin.
Adorno, Theodor Wiesengrund (1903-1969)
Von Adorno wurden im Jahr 1921/22 Sechs Lieder aus "Der siebente Ring" von Stefan George für eine Singstimme und
Klavier komponiert.
Später habe sich Adorno aber von der Ideenwelt Georges eher distanziert, heißt es:
Fakt ist, „daß der George-Kreis mit seinem überproportional hohen Anteil an Juden innerhalb der deutsch-jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte eine nahezu einzigartige Stellung einnimmt“, so dass er, trotz Goebbels’ Verehrung, „von den Nationalsozialisten [...] insgesamt als eine jüdische Bewegung betrachtet“ wurde. George selber war sich dieses Phänomens bewusst und bekannte sich zu ‚seinen Juden‘. Der „Charismatiker Stefan George, der wie kein anderer Autor nach Nietzsche in ästhetischer und weltanschaulicher Hinsicht auf seine Mitwelt Einfluß nahm“ und sein Kreis betrachteten sich als eine treue Schar von Auserwählten, waren eine Gemeinschaft, „die sich als aristokratische Bildungselite eine Welt außerhalb der offiziellen Kultur erschaffen wollte“, einen „Gegenentwurf zur misslichen Realität“. Ihre „Verbundenheit, hinter der die Volksgemeinschaft lauert“ (Adorno), sollte „das geheime Deutschland“ sein, das wahre, das noch zu erwecken wäre; laut Walter Benjamin für das offizielle Deutschland „nur das Arsenal, in welchem die Tarnkappe neben dem Stahlhelm hängt.“
http://www.ruhr-uni-bochum.de/bsz/639/4.html
Adriani, Bruno (1881-1971)
Bruno Adriani wirkte als Jurist ab 1923 im Polizeipräsidium Berlin in der Theaterzensur und seit 1926 bei der preußischen Prüfstelle zum Schutz der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften. 1930 wurde er Ministerialrat im Preußischen Kultusministerium, schied aber Ende des Jahres aus dem Dienst, um sich ganz als Mäzen der Kunst zu widmen. Zum 80. Geburtstag von George veröffentlichte die ZEIT 1948 von ihm einen Jubelartikel über den Dichter.
Anton, Johann
Johann Anton zog nach seiner Promotion 1925 nach München, um noch einige Semester Jura für seine Bewerbung beim Auswärtigen Amt zu studieren. Im Jahr 1928 wurde er unter fünfhundert Bewerben ausgewählt, weil der damalige Außenminister Gustav Stresemann sich für das Thema seiner Dissertation interessiert habe, so behauptete jedenfalls Johann Anton in einem Brief an Friedrich Wolters (Karlauf, S. 569). Das ist allerdings angesichts des Themas "Die Wandlung des Napoleon-Bildes in Deutschland" kaum anzunehmen, da müssen sich schon andere Kräfte für seinen Eintritt ins Auswärtige Amt verwendet haben. Karlauf lenkt von dem Verdacht, Johann Anton könnte als George-Jünger von den damals höchsten Stellen protegiert worden sein, gleich wieder ab und versichert, sowohl Anton wie George seien entschiedene Gegner der Politik Stresemanns gewesen und Anton sei die Wilhelmstraße seiner Zeit als "Hort des Hochverrats" erschienen (ebenda). Letzteres war sicher zutreffend.
Johann Anton lebte ansonsten in den 20er Jahren zusammen mit Kommerell bei George in abwechselnden Unterkünften und auf Besuch bei den Jüngern.
Becker, Hellmut (1913-93), Sohn des preußischen Kultusministers Carl Heinrich Becker und Urenkel des Sprachforschers Karl Ferdinand Becker. Der Vater war für die "Becker-Jungen" berüchtigt. Über Hellmut Becker, der 1947 den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Ernst von Weizsäcker im Wilhelmstraßen-Prozess verteidigte, aus Wikipedia:
Nach seiner schweren Verwundung im Herbst 1941 ging er an die neu gegründete Reichsuniversität Straßburg. Dort wohnte er bei Carl Friedrich von Weizsäcker. Becker war seit Mai 1937 Mitglied der NSDAP, außerdem war er ein Anhänger der Dichtung Stefan Georges und stand mit Mitgliedern des George-Kreises in Kontakt, vor allem mit Robert Boehringer.
...
Nach einer Zwischenstation am Frankfurter Institut für Sozialforschung wurde er 1956 Präsident des Deutschen Volkshochschulverbandes bis 1974 und danach noch Vorsitzender des Kuratoriums der Pädagogischen Arbeitsstelle des DVV. 1963 war er Mitbegründer des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und dessen erster Direktor. Als Direktor des MPI für Bildungsforschung war er auch Mitglied im Deutschen Bildungsrat. Becker war zwischen 1966 und 1972 wiederholt Diskussionsleiter bei den Bergedorfer Gesprächen, in denen die bundesdeutsche Bildungsreform vorangetrieben wurde.
Blumenthal, Albrecht Werner von (1889-1945)
Albrecht von Blumenthal stammte aus einem alten märkischen Adelsgeschlecht. Er studierte ab dem SS 1907 in Berlin und war von 1907 bis 1909 als Rhodes Scholar in Oxford. Er wurde 1913 in Halle promoviert. Im ersten Weltkrieg geriet er in französische Kriegsgefangenschaft. 1922 habilitierte er sich in Jena und wurde dort 1928 zum außerordentlichen Professor ernannt. 1938 wurde er Lehrstuhlvertreter und 1940 Lehrstuhlinhaber an der Uni-Gießen. Seine erste Frau hatte er als Rhodes Scholar in England kennengelernt, nach dem Scheitern der Ehe befreundete er sich mit Maria Fehling, der Schwester des Regisseurs Jürgen Fehling.
Albrecht von Blumenthal war zwischen 1912 und 1921 mit Wilhelmine (Billy) Hainsworth verheiratet. Das Paar hatte zwei gemeinsame Söhne, Werner (1914–2003, als Engländer Richard Arnold-Baker) und Wolfgang (1918–2009, als Engländer Charles Arnold-Baker). Die Mutter hatte in England 1923, Percy Arnold-Baker, (1875–1944), den Bruder von Sir Frederick Arnold-Baker geheiratet, darum nahmen die Söhne dessen Namen an. Der Sohn Wolfgang hatte ab dem 25. Februar 1941 für drei Monate das Kommando über die Garde für Churchills Landhaus Chartwell, als Churchill sich dort von seiner Erkrankung erholte, und speiste mit den anderen Offizieren bei ihm. Ab dem 14. December 1943 arbeitete er unter dem Decknamen Anderton für die MI6 mit Kim Philby zusammen, den er aber nicht gemocht habe, heißt es. Der Bruder Richard Arnold-Baker gehörte ebenfalls der MI6 an und verhörte Rudolf Heß.
Albrecht von Blumenthal führte den späteren Altertumswissenschaftler Alexander Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Berthold Schenk Graf von Stauffenberg in den George-Kreis ein. Er war im Dezember 1933 im Sterbezimmer von Stefan George in einem Krankenhaus beim Lago Maggiore, zusammen mit Claus, Alexander und Berthold Stauffenberg, dem zum Erben bestimmten Robert Boehringer, Georges Berliner Leibarzt Walter Kempner und Frank Mehnert.
Boehringer, Erich (1897-1971), Bruder von Robert Boehringer, Archäologe
Erich Boehringer wurde 1919 in Heidelberg als Novize in den George-Kreis aufgenommen. Er hatte sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet und wurde 1915 zum Leutnant befördert. Er lernte 1917 George kennen und wurde von diesem und seinem Kreis stark beeinflusst. Nach Kriegsende studierte er Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Altgriechisch und nahm später an den Grabungen in Pergamon teil. 1932 habilitierte er sich in Greifswald, war ab 1934 Lehrstuhlvertreter und ab 1942 Ordinarius. Von 1940 bis 1943 war er Kulturattaché an der deutschen Botschaft in Athen. 1946 erhielt er einen Lehrauftrag an der Uni-Göttingen.
Boehringer, Robert (1884-1974), ein Mitglied der Industriellenfamilie Boehringer in Ingelheim, nach dem Tod von George dessen Erbe und Nachlassverwalter.
Robert Boehringer war 20 Jahre alt und Student der Ökonomie, als er 1905 in Basel George traf, dessen Gedichte er schon länger mit Begeisterung gelesen und ständig rezitiert hatte. Der Ökonom Julius Landmann hatte Boehringer einen Job beim Internationalen Arbeitsamt in Basel (der 1901 gegründeten International Association for Labour Legislation) verschafft. Der über das System der Diskontpolitik promovierte Landmann bekleidete da eine Stelle von 1901-06 und wurde später Sekretär des Bankrates der neugegründeten Schweizerischen Nationalbank, die uns schon mal im Zusammenhang mit der Finanzierung des Goetheanums von Steiner bei Bern aufgefallen war.
Nach Karlauf (S. 376) habe sich Boehringer sofort dem Großen Meister unterworfen und diesem die albernsten Huldigungen verfasst:
Dies sei mir leitspruch fürs kommende und spätere jahre: Dir zu gehören und mein leben von Dir zu empfangen, so Du es mir geben willst.
Auf Georges Wunsch brach Boehringer seine Beziehungen zu Rudolf Borchardt ab, mit dem ihn Julius Landmann bekannt gemacht hatte. Obwohl Borchardt auch für Georges Dichtkunst warb, bezeichnete George den Konkurrenten als schmierige Personage (Karlauf, S. 377), wofür sich Borchardt mit der Drohung revanchierte, die Öffentlichkeit über die wahre Natur Georges aufzuklären.
Der Gründer der Ingelheimer Firma, Albert Boehringer, wurde 1914 als Chef einer Sanitätskompanie eingezogen und seine Kinder waren noch zu jung, um die Firma zu übernehmen. Durch diese wohl nicht zufällig eingetretenen Umstände, selbstverständlich ist der Chef einer Chemiefirma für den Krieg in seiner Firma wichtiger als in einer Sanitätskompanie, konnte Robert Boehringer im Ingelheimer Familienunternehmen bei Kriegsbeginn die Führung übernehmen. 1920 ging er in die Schweiz zurück und war bis 1931 am Aufbau der Firma Hoffmann-La Roche in Basel beteiligt. Boehringer publizierte über George und gründete 1959 die Stefan George Stiftung.
Bondi, Georg (1865-1935), war der Verleger von George und seinem Kreis.
Georg Bondi promovierte 1891 in Leipzig über Philosophie und gründete seinen gleichnamigen Verlag 1895 in Dresden. Im folgenden Jahr zog er nach Berlin um und gewann als seinen wichtigsten Autor Stefan George, den er 1898 in Rom im Haus Ludwig von Hofmanns kennengelernt hatte. Verheiratet war er mit der Tochter Eva des Ernst Dohm, des leitenden Redakteurs beim Satireblatt Kladderadatsch. Die Dohms unterhielten einst einen bekannten Salon, in dem Ferdinand Lassalle und die Gräfin Hatzfeld verkehrten, ebenso Alexander von Humboldt, Franz Liszt, Theodor Fontane, Fanny Lewald und Adolf Stahr, Varnhagen von Ense und seine Nichte Ludmilla Assing, Cosima und Hans von Bülow. Georg Bondis Schwägerin war Hedwig Pringsheim-Dohm, die Mutter von Katia Mann, der Frau des Thomas Mann.
Bondi hatte eine kleine Mansarde unter dem Dach seiner Grunewald-Villa eingerichtet, die Stefan George von 1915 bis 1922 immer einige Wochen im Herbst bewohnte. 1924 traf George unerwartet bei Bondi an der Haustür das erste und einzige Mal auf Thomas Mann, der ihm sehr unsympathisch gewesen sei. Obwohl oder weil beide dieselben Neigungen verfolgten, gingen sie sich aus dem Weg; sie wären ja auch Konkurrenten um die Gunst der Knaben und jungen Männer gewesen. Jedenfalls war der Georg Bondi Verlag finanziell nicht wirklich auf Bestseller aus der Feder von George und seinen Jüngern angewiesen und konnte seine Autoren nach anderen Gesichtspunkten wählen und fördern.
Anlässlich der Harden-Eulenburg-Affäre habe Georg Bondi sich gegen Maximilian Harden gewandt.
Breysig, Kurt (1866-1940), Historiker, 1896 auf Betreiben Gustav von Schmollers ao. Prof. für Geschichte, erhielt er erst ab 1923 auf Betreiben Carl Heinrich Beckers eine o. Professur.
Breysig begegnete G. erstmals im Nov. 1899 bei Lepsius. In seinem Aufsatz "Der Lyriker unserer Tage" (Jan. 1900) rühmte er G. als Erfüllung der Verheißungen des Dichter-Philosophen Nietzsche durch "inhaltsschwere Gedanken". Nach seiner Geschichtstheorie durchlaufe jedes Volk seine eigenen Phasen der Urzeit, des Altertums etc. und steige im günstigen Fall zur Zivilisation auf. Bei Friedrich Nietzsches Begräbnis im August 1900 in Weimar hielt Kurt Breysig die Ansprache am Sarg.
Bruckmann, Elsa geb. Prinzessin Cantacuzène (1865-1946) aus dem alten byzantinischen Adelsgeschlecht der Kantakuzenos.
Elsa Bruckmann lernte 1893 den jungen Hugo von Hofmannsthal kennen und heiratete 1898 den Münchner Verleger Hugo Bruckmann (1863–1941). Sie eröffnete ihren Salon in München 1899 mit einer Autorenlesung Houston Stewart Chamberlains und förderte ab 1920 Hitler. Dieser brachte zu seinen Auftritten im Salon auch seinen Spezi und Chauffeur Moritzl, Emil Maurice, mit, den Urenkel des jüdischen Theaterdirektors in Hamburg Chérie Maurice. Wikipedia über den Salon Bruckmann:
Zu den Gästen zählten Wissenschaftler wie Norbert von Hellingrath, Rudolf Kassner, Adolf Furtwängler, Heinrich Wölfflin und Hugo von Tschudi, die Architekten Rudolf Alexander Schröder, Richard Riemerschmid und Paul Ludwig Troost, Wirtschaftsführer wie Emil Kirdorf und Dichter, wie etwa Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal und Stefan George nebst Mitgliedern des sogenannten George-Kreises, wie Alfred Schuler und Ludwig Klages. Obwohl Elsa Bruckmann schon früh deutschnational und antisemitisch eingestellt war, verkehrten in ihrem Salon in den ersten zwei Jahrzehnten seines Bestehens auch Reformer und Linksliberale, wie etwa Harry Graf Kessler und Intellektuelle, die später wegen ihrer jüdischen Abstammung verfolgt wurden, wie der ebenfalls zum George-Kreis zählende Karl Wolfskehl. Thomas Mann dürfte gelegentlicher Gast im Salon Bruckmann gewesen sein.
Ihr Neffe war Norbert von Hellingrath, der mit Unterstützung von George Hölderlin popularisierte.
Cohrs, Adalbert
Adalbert Cohrs hatte sich schon im August 1914 als 17-jähriger Schüler freiwillig gemeldet. Bei Fronturlauben besuchte er Stefan George und vier Wochen nach einem Treffen im Januar 1917 schrieb er diesem, dass er so unglücklich wäre, dass ihm die Flucht aus Deutschland eventuell in die Schweiz als einzige Hoffnung erscheine. George antwortete verständnislos (zitiert nach Karlauf S. 475): Deine zeilen enthalten etwas fast ordnungsloses und einen getrübten blick. Ein entrinnen gibt es jetzt nicht - für keinen. am wenigsten eines auf das Du anspielst. Im Januar 1918 kam es wieder zu einem Treffen mit George in München, der Cohrs nach seiner Abreise noch einen Vierzeiler zusandte (Karlauf, ebenda): Du hast des lebens götterteil genossen/Von glück und rausch und schwärmen wunderbar ../Du darfst nicht murren, ward dir nun beschlossen/Des wahren lebens ander teil: gefahr.
Cohrs kam 1918 zur Kur in ein Sanatorium im Harz, wo es ihm gelang, seinen Freund Bernhard Graf Uxkull-Gyllenband, der in einem Lazarett in Bonn lag, zu sich verlegen zu lassen. Im April baten sie George um einen Besuch im Sanatorium, der einige Tage in den Harz reiste, aber seinen jungen Freunden nicht zu helfen gedachte. Cohrs wollte nicht wieder an die Front und besuchte Gundolf im Juli 1918 in Berlin, aber von Gundolf war ebenso nichts zu erwarten.
Adalbert und Bernhard versuchten schließlich mit Hilfe eines Schmugglers über die Grenze in die Niederlande zu fliehen. Den Schmuggler hatte ihnen in Berlin ein Soldat empfohlen. Als sie den Schmuggler an der Grenze zu den Niederlanden aufsuchten, wurden sie von ihm an die Polizei verraten. Beim folgenden Verhör in der Kaserne in Kaldenkirchen erschossen sich der Leutnant Cohrs und der Fahnenjunker Graf Uxkull am 29. Juli 1918 während des Verhörs.
Cordan, Wolfgang (1909-1966)
Aus Wikipedia:
Der Sohn aus bürgerlichem Hause studierte in Berlin Altphilologie, Philosophie und Musikwissenschaften und schließt sich dem George-Kreis an. Daneben zeigte er sich beeindruckt von Erich Mühsam, Bauhaus,
Piscator und Brecht. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte Horn im Februar 1933 nach Paris, schloss sich surrealistischen Kreisen an und
legte sich den Künstlernamen Wolfgang Cordan zu. Er versucht sich vor allem in der Lyrik. Ende 1933 reiste er in die Niederlande, leitete die viersprachige Zeitschrift Centaur, freundete
sich mit Max Beckmann und Klaus Mann an; letzterem widmete er seine erste Erzählung. Um 1950 zählte er zu den Autoren der international verbreiteten Homosexuellenzeitschrift Der Kreis.
Curtius, Ernst Robert (1886-1956), besuchte George 1907 mehrmals (Karlauf, S. 44) und im April 1919 in Heidelberg (Karlauf S. 472).
Curtius war 1930 Mitglied im Beirat der deutschen Abraham Lincoln-Stiftung ALS, einem Ableger der Rockefeller-Stiftung. Die Abraham Lincoln-Stiftung war eine geheime Unterorganisation der Rockefeller-Stiftung, die von 1927 bis 1934 in der Weimarer Republik ... Präsident war 1927 Carl Heinrich Becker, Geschäftsführer ab 1928 Reinhold Schairer und Hans Simons. Über 100 Persönlichkeiten befanden sich 1928 im Beirat. Der Name der Stiftung geht zurück auf die Gedanken und Bestrebungen des Geoffrey Winthrop Young,…
Elze, Walter
Walter Elze war ein deutscher Offizier, Jagdpilot und Militärhistoriker. In der Zeit des Nationalsozialismus bekleidete er in der Nachfolge von Hans Delbrück den Lehrstuhl für Kriegsgeschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. Außerdem trat er als Lyriker in Erscheinung und gehörte dem George-Kreis an. ... Elze studierte dann Geschichte an den Universitäten Marburg und Kiel. Sein wichtigster Lehrer war Friedrich Wolters, bei dem er 1924 in Kiel promovierte und der ihn mit dem George-Kreis in Verbindung brachte.
Die erstaunliche Karriere von Walter Elze hatte schon im Ersten Weltkrieg begonnen. Er war als Pilot der Jagdstaffel 11 (von Richthofen) zum Adjutanten im Oberkommando der 7. Armee aufgestiegen und zuletzt Adjutant des Kommandierenden Generals der Luftstreitkräfte im Großen Hauptquartier.
Im Jahr 1936 promovierte Wilhelm Heinrich Scheidt, Jahrgang 1912, bei Professor Walter Elze zum Thema "Die Weisheit Goethes für die Geschichte". Der war von Max Kommerell in die griechische Philosophie eingeführt worden. Für kriegsgeschichtliche Arbeiten des Walter Elze holte Wilhelm Scheidt als Beauftragter jeden Tag morgens um 10 Uhr die stenographischen Protokolle der militärischen Lagebesprechungen bei der Wehrmachtsführung in Berlin ab (Hitler: Der Künstler als Politiker und Feldherr. Eine Herrschaftsanalyse von Wolfram Pyta), in dem Konvolut befanden sich auch andere Geheimsachen des Führerhauptquartiers. Scheidt wird verdächtigt, ein Spion des sowjetischen Geheimdienstes gewesen zu sein, weiteres dazu nachfolgend unter dem Namen.
Im Jahr 1939 promovierte Walter Elze den späteren Informanten Moskaus im FHQ Felix Hartlaub mit einer Arbeit über Don Juan d’Austria und die Schlacht bei Lepanto.
Eucken, Rudolf (1846 - 1926) erhielt 1908 den Nobelpreis für Literatur
Der Sohn eines Postmeisters und Freund des Philosophen Friedrich Adolf Trendelenburg wurde nach seiner Promotion Gymnasiallehrer und 1871 als Ordinarius der Philosophie und Pädagogik an die Universität Basel berufen. Ab 1874 war er Professor in Jena, wo einst Karl Marx seinen Doktortitel gekauft hatte, weil die Bezahlung der Professoren so schlecht war, dass sie ein Zubrot brauchten. Das eigentliche Geheimnis seiner Karriere entdecken wir in diesem Satz aus Wikipedia:
1882 heiratete er Irene (1863–1941), Tochter von Carl Adolf Passow. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, der Chemiker Arnold Eucken (1884–1950), der Nationalökonom Walter Eucken (1891–1950), sowie die Tochter Ida Marie (* 10. Januar 1888; † 16. Oktober 1943, studierte Gesang (Sopran) und trat unter anderem mit Max Reger auf). Die Kinder wachsen in einem weltoffenen und kulturell interessierten Elternhaus auf. In der Eucken’schen Villa in der Botzstraße in Jena gehen unter anderem der Komponist Max Reger und Literaten wie Stefan George und Hugo von Hofmannsthal ein und aus.
Er war also der Vater von Walter Eucken, dem Begründer der Freiburger Schule des Ordoliberalismus.
Fehling, Maria (1890-1929) war Historikerin und Autorin.
Maria Fehling war die Tochter des Lübecker Bürgermeisters Emil Ferdinand Fehling. Ihre Mutter war die Tochter des Dichters Emanuel Geibel, ihr Bruder Regisseur Jürgen Fehling. Sie studierte Geschichte und wurde 1922 in Tübingen promoviert. Durch Vermittlung von Ida Boy-Ed erhielt sie eine Anstellung als Verlagslektorin beim Cotta-Verlag. Zusätzliche Anmerkung:
Ida Boy-Ed war die Mutter von Karl Boy-Ed, der als Marineattaché in den USA zusammen mit Franz von Papen für einige misslungene und eine böse Stimmung gegen Deutschland bewirkende Spionage- und Sabotageaktionen verantwortlich war. Zu seinen Bekannten in Washington zählte unter anderen Franklin D. Roosevelt, der ab 1913 als Unterstaatssekretär für Marinefragen in der Regierung Wilson vertreten war und mit dem Boy-Ed in beruflicher Beziehung stand.
Maria Fehling lebte in einfachen Verhältnissen in München und hielt Kontakt zum George-Kreis. Sie schlug ihrem Freund Albrecht von Blumenthal die Brüder Stauffenberg als für den George-Kreis geeignete Kandidaten vor und führte auch Renata von Scheliha, die Schwester des Rudolf von Scheliha, der 1942 wegen Geheimnisverrat als Legationsrat im Auswärtigen Amt hingerichtet wurde, dem George-Kreis zu. 1929 beging Maria Fehling wegen schwerer Depressionen Suicid.
Franckenstein, Clemens von (1875-1942)
Clemens von Franckenstein war der Bruder des österreichischen Diplomaten Georg Albert von und zu Franckenstein, der bis 1914 als Diplomat in Washington, St. Petersburg, Rom und am japanischen Kaiserhof arbeitete, 1919 der Delegation Österreichs in St. Germain angehörte und von 1920-38 Botschafter in London war.
Zu Clemens von Franckenstein aus Wikipedia:
Von Kleinauf mit Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal befreundet, studierte er bei Ludwig Thuille in München, später bei Iwan Knorr am Hoch'schen Konservatorium in Frankfurt a. M. und schloss dort Freundschaft mit Engelbert Humperdinck sowie mit Stefan George, dessen Lyrik er als erster vertonte. 1901 unternahm er eine Tournee als Dirigent durch Nordamerika, wurde 1902 Opernkapellmeister in London und folgte 1907 der Berufung als Bühnenleiter an das Wiesbadener Hoftheater, 1908 an die Berliner Hofoper. 1912 übernahm Franckenstein die Leitung der Münchner Hofoper und war 1914–1918 Generalintendant.
Friedemann, Heinrich (1888-1914)
Heinrich Friedemann unterrichtete 1912 Deutsch, Französisch und Latein in Dresden und bat Gundolf in einem Brief, ihm "in Dresden Männer unserer Gemeinschaft zugänglich" zu machen. Auch habe ihm George versprochen, ihm im Herbst den Kreis in Berlin zu zeigen. Er wechselte jedoch im gleichen Jahr noch an die Universität in Dijon, von wo aus er zum Jahreswechsel berichtete, dass nach der Stimmung im französischen Volk der Krieg Gewissheit wäre und die deutsche Armee der französischen Armee unterliegen werde. Er verfasste eine Schrift über Platon als Erzieher und fiel 1914 bei den Kämpfen in den Masuren.
Gothein, Percy (1896-1944)
Percy Gothein war der Sohn des Wirtschaftshistorikers Eberhard Gothein, der in den Jahren 1904-23 an der Universität Heidelberg lehrte. Sein Onkel Georg Gothein war 1919 Reichsschatzminister im Kabinett Scheidemann. Die Mutter Marie Luise Gothein hatte sich selbst zur Kunsthistorikerin ausgebildet und eine Geschichte der Gartenkunst verfasst. Seit 1910 war die Familie mit Friedrich Gundolf befreundet, wodurch der Kontakt mit Stefan George entstand. Gundolf war im April 1910 nach Heidelberg gezogen, um seine Habilitation zu verfassen, er kannte die Familie Gothein und deren Kinder wohl von Besuchen. Dass George den damals 14-jährigen Buben 1910 auf der Straße entdeckt habe, strapaziert den Zufall zu sehr, eher werden die Eltern seine Neigungen erkannt und versucht haben, diese in künstlerische Bahnen zu lenken, und auf Gundolfs Empfehlungen hereingefallen sein. Auch Karlauf (S. 421) vertritt gegen jede Wahrscheinlichkeit die Entdeckungsversion:
Mitte September 1910 hatte George die Brüder Gundolf beim Gang über die Neckarbrücke auf einen blonden Knaben aufmerksam gemacht, "der ähnlichkeit mit einem archaischen relief hätte so dass es sich lohnte von ihm eine aufnahme zu machen" (George an Gundolf, 22. September 1910) Noch wusste keiner der drei, dass es sich um den jüngsten Gothein handelte. George hielt Ausschau, bekam ihn in der darauf folgenden Woche ein zweites Mal zu Gesicht und ging ihm nach.
George habe den Buben dann kurz vor dem Gartentor eingeholt, angesprochen und nach seinem Namen gefragt. Gundolf vereinbarte einen Fototermin mit der Familie und die Eltern hätten sich geschmeichelt gefühlt. Dem Knaben kam so kein Verdacht, dass seine Bekanntschaft mit George von den Eltern eingefädelt wurde. Der Fototermin musste auf den 13. Dezember verschoben werden, bis George wieder in Heidelberg war, ein Bild sandte George an die Mutter als Weihnachtsgruß.
Zunächst beherzigte Gothein wohl die Lehren von George und verliebte sich 1917 in den Sohn des einflussreichen Juristen und Politikers Walter Simons. Nur bei den Kindern aus einflussreichen Kreisen war Ärger mit Polizei und Justiz zu vermeiden und keine spätere Erpressung, motoviert durch berufliche und finanzielle Probleme nach der Beziehung, zu befürchten. Der Vater des Jungen wurde im Oktober 1918 Chef der Reichskanzlei, dann der Kopf der deutschen Delegation in Versailles. Simons trat von seinen Ämtern zurück, weil er die Bestimmungen von Versailles ablehnte, war 1920/21 noch Außenminister und ab 1922 bis 1929 Präsident des Reichsgerichts in Leipzig. Er führte als Präsident des Reichsgerichts nach dem Tod des Reichspräsidenten Ebert dessen Geschäfte weiter (Karlauf, S. 554) und Reichskanzler Luther bat Simons nach dem ersten Wahlgang um dessen Kandidatur. Es fehlte also nicht viel und der Sohn des Reichspräsidenten hätte dem George-Kreis angehört, was allerdings als Zufall nicht mehr glaubhaft ist und die politisch effiziente Steuerung des George-Kreises ahnen lässt.
Allerdings auch der Familie des Hans Simons, der obendrein auch noch einer der Geschäftsführer der im Hintergrund tätigen Abraham-Lincoln-Stiftung war:
Simons zählte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zu den Gründern der Deutschen Liga für Völkerbund. In dieser Organisation arbeitete er 1918 als Schriftführer, dann als Abteilungsleiter. Zugleich vertrat er sie auf der Konferenz von Versailles ... Simons arbeitete ebenfalls als Geschäftsführer der 1920 gegründeten Deutschen Hochschule für Politik. 1922 wechselte er ins Reichsministerium des Innern.
Seine Schwester Tula war Assistentin des Staatsrechtlers und „Kronjuristen des Dritten Reiches“ Carl Schmitt. Sie heiratete Ernst Rudolf Huber, im Dritten Reich ebenfalls ein führender Staatsrechtler ...
Später lebte Percy Gothein seine homosexuellen Affären aber zu öffentlich aus, so dass George die Beziehung abbrach, weil ihm das Risiko zu groß wurde. Gothein befreundete sich im Frühjahr 1923 mit Wolfgang Frommel, der später behauptete, auch von George empfangen worden zu sein, der sich aber geweigert hatte. Mit Wolfgang Frommel begründete Percy Gothein einen eigenen Freundeskreis, aus dem dann die Gruppe um das Castrum Peregrini hervorging.
Gegen Percy Gothein wurde 1937 und dann wieder 1939 wegen des §175 ermittelt und er ging ins Ausland. Ende 1943 blieb er bei der Gruppe um Wolfgang Frommel in Amsterdam und wurde im Juli 1944 mit einem 17-jährigen Holländer ergriffen und verhaftet. Der beteiligte Junge konnte später fliehen, aber Percy kam über das KL Sachsenhausen ins KL Neuengamme, wo er im Dezember 1944 den Tod erlitt.
Gundolf, Friedrich (1880-1931), eigentlich Friedrich Leopold Gundelfinger, Sohn eines hochangesehenen Mathematikprofessors an der TH Darmstadt.
Friedrich Gundolf führte sich in den George-Kreis 1899 mit Übersetzungen der Sonette Shakespeares ein, die Shakespeare angeblich an einen jungen Freund gerichtet habe, wofür sie einen besonderen Ehrenplatz in allen Sammlungen der Literatur der Homoerotik bekamen(*). Gundolf studierte in München, Berlin und Heidelberg, wurde 1903 promoviert und habilitierte 1911 über Shakespeare und der deutsche Geist. Ab 1916 lehrte er als außerordentlicher Germanistikprofessor in Heidelberg, wo er 1920 eine ordentliche Professur erhielt. Zu seinen Hörern zählte Joseph Goebbels, der 1920 bei ihm promovieren wollte. Die Welt ist klein, sehr klein. Gundolf verwies Goebbels, der wohl nicht hübsch genug war und mit seinen Weibergeschichten nicht zum George-Kreis passte, zur Promotion an den ebenfalls jüdischen Max Freiherr von Waldberg.
Gundolf wurde Georges engster Freund, bis er sich 1910 seiner späteren Frau zuwandte, die er 1926 heiratete, wonach George ihn völlig ignorierte. Zunächst aber wohnte George häufig im Haus der Eltern von Gundolf, später in dessen Wohnung in Heidelberg und beide verbrachten gemeinsame Urlaube mit Wanderungen im Sommer in der Schweiz. Mit seinem 1916 im Georg Bondi Verlag, der auch Georges Hausverlag war, erschienenen Buch über Goethe wurde Gundolf zum meistgelesenen und in der Presse meistbejubelten Germanisten in Deutschland.
Im Internet Archiv findet man die siebente unveränderte Ausgabe von 1920 vom Georg Bondi Verlag mit einem Siegel der Blätter für die Kunst um ein Hakenkreuz auf der Titelseite. Ich habe mal kurz in das letzte Kapitel geschaut, in dem es um Faust II geht (ab S. 747):
Es ist nichts als leeres Geschwätz, obwohl gerade der Faust II noch am ehesten unter allen Werken Goethes Anlass zu politisch tiefer schürfenden Überlegungen geben könnte. Aber nichts davon bei Gundolf, der Leser wundert sich am Ende jeder Seite, wie er die auch wieder ohne jeden Inhalt mit bloßem Geschwalle (Schicksal, Allheit, Unendlichkeit, Untergang, Gleichnis, Verzicht, Tragödie, Schuld, Dasein, Werte, Lebensstufen, Ewigkeit, Drang, Opfer usw. usf.) füllen konnte.
Gundolf arbeitete 1917 im Kriegspresseamt in Berlin und bewohnte Percy Gotheims Zimmer, um dessen Gunst er lange geworben hatte. Gundolf erkrankte 1927 an Krebs und starb 1931.
(*)Anmerkung: Zu Unrecht vermutlich - denn nach neuesten Erkenntnissen soll das unter dem Namen "Shakespeare" publizierte Werk von der "Dark Lady" der Sonette verfasst worden sein: Aemilia Bassano, später Emilia Lanier, die Geliebte des Lord Chamberlain der englischen Königin, der die Theatergruppe finanzierte, die die Werke von "Shakespeare" aufführte. Entdeckt wurde das von John Hudson propagierte Geheimnis jedoch 2008 von Joseph Atwill, wie er in seinem neuesten Werk Shakespeare’s Secret Messiah behauptet. Im Gegensatz zu dem angeblichen Shakespeare hatte Aemilia Bassano Umgang mit den engsten Kreisen am Königshof, die nötigen Kenntnisse der Literatur und der Sprachen, sowie den familiären Hintergrund: Die Familie ihres Vaters war aus Venedig eingewandert, konvertierte Juden, die von Richard VIII. als Hofmusiker engagiert worden waren. An der musikalischen Ausgestaltung der Aufführungen "Shakespeares" dürfte die Familie maßgeblich mitgewirkt haben.
Who Wrote Shakespeare? - The Dark Lady Discovery (youtube)
Hellingrath, Norbert von (1888–1916)
war der Neffe von Elsa Bruckmann, ein Onkel, Philipp von Hellingrath, war 1916-18 bayerischer Kriegsminister. Mit Hilfe Georges entdeckte er Friedrich Hölderlin neu, der damals noch einfach als verrückt galt, eine Auffassung, der Hellingrath entschieden widersprach. Vermutlich erkannte er in Hölderlins Werk schon den latenten Homoeroten, als der Hölderlin heute gesehen wird.
Norbert von Hellingrath studierte Philologie in München und habe sich nur wegen gesellschaftlicher Konvention mit Imma, der Tochter des Philosophieprofessors Christian von Ehrenfels verlobt. Laut Edgar Salin (1954) habe er Wolfgang Heyer "zärtlich geliebt". Wikipedia:
Im November 1909 entdeckte Hellingrath in der Bibliothek Stuttgart späte Hymnen und Pindar-Übertragungen Friedrich Hölderlins, die er sofort in Abschriften an Freunde und Bekannte schickte. Sein Freund Karl Wolfskehl, ein Mitglied des George-Kreises, gab sie an Stefan George weiter, der Hellingrath daraufhin sofort aufsuchte und ihm eine erste Veröffentlichung in seinen Blättern für die Kunst ermöglichte (9. Folge, Februar 1910). Der spektakuläre Fund wurde schnell bekannt. 1910 folgte die erste vorläufige Buchausgabe (Hölderlins Pindar-Übertragungen, Verlag der Blätter für die Kunst), 1912 begann Hellingrath, der dabei von seinen Freunden Edgar Salin und Wolfgang Heyer unterstützt wurde, mit der Herausgabe einer Hölderlin-Werkausgabe, deren erster Band 1913 erschien.
...
Die Entdeckungen und deren Edition hatten auch einen großen Einfluss auf die akademische Jugend. Klaus Mann schrieb im Rückblick, zu Anfang des Ersten Weltkrieges habe die damalige Jugend geglaubt, für ein „hölderlinsche[s] Deutschland […] sterben zu müssen“. Auch Carl Schmitt notierte später: „‚Jugend ohne Goethe’ (Max Kommerell), das war für uns seit 1910 in concreto Jugend mit Hölderlin“. Die Entdeckungen beeinflussten auch viele andere Autoren, die sich mit Hölderlin auseinandersetzten, etwa Walter Benjamin, dessen früher Aufsatz Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin deutlich von Hellingraths Ansätzen geprägt ist sowie Martin Heidegger, der eine der wichtigsten Hölderlin-Deutungen des 20. Jahrhunderts vorgelegt hat.
Hellingrath selbst, der sich zunächst mit Georges Dichtung schwer getan hatte, 1908 aber einen Zugang gefunden hatte, wurde ein anerkanntes Mitglied des George-Kreises. Er bekannte sich zum georgischen geheimen Deutschland und verband laut Eigenaussage seine „nächsten Hoffnungen von der Zukunft der Welt mit dem Namen Stefan Georges“.
Was ist die Welt doch klein. Noch kleiner ist die geistige Substanz von Georges geheimem Deutschland - leeres Geraune für naive Knaben.
Heyer, Gustav Richard (1890-1967) und Wolfgang (- 1917 vermisst)
Die Brüder Heyer entstammten einer alten preußischen Beamtenfamilie und nahmen im Juni 1914 an einer Theateraufführung zu Gundolfs Geburtstag teil. Gustav Richard wurde ein Arzt und Psychologe in München, in der Mitte der 20er Jahre bei Carl Jung ausgebildet und dessen enger Freund. Er schloss sich 1937 der NSDAP an und arbeitete in Berlin am Göring-Institut.
Wolfgang Heyer wurde 1913 zusammen mit Edgar Salin als "Gundolfs Schüler" George vorgeführt. Er zog 1914 mit den 3. Garde-Ulanen in den Krieg und hinterließ eine junge Frau. Norbert Hellingrath habe "Wolfgang zärtlich geliebt", schrieb Edgar Salin (1954).
Hildebrandt, Kurt Florentin (1881-1966) war Psychiater und Philosoph. Zunächst Arzt an den Wittenauer Heilstätten und Mitglied im George-Kreis, wurde der überzeugte Rassist in der Zeit des Nationalsozialismus auf eine Professur für Philosophie berufen.
Hildebrandt hatte schon früh Kontakte zu Stefan George und seinem Kreis. Er arbeitete an den drei Bänden des Jahrbuchs für die geistige Bewegung (1910–1912) mit, in dem der Kreis einen Angriff auf die geistigen Strömungen der Zeit lancieren wollte. Hildebrandt steuerte dazu im ersten Jahrbuch unter dem Titel Hellas und Wilamowitz eine öffentlichkeitswirksame Polemik gegen Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff bei, den damals bedeutendsten Altphilologen und einen der bekanntesten Wissenschaftler des Kaiserreichs.
Kantorowicz, Hermann (1877-1940) und Ernst (1895-1963) und Gertrud (1876-1945) und Sophie
Hermann Kantorowicz war Jurist und promovierte 1900 in Heidelberg. Er habilitierte sich 1907 an der Uni-Freiburg und lehrte dort zunächst als Privatdozent und bis 1929 als außerordentlicher Professor, bis er ordentlicher Professor in Kiel wurde. 1933 verlor er seinen Lehrstuhl und lehrte in den USA und England. Er verfasste im Auftrag des Deutschen Reichstags der Weimarer Republik ein Gutachten zur Kriegsschuldfrage 1914 für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Ersten Weltkriegs, das aber 1927 nicht gedruckt wurde. Unter dem Titel Germany and the League of Nations publizierte er 1924 einen Vortrag vor der englischen Fabian Society.
Ernst Kantorowicz (1895-1963) meldete sich 1914 freiwillig und war vor Verdun eingesetzt. 1917 wurde er in die Türkei versetzt und nach Kriegsende schloss er sich einem Freikorps in Posen an. Seine Cousine war die Lyrikerin Gertrud Kantorowicz.
Im Jahr 1920 kümmerte Ernst Kantorowicz sich zusammen mit Woldemar Uxkull, Percy Gothein und Erich Boehringer um Stefan George während seines Klinikaufenthaltes in Heidelberg. Wikipedia:
In Heidelberg lernte er Angehörige des George-Kreises und auch den berühmten Dichter Stefan George selbst kennen. Besonders mit Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband, mit dem er auch eine Zeitlang zusammen wohnte, war er gut befreundet. 1921 promovierte Kantorowicz in Heidelberg bei Eberhard Gothein mit einer wirtschaftsgeschichtlichen Arbeit über muslimische Handwerkerverbände. Bis 1930 unterrichtete er dann als Privatdozent an der Universität Heidelberg. Gemeinsam mit George, der bei Kantorowicz wohnte, wenn er in Heidelberg war, fasste er den Plan zu einer Biographie des Stauferkaisers Friedrich II. – obwohl er sich während des Studiums nicht mit dem Mittelalter beschäftigt hatte. Für das Werk holte er sich Anregungen vor allem von Wilhelm Stein und dessen Buch über Raffael, das Kantorowicz zutiefst beeindruckte. Im Juli 1926 hatte er das Manuskript schließlich fertig, 1927 wurde es im Georg Bondi Verlag mit dem Signet von Georges Blättern für die Kunst veröffentlicht. In der Vorbemerkung bekannte sich der Autor zum Geheimen Deutschland.
Gertrud Kantorowicz war Kunsthistorikerin und Lyrikerin.
Wikipedia:
In Berlin trat Kantorowicz in engen Kontakt mit Georg Simmel, dem Vater ihrer Tochter Angela, und Stefan George, der ihre Gedichte „Einer Toten“ als einziges Werk einer Frau in die Blätter für die Kunst aufnahm. Sie stand außerdem in engem Kontakt mit dem Malerehepaar Reinhold und Sabine Lepsius, mit Margarete Susman und Rudolf Pannwitz.
Sophie Kantorowicz heiratete 1912 den Sozialwissenschaftler und Ökonomen Arthur Salz.
Kempner, Walter
Walter Kempner, der Bruder von Robert Kempner, dem US-Vize-Chefankläger in Nürnberg, sprach als 19-jähriger Medizinstudent George in Heidelberg auf der Straße an, weil er ihn unbedingt kennenlernen wollte. Seine Freundin Clotilde Schlayer wurde erst 1931 von George empfangen. In den letzten Jahren war Kempner der Leibarzt von George und George übernachtete bei seinen Aufenthalten in Berlin im Dahlemer Haus von Kempner, der ihn dazu mit dem Auto von seinem für tagsüber gewählten Aufenthalt abholte. Clotilde Schlayer besorgte Stefan George für die Wintermonate eine Unterkunft in Minusio im Tessin und kümmerte sich um ihn, der sich noch in Begleitung seines letzten Freundes und Geliebten Klaus Mehnert und oft diverser Besucher wie Karl Josef Partsch und den Stauffenbergs befand, im Frühjahr und Herbst in Berlin und im Winter in Minusio bis zu seinem Tod.
Nach dem Tod Georges ging Walter Kempner mit Clotilde Schlayer ins Exil in die USA. Dort sammelte er in Durham in North Carolina eine kleine Kolonie von George-Verehrern, in der zeitweise bis zum Streit mit Kempner auch Ernst Morwitz Aufnahme fand. In den USA kam Walter Kempner durch eine Reisdiät (Reis mit Früchten) zu ansehnlichem Vermögen, die er als Arzt 1939 in Zusammenarbeit mit der privaten Duke University zur Behandlung von Bluthochdruck und Nierenleiden verordnete und später mit Unterstützung der Medien zur Behandlung von allerlei anderen Gesundheitsproblemen propagierte. Sein Reis-Diät-Programm wird in den USA noch heute mit Gewinn vertrieben.
Robert M. W. Kempner
Robert M. W. Kempner arbeitete unter dem Staatssekretär Dr. Wilhelm Abegg im Jahre 1932 als Justitiar der Polizeiabteilung im Preußischen Innenministerium. Kempner war bereits sehr früh mit politischen Fällen befasst, wie die englische Wikipedia angibt, sogar schon als Student. Worüber aber kaum zu lesen ist:
Robert Kempner (* 17. Oktober 1899 in Freiburg im Breisgau; † 15. August 1993 in Königstein im Taunus) versah am Abend des 15. Januar 1919, während der Ermordung Rosa Luxemburgs, den Telefon-Abhördienst der Garde-Kavallerie-Schützen-Division (GKDS) des berüchtigten Hauptmann Waldemar Papst im Berliner Hotel Eden.
Nach seiner Verhaftung und internationaler Proteste floh er nach Italien, wo er ab April 1936 als Nachfolger von Moritz Goldstein das Landschulheim Florenz leitete. Als die Schule 1938 geschlossen wurde, konnte er mit einigen Schülern nach Nizza ausreisen und übersiedelte 1939 in die USA, dort wurde er Regierungsberater von Präsident Roosevelt und ab 1943 Mitglied der United Nations War Crimes Commission. Anfang März 1947 habe er das Wannsee-Protokoll gefunden.
As a law student Kempner sat as in observer in the trial against Soghomon Tehlirian, who had assassinated Talaat Pasha in 1921, and made his defence an impeachment on the Armenian Genocide and Talaat's involvement in it. After finishing his studies Kempner became a successful Jewish lawyer in Berlin during the 1920s who then advancing to chief legal advisor to the Prussian police in 1928.
Kempner participated in the investigation and prosecution of Adolf Hitler and Wilhelm Frick in 1924, following Hitler's attempt to overthrow the German government in the Beer Hall Putsch. At the time he recommended the dissolution of the Nationalsocialist party.
...
After World War II Kempner returned to Germany, the land of his birth, to serve as assistant U.S. chief counsel during the International Military Tribunal at Nuremberg. In a reversal of fortune, Kempner would prosecute two of his former superiors and persecutors — Göring and Frick. ...
... Kempner also served as counsel at the 1947-1948 trial of the German Foreign Office and is credited with finding the text of the Wannsee Protocol, a critical historical document in the history of the Holocaust. After Nuremberg, Kempner split his time between the United States and Germany where he represented Jewish clients in restitution cases against Germany. He also appeared as an expert witness at the trial of Adolf Eichmann in Jerusalem in 1961.
Robert Kempner wusste also aus erster Hand - er war im preußischen Innenministerium für die Beobachtung der NSDAP zuständig gewesen, wie und vor allem von wem die NSDAP während der Weltwirtschaftskrise finanziert worden war. Da wurden in der Zeit der Massenarbeitslosigkeit Hunderttausende von der Partei ernährt, bekleidet und mit genug Geld für Familienangehörige und Wohnungsmiete usw. versorgt. In den Geschichtsbüchern steht natürlich, die hätten das Geld mit Spendenbüchsen auf der Straße gesammelt: Wenn das möglich wäre, würden wir doch alle mit Spendenbüchsen auf der Straße stehen.
Kempner war 1945/1946 stellvertretender Hauptankläger der Vereinigten Staaten beim Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. In den Jahren 1947/1948 übte er dieselbe Funktion im sogenannten Wilhelmstraßen-Prozess (offizielle Bezeichnung: „The United States of America vs. Ernst von Weizsäcker et al.“) gegen 21 Beamte des Auswärtigen Amtes aus. Da sehen wir also Mitglieder und Freunde des George-Kreises fast unter sich.
Koegel Fritz (1860-1904)
Fritz Koegel war ein Vetter der Erfinder und Unternehmer Reinhard Mannesmann und Max Mannesmann.
Ab Herbst 1885 war Koegel als Redakteur der Deutschen Encyklopädie. Ein neues Universallexikon für alle Gebiete des Wissens tätig. Anschließend nahm er das Angebot seiner Vettern an, sie beim Aufbau ihrer Röhrenwalzwerke zu unterstützen. Beteiligt war er auch an der endgültigen Gründung der „Actien-Gesellschaft Deutsch-Österreichische Mannesmannröhren-Werke“ am 16. Juli 1890, als deren erster Verwaltungsdirektor. Unter dem Eindruck seiner Nietzsche-Lektüre schrieb er Vox humana. Auch ein Beichtbuch und Gastgaben. Sprüche eines Wanderers. Als begeisterte Leserin offenbarte sich ihm Ida Coblenz, über deren Vermittlung es zu Begegnungen mit Stefan George im Juni und Juli 1892 in Berlin kam. Für kurze Zeit wurde er von Carl August Klein, dem designierten Herausgeber der Blätter für die Kunst, als Mitarbeiter angeworben und kann dort sechs Reimsprüche „Von der Kunst“ veröffentlichen. Eine freundschaftliche Beziehung unterhielt er zu Werner von Siemens. Gleichzeitig mit seinen als Generaldirektoren amtierenden Vettern Reinhard und Max Mannesmann schied Koegel zum Oktober 1893 aus der Gesellschaft aus.
Vor 1889 zuerst auf Veröffentlichungen von Friedrich Nietzsche gestoßen, hielt Koegel Anfang 1892 in der Freien Literarischen Gesellschaft in Berlin einen Vortrag über Nietzsche, der das Interesse an Leben und Werk des noch weitgehend unbekannten und nicht akzeptierten Philosophen wachsen ließ. Dessen Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche wurde auf ihn aufmerksam und gewann Koegel im Frühjahr 1894 als Herausgeber einer Nietzsche-Gesamtausgabe im Nietzsche-Archiv. Kurz nach Koegels Verlobung im Dezember 1896 mit Emily Gelzer, die er bei Förster-Nietzsche kennengelernt hatte, kam es zwischen ihm und der Archivherrin, unter Beteiligung von Rudolf Steiner, zu wachsenden Konflikten über die Frage der Herausgeberschaft und schließlich zu seiner Entlassung im Juni 1897.
Die Welt ist klein, da haben wir Mannesmann, Stefan George und seine Blätter für die Kunst, Werner von Siemens, Nietzsche und dessen Schwester, das Nietzsche Archiv und Rudolf Steiner. Im Dezember 1895 gelang es Elisabeth Förster-Nietzsche nach erheblichem Druck, ihrer Mutter und dem zweiten Vormund des Kranken, Adalbert Oehler, alle Rechte an den Schriften ihres Bruders abzukaufen. Dafür lieh sie sich 30.000 Mark beim Bankier Robert von Mendelssohn, wobei die Nietzsche-Freunde und -Verehrer Meta von Salis, Harry Graf Kessler, Hermann Hecker und Raoul Richter als Bürgen eintraten.
Wenige Jahre vorher hatte sich Nietzsches Schwester Elisabeth ihrem späteren Ehemann Bernhard Förster (1843–1889) angeschlossen, einem deutschnationalen Gymnasiallehrer, der wegen seiner rabiaten antisemitischen Agitation vom Schuldienst suspendiert worden war und mit Gleichgesinnten in Paraguay die Siedlungskolonie Nueva Germania gründete. Bernhard Förster war ein Vertreter des sogenannten Radau-Antisemitismus und eifriger Verehrer Richard Wagners, dessen Frau Cosima eine Enkelin der Frankfurter Bankiersfamilie Bethmann gewesen ist und den rund um Bayreuth entstandenen Kreis von Rasseantisemiten um Houston Stewart Chamberlain geschaffen hatte. Die müssten sich eigentlich in der Villa Wahnfried beim Vortrag aus Chamberlains Werk lachend auf dem Teppich gewälzt haben. Wiki:
Förster war ein Verehrer Richard Wagners und radikaler antisemitischer Agitator. Er betätigte sich im Rahmen der „Berliner Bewegung“ und als Initiator der Antisemitenpetition gemeinsam mit Max Liebermann von Sonnenberg, Ernst Henrici und seinem Bruder Paul Förster. 1880 führte eine Schlägerei mit dem jüdischen Fabrikanten Kantorowicz zu Försters Entlassung aus dem Schuldienst (Kantorowicz-Affäre). 1881 gründete er gemeinsam mit Max Liebermann von Sonnenberg den Deutschen Volksverein.
Elisabeth Nietzsche heiratete Bernhard am 22. Mai 1885 – der Geburtstag Richard Wagners wurde wohl absichtlich als Termin gewählt – und folgte ihm 1886 nach Paraguay, wo sie noch 1889 lebte, als Friedrich in Turin zusammenbrach. Ihr Ehemann beging im gleichen Jahr wegen der Probleme seiner Siedlungskolonie Selbstmord. In den Jahren 1932 bis 1934 empfing Förster-Nietzsche mehrfach Adolf Hitler als Besucher im Nietzsche-Archiv.
Kommerell, Max (1902-44)
Max Kommerell stammte aus der Familie eines Oberamtsarztes. Er studierte Germanistik bei Friedrich Gundolf in Heidelberg und bei Friedrich Wolters in Marburg, von dem er George zugeführt wurde, der damals in Marburg gefördert von Wolters einen Freundeskreis junger Studenten unterhielt. Nach Abschluss seiner Dissertation zog Kommerell nach Berlin, wo George sich einer Operation unterziehen musste und kümmerte sich um dessen Genesung. Kommerell begleitete George von 1924 bis 1928 als Sekretär, Haushälter und Geliebter, bis er seine Stellung als unwürdig empfand und 1930 den George-Kreis verließ. Nach seiner Habilitation lehrte er ab 1930 an der Uni Frankfurt als Dozent, wo er 1938 eine außerordentliche Professur für Germanische Philologie erhielt. Von 1941 bis zu seinem Tod war er Ordinarius für Philologie in Marburg. Wikipedia:
Kommerell stand in engerem wissenschaftlichem Kontakt zu dem Theologen Rudolf Bultmann, den Philosophen Martin Heidegger und Hans-Georg Gadamer und dem Indologen Heinrich Zimmer. Seinen Verleger Vittorio J. Klostermann hatte Kommerell im Jahr 1930 kennengelernt, und im selben Jahr erschien in dessen Verlag die Antrittsvorlesung über Hofmannsthal.
Kronberger, Maximilian (1888-1904) verstarb sehr früh an Meningitis, was George zu einer Apotheosis Maximini (Wolfskehl) nutzte.
Maximilian Kronberger war der Sohn eines vermögenden ehemaligen Berliner Möbelfabrikanten und Würzburger Brauereibesitzers. Er erregte im Alter von 13 Jahren auf der Münchner Leopoldstraße die Aufmerksamkeit von George, der ihn im Frühjahr 1902 ansprach, um ihn zu zeichnen. Der Junge entdeckte später das gerade erschienene George-Buch des Ludwig Klages und fühlte sich durch seine Bekanntschaft sehr geehrt, so dass es ab Januar 1903 zu häufigen Treffen zwischen dem Knaben und George kam. Der Knabe durfte im Hause Wolfskehl an Lesungen teilnehmen und George bei Spaziergängen begleiten, wodurch er sich bald selber für einen angehenden Dichter hielt und auf die Förderung durch seinen berühmten Freund George hoffte. Allerdings war der Knabe doch recht eigenwillig, verliebte sich in eine Dolores Tutti und versetzte George mehrmals, so dass die Beziehung bald abkühlte. Auf einem Kostümfest im Februar 1904 zeigt ein Foto den eher bäuerlich derb wirkenden Max als Edelknabe verkleidet neben dem als Dante auftretenden Stefan George, mit Wolfskehl als Homer eine Gruppe wie für die Geisterbahn, die es aber seinerzeit wohl noch nicht gab. Etwa zwei Monate später verstarb Max Kronberger nach einem Aufenthalt bei seinem Vetter in Wien an Meningitis.
Sein frühes Ableben im noch zarten Alter gab George die Gelegenheit, den Knaben zum Mittelpunkt eines Maximin-Kultes zu erheben und mit dem Ende 1906 erschienenen Werk MAXIMIN, EIN GEDENKBUCH einen Mythos zu schaffen, als dessen Oberpriester George selbst auftrat. Die Botschaft eines der edlen Knabenliebe geweihten Dichterkreises war damit perfekt und die bis dahin und immerzu nur um sich selbst kreisende Gedankenwelt der George-Freunde hatte endlich ihr die Menschheit bewegendes Thema gefunden, das bei allen Gleichgesinnten einen begeisterten Widerhall auslösen sollte.
Küpper, Helmut (1904-56)
Helmut Küpper verlor seinen Vater 1908 und die Mutter heiratete 1911 den Stahlmagnaten Peter Klöckner. Ab 1923 studierte er in Heidelberg, wo er unter den Einfluss von Friedrich Gundolf und in den George-Kreis geriet; Ernst Kantorowicz erläuterte ihm Dichtung und Denken Stefan Georges; 1928 promovierte er in Halle. Im gleichen Jahr hatte er den 14-jährigen Cajo Partsch mit George bekannt gemacht. Er plante seine Habilitation und ein Werk über August von Platen, verzichtete aber angesichts der politischen Entwicklungen, in denen offene Bekenntnisse zur Homoerotik wenig geduldet worden wären, auf beides und trat stattdessen in den Georg Bondi Verlag ein, den Hausverlag Georges, den er nach dem Tod des Verlegers Georg Bondi übernahm.
1946 konnte er den Verlag in Bad Godesberg wieder eröffnen und dehnte das Verlagsprogramm mit Walter Eucken auf das Gebiet der Ökonomie und mit Wilhelm Flitner, einem führenden Reformpädagogen der Weimarer Republik und der ersten Jahre der Bundesrepublik, auf die Pädagogik aus.
Landmann, Edith (1877-1951) und Julius (1877-1931)
Edith Landmann war die Tochter des Berliner Bankiers Moritz Kalischer und Philosophin. Sie schloss sich etwa 1914 dem George-Kreis an und verfasste ein Werk unter dem Titel Georgika. In ihren Schriften verehrte sie George in den höchsten Tönen (Raulff, S. 144), dafür durfte ihr Buch Die Trancendenz des Erkennens 1923 auch bei Bondi mit dem Segen Georges erscheinen:
... wer ihn sah, der muß auch noch das Herz der Welt nach seinem Herzen denken. Er dient keiner Idee, aber um ihn herum scheinen alle größten Ideen der Menschheit zu stehen deren Maß er ist. Der bloße Anblick seines Wesens reicht hin, damit, wer in seine Nähe kommt das <Stirb und Werde> erfahre.
Aus dem Kleinmädchenalter war Edith Landmann längst heraus, doch wir brauchen nur an die Inbrunst zu denken, mit der die Wertformanalyse des Karl Marx von allen gefeiert wird, die eine Beschäftigung mit der Geldpolitik und anderen Machenschaften als den Ursachen des Massenelends zu fürchten hätten. George nun dient keiner Idee, so wie Marx keiner Revolution, daher sollen die größten Ideen der Menschheit verblassen beim bloßen Anblick des Großmeisters der Dichterei und der reinen Egozentrik, damit vom deutschen Geist nichts mehr zu fürchten wäre - als ein strenger Geruch. Das gefährliche Deutschland verdrängt durch das leere Geplapper Georgens.
Julius Landmann war der Sohn des jüdischen Bankiers Emil Landmann und ein österreichischer Nationalökonom. Nach dem Tod des Vaters musste er mit 17 Jahren den Schulbesuch abbrechen und arbeitete ab 1895 als Korrespondent in Wien. 1896 begann er ein vielseitiges Studium u.a. der Nationalökonomie in Bern und später in anderen Städten. 1900 promovierte er bei August Oncken über Diskontpolitik, kannte also die Ursache aller Wirtschaftskrisen, und bekam 1901 eine Anstellung beim Internationalen Arbeitsamt in Basel, wo er dann dem Robert Boehringer einen Job verschaffte. Nach der Gründung der Schweizerischen Nationalbank bekleidete er dort die Stelle des Sekretärs des Bankrates, aus dessen Umkreis später Rudolf Steiners Goetheanum finanziert wurde. 1910 bekam er eine Professur an der Uni-Basel. Als Professor sammelte er einen großen Kreis von Schülern, die bei ihm promovieren konnten und in einflussreiche Positionen kamen, er entwickelte aber auch Marotten wie George: Von der Nationalökonomin und Frauenrechtlerin Samone Schneider (1887-1949) ließ er sich mit "mein Meister" anreden (Schönhärl, S. 87).
1927 wurde Landmann an das Institut für Weltwirtschaft nach Kiel berufen, wo er sich 1931 das Leben nahm. Er stand seit 1913 in engem Kontakt mit Stefan George und seinem Kreis. Die Trauerrede am Grab hielt Hermann Kantorowicz als Dekan der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel. Die Welt ist klein.
Langlotz, Ernst (1895-1978)
Ernst Langlotz war ein klassischer Archöologe und kurzzeitig Assistent bei Ludwig Curtius in Heidelberg. Die Verbindung zum George-Kreis habe ihn geprägt. 1931 wurde er außerplanmäßiger Professor in Jena, 1933 wechselte er nach Frankfurt und bekam 1941 eine Professur für Archäologie in Bonn, wo er bis 1963 lehrte.
Lepsius, Sabine (1864-1942)
Sabine Lepsius war die Tochter des Bildnismalers Gustav Graef, der 1885 wegen Missbrauchs eines minderjährigen Models verhaftet, in seinem Aufsehen erregenden Prozess jedoch freigesprochen worden war. Die gesellschaftliche Stellung von Graefs Familie, die bis dahin das gastfreundliche Haus eines Malerfürsten geführt hatte, war danach jedoch zerstört. 1902 heiratete sie den Maler Reinhold Lepsius und war selbst als Portraitmalerin in Finanz- und Industriekreisen berühmt.
In ihrem einflussreichen Salon kam George ab 1897 in Kontakt mit den wichtigen Kreisen der Gesellschaft in Berlin. Sie porträtierte George 1898 und benannte ihren 1897 geborenen Sohn Stefan Lepsius nach ihm. Der Sohn Stefan fiel am 20. Juli 1915 an der Ostfront.
Löwenstein, Hubertus Prinz zu (1906-84)
Hubertus Friedrich Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg stellte sich in den USA während des Krieges und nach dem Krieg gegen jene Kreise, die eine Vernichtungspolitik gegen Deutschland betrieben. Im frühen SPIEGEL 2/1949 erschien ein Artikel von ihm mit heute ganz ungehörten Aussagen:
"Sagen wir es klar heraus", schrieb ich am 17. März 1940 in der "New Yorker Staatszeitung": "Eine gegen Deutschland gerichtete Vernichtungspolitik legt die Grundlagen für den dritten Weltkrieg, bevor der zweite vorüber ist ... Sie ist das sicherste Mittel, den jetzigen Krieg zu verlängern, bis ganz Europa zerstört ist und Anarchie und Bolschewismus als die einzigen Sieger hervorgehen."
...
Der Triumph des Hasses und der Unvernunft, symbolisiert durch die Namen Roosevelt, Vansittart und Morgenthau, ist die Ursache allen internationalen Elends. Es ist damit genau das eingetreten, was wir befürchteten und zu verhindern suchten.
Löwenstein traf sich nie mit George, er gehörte den katholischen Kreisen an und erwählte sich selbst zum Jünger. Im Todesjahr des Dichters verfasste er einen Nachruf unter dem Titel "Das Geheime Deutschland. Zum Tode Stefan Georges". Löwenstein war ein Freund von Roger Peyrefitte, dem französischen Diplomaten und Pionier der Homosexuellen-Literatur und erklärten Anhänger der Knabenliebe.
Löwenstein wurde schon 1931 mit einer Arbeit über das Thema "Umrisse und Idee des faschistischen Staates und ihre Verwirklichung" promoviert, in der er Möglichkeiten des bürgerlichen Widerstands ansprach, und schrieb anschließend Leitartikel für die Vossische Zeitung, das Berliner Tageblatt und den Berliner Börsen-Courier. Er emigrierte 1933 nach Österreich, 1935 nach England und 1936 in die USA, wo er zusammen mit Richard A. Bermann, Thomas Mann und Oswald Garrison Villard bereits 1936 die American Guild for German Cultural Freedom, eine Hilfsorganisation für Wissenschaftler und Intellektuelle im Exil, gründete.
Er heiratete seine Frau Halga Maria Schuylenburg 1929 am Grab Friedrichs II. in Palermo und reiste später in den USA nach Angaben von Werner Vordtriede mit "einem schönen Kruzifix, einem Buddha, einem silbernen Kelch, einem Silberbecher, Georges Siebentem Ring und Dante-Übersetzung, Gundolfs Caesar, Kantorowicz`Friedrich II. und einem der historischen Bücher von Ricarda Huch" im Gepäck (Raulff, S. 170).
Lukács, Georg ((1885-1971)
Wikipedia:
Lukács entstammte einer wohlhabenden Familie des ungarisch-jüdischen Bürgertums: Sein Vater Josef war Bankdirektor in Budapest und hatte 1890 den Familiennamen Löwinger in Lukács geändert, seine Mutter, Adele geb. Wertheimer, war die reiche Erbin eines Zweiges der Holzhändlerdynastie Neuschloss. Georg Lukács studierte zunächst an der Universität seiner Heimatstadt, wo er 1906 zum Dr. rer. oec. und 1909 zum Dr. phil. promoviert wurde. In den folgenden Jahren lebte er meist im Ausland, so in Berlin und in Heidelberg, wo er zu den Kreisen um Max Weber und Stefan George Kontakt pflegte und seine Theorie des Romans (1914/15) verfasste. 1918, nach seiner endgültigen Rückkehr nach Budapest, trat Georg Lukács der KP Ungarns bei. Er war während der viermonatigen ungarischen Räterepublik 1919 stellvertretender Volkskommissar für Unterrichtswesen in der Regierung von Béla Kun.
Während der Monate April–Juni war er als politischer Kommissar der 5. Division der ungarischen Roten Armee an allen Fronten an Einsätzen beteiligt.
... Früh lernte er Ernst Bloch kennen. Beide beteiligten sich am Gesprächskreis um Max Weber.
Im Mai des Jahres 1923 nahm er an der Marxistischen Arbeitswoche teil.
Georg Lukács war zusammen mit Ernst Jünger, dessen Bruder Friedrich Georg Jünger, Ernst Niekisch, Karl August Wittvogel und Arvid Harnack Mitglied der 1931 auf Betreiben der Sowjetischen Botschaft in Berlin von Prof. Friedrich Lenz gegründeten Arbeitsgemeinschaft ARPLAN („Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Planwirtschaft“), deren Mitglieder 1932 die Sowjetunion besuchten.
The biggest Soviet supporter of Arplan was a diplomat and VOKS representative in Berlin by the name of Aleksandr Girshfel’d. Despite his positions as a diplomat involved with cultural diplomacy, it appears he was specially empowered by the Soviet leadership and secret police to recruit German rightist intellectuals.
Western Intellectuals Inside the UdSSR (PDF)
Mehnert, Frank und Klaus
Der Bildhauer Frank Mehnert war in den letzten drei Lebensjahren der ständige Begleiter von George. Der Bruder Klaus Mehnert ist heute eher bekannt. Frank Mehnert gründete Mitte der 1930er Jahre mit dem Germanisten Rudolf Fahrner und dessen Freundin Gemma Wolters den Delfin-Verlag, der später Texte von Freunden Georges publiziert. Der Delfin-Verlag entwickelte speziell kunstvolle Schrifttypen für den George-Kreis.
Bei der Gelegenheit können wir gleich noch das Geheimnis der Bildhauerei lüften. Es ging selbstverständlich nicht um Holz oder Stein, sondern um die dem Künstler über Wochen und Monate in seinem Atelier Modell sitzenden und stehenden schönen Jünglinge. Die begeisterten Käufer und Verehrer des Bildhauers durften die Werkstatt besuchen und schon bei der Schöpfung der Kunstwerke zusehen und ihr fachmännisches Urteil abgeben:
George schätzt das Bildhaueratelier. Mit seinem kühlen Licht und den kargen Wänden ist es die ideale Probebühne für die intimen, kammerspielartigen Auftritte seines »Staates«. Als alter Faun umschleicht er in Ludwig Thormaehlens Berliner Atelier (selbstverständlich nicht die Statuen, sondern die Knaben) ...
Zum ersten Mal im Atelier George hatte seine eigene Lehre vom ›Ewigen Augenblick‹. Sie lehrte im Widerspruch zum christlichen Zeitkontinuum jeden Augenblick als intensiven Moment, exklusiv gegen alle anderen Augenblicke, zu erleben. Unter allen Augenblicken ist einer der allerwichtigste: die Begegnung mit dem »Meister«. Keine Erinnerung an ihn verzichtet auf die Beschreibung des Moments, in dem er zum ersten Mal auf der Szene des eigenen Lebens erschien. Auch das Atelier will wie der heilige Hain oder das Allerheiligste ein erstes Mal betreten sein: Walter Anton schreibt »wie verzaubert« über sein »erstes Mal allein im Achilleion«, und Cajo Partsch vertraut seinem Tagebuch von 1930/31 die Ereignisse der ersten Sitzungen als Modell an.
Auch nach Georges Tod finden sich für die Kunst begeisterte Honoratioren und Förderer:
Nach Georges Tod drängen einzelne seiner Jünger in die Öffentlichkeit des Dritten Reiches, erhoffen sich Aufträge und Ruhm. Mehnert steht Modell, als Thormaehlen für den Sportplatz Salinental in seiner Heimatstadt Bad Kreuznach die Figur eines griechischen Jünglings entwirft. Der Einladung zur Einweihung des Standbildes am 20. Juni 1934 folgen Sportverbände, Parteivolk und Honoratioren.
Auch Damen dürfen dann ihre Freude an der plastischen Kunst ausleben:
In Überlingen am Bodensee bildet sich in den dreißiger Jahren um die junge Goldschmiedin Gemma Wolters-Thiersch, die Witwe von Friedrich Wolters und Tochter von Paul Thiersch, ein Nachfolgekreis. Zu den vom George-Kreis übernommenen und pietätvoll gepflegten Tätigkeiten gehört auch die Bildhauerei oder das »Plasten«. Hier zu sehen sind Urban Thiersch, der Frank Mehnert »abplastet«, sowie Urban Thiersch und Gemmas Lebensgefährte Rudolf Fahrner beim Parallelplasten.
Im Nachlass von Frank Mehnert ist ein Brief der Erna Hanfstaengl enthalten, der Schwester des frühen Hitler-Förderers Ernst Hanfstaengl.
Erna Hanfstaengl (1885–1981) was the elder sister of Ernst ("Putzi") Hanfstaengl and was an acquaintance of Adolf Hitler. She also befriended Unity Mitford, who lived with Erna for a period.
Hitler may have been romantically involved with Erna, who was reported to have been beautiful, charming, cultured and intelligent. In the days following the failed Beer Hall putsch, it was rumored that Hitler and Erna had sex while the former was hiding at a country house in Uffing.
Rumors circulated in Munich in 1923 that Hitler and Erna were to be engaged; in the spring of 1923, the most widely read newspaper in Munich, the Münchener Neuste Nachrichten, published a story to this effect.
It appears that the "tall and stately" Erna had simply been polite to Hitler and had shown courtesy to her brother's friend at their initial meeting in the early 1920s, and Hitler misinterpreted this as romantic affection. Gross claims that Hitler was in love with Erna, but that she considered the whole business to be a joke, and that she was amused at his attempts to court her. According to Gross, she was teased by her society friends about the unwanted affections shown by her "suitor" and made sure that she was never alone with him.
In any event it appears that during the period 1922-23, Erna assisted her brother in his aspirations to become one of Hitler's inner circle, by furthering Hitler's introduction to people of wealth and social standing in Munich.
Im Internet erfahren wir weitere pikante Details:
Adolf Hitlers Neigung zu Erna war heftig, aber anscheinend ziemlich einseitig; Erna Hanfstaengl zieht ihm den Chirurgen Sauerbruch vor. Hitler fühlt einen Stich im Herzen. Es geht das Gerücht, der Führer der Nationsozialisten sei mit einer jungen Dame jüdischer Abstammung verlobt; der Name wurde nicht genannt, aber darauf hingewiesen, dass Erna Hanfstaengls amerikanische Grossmutter Heine geheissen hatte.
Jedenfalls hat sie dann den berühmten Mediziner Sauerbruch geheiratet, die Welt ist halt klein und jeder kennt jeden oder ist gleich mit jedem verschwistert und verschwägert. Der Prof. Sauerbruch scheint auch einschlägig politisch vernetzt gewesen zu sein:
Ende Februar 1919 war Stuck während der Münchener Räterepublik für einige Tage Geisel der revolutionären Rotgardisten. Gefangen in der Münchner Vorstadt Haidhausen traf er dort auf den Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, der den Eisner-Attentäter Anton von Arco in München medizinisch versorgt hatte (Später gehörte Stuck zum häuslichen Umgang der Eheleute Sauerbruch).
Wenn sie ihrem Bruder Ernst ähnlich gesehen hat, kann sie auch nicht besonders hübsch gewesen sein. Die Geschichte mit Hitlers Liebe dürfte aber eher erfunden sein, weil Hitler vermutlich ähnliche Vorlieben wie der George-Kreis hatte und aus dem Grund mit seinem Charisma in vier Jahren Weltkrieg doch nur Gefreiter wurde, weil die Armee so einen zur Führung anderer Soldaten für ungeeignet hielt. Vielleicht hat er die Schwester des gräuslichen "Putzi" als Beard zur Tarnung seiner wirklichen Neigungen verehrt.
Jetzt muss ich aber aufhören, sonst sind gleich noch die letzten Geheimnisse des Aufstiegs von Hitler verraten, die seine Biografen und unsere Historiker so gut zu hüten wissen. Es geht doch nichts über wissenschaftliche Arbeiten.
Morwitz, Ernst (1887-1971) Jurist, Germanist und Senatspräsident
Ernst Morwitz habe 1906 die beiden jungen Grafen Uxkull-Gullenband im Alter von sieben und acht Jahren angeblich (ist natürlich Quatsch, wird aber so erzählt) auf der Straße entdeckt und hat sich dann im Einvernehmen mit deren künstlerisch engagierten Mutter um ihre Erziehung gekümmert. George habe das mit der Äußerung bespöttelt, dass man in dem Alter doch noch gar nicht beurteilen könne, ob sich die Mühe lohne. Ernst Morwitz hatte schon als Gymnasiast Kontakt zu George aufgenommen und studierte später in Freiburg, Heidelberg und Berlin die Rechtswissenschaften. Im Jahr 1911 veröffentlichte Morwitz Gedichte in Georges Blättern für die Kunst.
Morwitz befreundete sich mit Dietrich von Bothmer (1918-2009), der 1938 mit einem Rhodes-Stipendium nach Oxford ging. Dort traf Bothmer, der Sohn eines preußischen Obersten, den Archäologen John D. Beazley, der sich auf griechische Vasen spezialisiert hatte. Zu Beazley erfahren wir bei Wikipedia etwas mehr:
Er ... studierte am Christ’s Hospital und am Balliol College der Universität Oxford. In Oxford begann er eine enge Beziehung zum britischen Dramatiker James Elroy Flecker (1884–1915) und pflegte mit diesem einen sehr ästhetisch geprägten Lebensstil nach dem Vorbild von Oscar Wilde. Der gemeinsame Kommilitone T. E. Lawrence behauptete, dass Beazley zu jener Zeit eher die Begabung eines Künstlers als eines Wissenschaftlers zeigte.
T. E. Lawrence hatte im Ersten Weltkrieg im Dienst der britischen Intelligence den Aufstand der Araber gegen das Osmanische Reich organisiert. Das Balliol College war das Zentrum des sogenannten Kindergartens, der einst von Milner aufgebauten und geführten britischen Secret Society. Auch Beazley war für die Intelligence tätig, wie das englische Wikipedia weiß:
During World War I, Beazley served in military intelligence. For most of the war he worked in Room 40 of the Admiralty's Naval Intelligence Division.
Die britische Intelligence war für Leute, die trotz aller Gefahren und Gesetze nach dem Vorbild von Oscar Wilde leben wollten, wie hier Beazley oder auch T. E. Lawrence, der beste Schutz. Vermutlich mit den Beziehungen von Beazley konnte Bothmer nach Kriegsausbruch seine Universitätslaufbahn in den USA fortsetzen und promovierte 1944 in Berkeley. Er wurde von Ernst Morwitz als Erbe eingesetzt, mit dem ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verband.
Ernst Morwitz wohnte in den 1920er Jahren mit seinem Freund Silvio Markees in Berlin, wo er eine Anstellung als Richter am Amtsgericht in Fürstenwalde erhielt und zum Gerichtsrat befördert wurde. 1935 wurde Morwitz wegen seiner jüdischen Abstammung zwangspensioniert und ging in die USA, wo er die Werke Stefan Georges ins Englische übersetzte. Nach dem Krieg erhielt er den Titel eines Senatspräsidenten zuerkannt und arbeitete für die Zeitschrift Castrum Peregrini des Frommel-Kreises in Amsterdam.
Partsch, Karl Josef (1914-96), genannt Cajo
Cajo Partsch war ein Enkel des Geographen und Rektors der Universität Breslau, Joseph Partsch; sein Vater war der Rechtswissenschaftler Joseph Aloys August Partsch. Cajo kam 1928 unter den Einfluss von George, der ihm sogleich das Führen eines Tagebuches untersagte. Der spätere Verleger Helmut Küpper hatte den vierzehnjährigen Gymnasiasten zu George gebracht. Ulrich Raulff hat in seinem Werk (Seite 191) ein hübsches Foto "Komm mit mir, geliebtes Kind: Cajo Partsch in den zwanziger Jahren am Strand von Sylt" betitelt. In der NS-Zeit wurde ihm aus rassischen Gründen die wissenschaftliche Karriere verwehrt. Partsch publizierte später als Jurist über das Thema der Menschenrechte. Er hatte bereits 1941 in Berlin an der Publikation eines Werkes von Francesco Guicciardini mitgewirkt. 1968 bis 1969 war er Rektor der Universität Bonn.
Der Biologe und ehemalige allgäuer Europaabgeordnete auf der Liste der GRÜNEN, Karl Partsch (1922-2009), war ebenfalls ein Enkel von Joseph Partsch. Die Welt ist klein und man trifft immer wieder auf dieselben Familien: Karl Partsch hatte in den 1980er Jahren maßgeblich das sogenannte Waldsterben propagiert, eines der damals wichtigsten Themen der deutschen Ökobewegung, das aber ganz auf Deutschland beschränkt blieb. Woanders starb der Wald nicht und bei uns bis heute auch nicht.
Richard Perls (1873-98) Wikipedia:
Perls stammte aus einer Breslauer Bankiersfamilie. ... In den 1890er Jahren war er etwa mit Theodor
Lessing und Ludwig Klages verbunden. Er machte überall viel Eindruck, Lessing schrieb: „Richard
Perls war ein Jüngling von großer Schönheit, nicht unähnlich dem Jugendbilde Heinrich Heines, spöttisch-träumerisch und stark überzüchtet“. ...
Über Ludwig Klages lernte er im Frühjahr 1895 in München Stefan George kennen, der ihn nachhaltig beeindruckte und beeinflusste. In Georges Blättern für die Kunst veröffentlichte er in der
Folgezeit zahlreiche Gedichte.
Seine vielversprechende literarische und intellektuelle Karriere scheiterte jedoch schon früh, weil Perls schon vor der Begegnung mit George stark morphiumabhängig wurde. Im Mai 1895 brach Perls zu einer Reise durch Europa auf, die ihn zunächst über Sils-Maria und Innsbruck nach Rom führte. Dort verkehrte er in Henriette Hertz’ Salon im Palazzo Zuccari, wo er unter anderen Sabine und Reinhold Lepsius kennenlernte. Ihnen schwärmte er von Stefan George und seiner Dichtung vor. Danach fuhr er weiter nach Paris, wo er den polnischen Dichter Wacław Rolicz-Lieder kennenlernte, einen Freund Georges.
Georg Picht (1913-82) prägte 1964 den Begriff der „Bildungskatastrophe“, mit dem er eine breite Debatte auslöste. Wikipedia:
Seine Mutter war Greda Picht, die Schwester von Ernst Robert Curtius, der auch Pichts
Patenonkel war. Sein Vater Werner Picht war u. a. Abteilungsleiter im preußischen
Kulturministerium und Publizist zu Themen der Erwachsenenbildung. Zum Freundeskreis der Familie zählten Albert Schweitzer, Eugen Rosenstock-Huessy und Charles Du Bos. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er am Birklehof, der dem Vetter seines Vaters gehörte, von
einem Privatlehrer, dem George-Anhänger Josef Liegle, unterrichtet, zehn Jahre bevor der Birklehof eine Privatschule wurde.
Seinen Namen Georg habe er nach Stefan George erhalten, heißt es:
Neben den zahlreichen Vertretern der Familie Curtius, allen voran der Mutter Greda, ihrem Bruder Ernst Robert Curtius und der Schwester Olympia mit ihrem Mann, dem Neurologen und Entdecker der
Psychosomatik Victor von Weizsäcker, fällt besonders die nicht geringe Zahl von Georgianern auf: darunter der Literaturhistoriker Friedrich Gundolf, mit dem der vierzehnjährige Georg
korrespondierte und am Neckar spazierenging, wenn er die Heidelberger Verwandten besuchte; die Berliner Malerin Sabine Lepsius, deren Salon George in der Reichshauptstadt bekannt gemacht hatte,
und der schon erwähnte Lehrer Josef Liegle. Nicht von ungefähr hatten die Eltern den Sohn Georg genannt, betont auf der zweiten Silbe.
Löwe, Teresa: Georg Picht. Vom Birklehof zur
Bildungsoffensive
Salin, Edgar (1892-1974)
Edgar Salin wurde in Frankfurt geboren, sein Vater war Fabrikant. 1910 wurde er von seinem Onkel, dem Bankier Jakob Heinrich Schiff, zu einer Reise in die USA eingeladen, wo sie Investitionen in Eisenbahnen und Bergbau besprachen. Salin studierte Ökonomie in Heidelberg, wo er über Friedrich Gundolf und über seine Freunde Norbert von Hellingrath und Wolfgang Heyer in Kontakt mit George kam. Er schloss 1914 sein Studium bei seinen Professoren aus dem George-Kreis Friedrich Gundolf, Eberhard Gothein, Edgar Jaffé und Arthur Salz ab. Er promovierte bei Alfred Weber zum Thema Goldwäscherei und Goldbergbau am Klondike und in Alaska mit summa cum laude und den Erfahrungen seiner US-Reise.
Den ersten Kontakt zum George-Kreis 1912 in München hatte Karl Wolfskehl vermittelt, erst 1913 begegnete Salin Stefan George auf der Straße in Heidelberg, wo er dann im Dezember 1913 durch Gundolf zu George eingeladen wurde und von unserem Dichterfürsten sehr beeindruckt gewesen wäre. Gustav Richard Heyer wurde zu seinem engsten Freund. Im Ersten Weltkrieg meldete Salin sich freiwillig zu den Ulanen und wurde 1918 schwer verletzt.
Im Oktober 1918 erhielt er beim Auswärtigen Amt eine Referentenstelle in der deutschen Gesandtschaft in Bern, um sich mit der Entwicklung der kommunistischen Bewegung zu befassen. Die Bolschewiken waren mit deutscher Hilfe aus der Schweiz nach St. Petersburg gekommen, wo sie mit einigen Millionen Goldmark Unterstützung die Macht übernahmen. Die Hintergründe waren damals noch nicht überall bekannt und Salin saß in Bern an der Quelle. Im Februar 1919 erhielt er eine Assistentenstelle am volkswirtschaftlichen Seminar in Heidelberg. 1920 habilitierte er sich dort mit dem Thema Platon und die griechische Utopie, das er George vorher zur Beurteilung vorgelegt hatte. 1924 wurde er zum außerordentlichen Professor und nahm die Stelle der Gothein-Gedächtnisprofessur für Staatswissenschaften ein, das Stiftungskapital hatte Eberhard Gothein vor seinem Tod zur Verfügung gestellt.
Salin beteiligte sich maßgeblich an der Gründung der Friedrich List Gesellschaft und besuchte öfter Josef A. Schumpeter, der von 1925 bis 1932 in Bonn lehrte. Salin betreute die Dissertation des später als Soziologen in den USA berühmt gewordenen Talcott Parsons, der von 1925-27 in Heidelberg Nationalökonomie studierte. Edgar Salin nahm ebenfalls an der Geheimkonferenz der Friedrich-List-Gesellschaft im September 1931 über Möglichkeiten und Folgen einer Kreditausweitung teil.
Im Sommersemester erhielt Salin einen Ruf als Gastprofessor und Vertreter von Julius Landmann nach Kiel, wo er eine Freundschaft mit Bernhard Harms anknüpfte und mit Friedrich Wolters Umgang pflegte. Im Winterrsemester erhielt er eine ordentliche Professur an der Universität Basel als Nachfolger von Julius Landmann, der nach Kiel wechselte und sich für Salin eingesetzt hatte. 1935 promovierte bei ihm Marion Gräfin Dönhoff, mit der er in Verbindung blieb.
Salz, Arthur (1881-1963)
Arthur Salz war ein Sozialwissenschaftler und Ökonom, der 1923 in Heidelberg zum außerordentlichen Professor für Volkswirtschaftslehre berufen wurde. Wikipedia:
Nach Abschluss des Gymnasiums in Pilsen begann er 1900 ein Studium der Volkswirtschaftslehre in Berlin, wo er vor allem bei Georg Simmel hörte. Später studierte Salz in München und Heidelberg, wo er sich mit Friedrich Gundolf anfreundete und Kontakt mit dem Kreis um Stefan George aufnahm. Mit dem Dichter blieb Salz bis 1925 in Kontakt. Er verkehrte auch im Haus von Max Weber. 1903 promovierte Salz bei Lujo Brentano und leitete danach den elterlichen Betrieb in Staab. Nach weiteren Studien in Wien und Prag habilitierte sich Salz im Jahr 1909 mit der Arbeit "Wallenstein als Merkantilist".
1912 heiratete Salz Sophie Kantorowicz, genannt Soscha, die Schwester des Historikers Ernst Kantorowicz. ...
Im Ersten Weltkrieg leistete Salz Militärdienst in Österreich-Ungarn. Er wurde ins Osmanische Reich abkommandiert, um den türkischen Befehlshaber Djemal Pascha in ökonomischen Fragen zu beraten ...
Nach Deutschland zurückgekehrt, verstrickte sich Salz in die Wirren um die Niederschlagung der Münchner Räterepublik, weil er den KPD-Politiker Eugen Leviné bei sich versteckte. Er wurde verhaftet und entging, anders als Leviné, knapp dem Todesurteil.
In der Türkei gewann Salz engere Beziehungen zu Cemal Pascha, dem jungtürkischen Nationalisten und führenden Mitglied der Regierung des Osmanischen Reiches, der 1918 nach dem Waffenstillstand aus Konstantinopel fliehen musste und im Juli 1922 von einem armenischen Geheimbund in Tiflis ermordet wurde. Cemal Pascha bestritt in seinen 1923 in Deutschland erschienenen und von Salz herausgegebenen Memoiren seine Verantwortung für die Ermordung der Armenier, war aber 1919 in Abwesenheit in der Türkei zum Tode verurteilt worden. Auf seiner Deutschlandreise hatte Arthur Salz Cemal Pascha bei Fine von Kahler, der Frau des Erich von Kahler, einquartiert, wo auch Stefan George ihn kennenlernte (Schönhärl, S. 63).
Scheidt, Wilhelm Heinrich
Wilhelm Heinrich Scheidt (* 28. August 1912 in Krefeld; † 13. Januar 1954 in Bonn) war beim Oberkommando der Wehrmacht in der kriegsgeschichtlichen Abteilung ab 1941 tätig. Als Sohn des Chemikers Peter Wilhelm Scheidt studierte er in Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main und Berlin. Am 28. April 1937 erlangte er die Promotion über das Thema Von der Weisheit Goethes über und für die Geschichte an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin.
Wegen des Verdachts, er sei ein russischer Agent gewesen, hat die ZEIT einen Artikel über ihn gebracht, um den Verdacht zu entkräften. Wir sehen aber gleich den Zufall am Werk, den es ja nicht gibt, der aber dem Autor der ZEIT nicht auffallen will:
Wer war dieser Mann wirklich, dem Adolf Hitler am 28. August 1944 zum Geburtstag gratulierte, dem Generaloberst Beck wenige Tage vor dem 20. Juli ein Vermächtnis anheimgab, den Klaus von Stauffenberg seinen Freund nannte ... Wer war dieser Journalist und Historiker, der im Auftrag der Amerikaner den General Guderian verhörte und im OKW Prozeß durch seine Aussage General Warlimont entlastete, der aus berufenem Munde als "eine markante Persönlichkeit des Nachkriegsdeutschland" gewürdigt wurde, für Adenauer Flugblätter redigierte, den Franz Josef Strauß und seine Freunde von der CSU eventuell zum Bundespressechef machen wollten und den Radio Moskau als Leiter der psychologischen Kriegsvorbereitung in Bonn anprangerte? ... Wilhelm Scheidt, Jahrgang 1912, entstammt einer kleinbürgerlichen katholischen Familie, wuchs im Württembergischen auf und lernte dort auf einer Wandervogel Fahrt die Brüder Stauffenberg kennen. In Bad Cannstatt wurde der Germanist Max Kommerell auf den gutaussehenden und hochbegabten Jüngling aufmerksam, der Stefan Georges jugendlichem Freund Maximin verblüffend ähnlich sah. Kommereil weckte seine (freilich nie unkritische) Verehrung für den George Kreis — zu dem auch Stauffenberg sich hingezogen fühlte — und führte den Frühreifen in die griechische Philosophie ein.
Weil das alles den Zufall schon sehr strapaziert, muss in der ZEIT noch das Glück dem Zufall helfen:
Das Glück, das ihm bis dahin immer treu geblieben, trug ihn schließlich an eine Stelle, von wo aus er den besten Einblick in die operative Führung des Krieges gewinnen konnte: Als Adjutant (in Wirklichkeit Stellvertreter) des Generalmajors Scherff, des "Sonderbeauftragten des Führers für die militärische Geschichtsschreibung", wurde er einer der wichtigsten "Geheimnisträger" in Deutschland. Nach der Verwundung Scherffs beim Attentat in der "Wolfsschanze" durfte er sogar täglich bei Hitlers Lagebesprechungen assistieren.
Dieser Posten wäre tatsächlich eine ideale Voraussetzung für einen Landesverräter gewesen.
Was hätte Adolf Hitler in seiner Wolfsschanze nur ohne den George-Kreis gemacht? Die ZEIT muss den Verdacht jedoch empört zurückweisen, die Gräfin Dönhoff hat zufällig auch bei einem Professor aus dem George-Kreis promoviert. Die Welt der Agentenringe ist klein, sehr klein.
Aus einer noch unveröffentlichten Niederschrift geht hervor, daß Generaloberst Beck im Juli 1944 den Oberleutnant Scheidt, den er im Hause des pensionierten Generalobersten von Hammerstein (Scheidts väterlichen Freund) kennengelernt hatte, sogar zu einem Gespräch aufsuchte, weil er in ihm mit Recht einen Gleichgesinnten vermutete. ... Da Scheidt täglich die Protokolle der Lagebesprechungen bei Hitler einsehen konnte und vermutlich zeitweise auch das Kriegstagebuch des Wehrmachtführungsstabes führte, konnte er beizeiten Material für eine Kriegsgeschichte sammein, die er später schreiben wollte. Es hat ihn sehr geschmerzt, als seine geheimen Aufzeichnungen nach einem Bombenangriff im Panzerschrank verbrannten (Ritter von Schramm wittert hinter diesem Panzerschrank einen Brutherd der Spionage!).
Und die Agententätigkeit hörte mit dem Kriegsende nicht auf, bei der ZEIT natürlich alles nur Zufälle, halt ein brillanter junger Mann:
Scheidt wurde als Kriegsgefangener auf einem Lastwagen nach Nürnberg gebracht und erfuhr erst unterwegs, daß er als Zeuge ausersehen war. Wer will es dem jungen, brillanten Kriegshistoriker verargen, daß er im Auftrag der US Historiker Akten ausgewertet hat? Viele hohe Offiziere haben das getan. Auch Generaloberst Halder — ohne daß diese Tätigkeit als ehrenrührig galt. Dennoch hat der Einspruch Percy Ernst Schramms verhindert, daß Scheidt 1951 — als Vertrauensmann der CSU — ins Amt Blank eintreten konnte. ...
Scheidt war 1948 zum Redaktionsstab des angriffslustigen, Echo der Woche in München gestoßen, dessen Chefredakteur er schließlich wurde. In dieser Zeit näherte er sich dem Kreis der CSU Politiker um den jungen Generalsekretär Strauß, um Richard Jaeger, Richard Stücklen und Josef Müller ("Ochsensepp").
... Seine Position war von vornherein gefährdet, da er sich zuvor auf "Ostkontakte" eingelassen hatte, die jederzeit von hüben oder drüben gegen ihn ausgespielt werden konnten. Seinen Dienstvorgesetzen Otto Lenz, dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt, und auch den US Geheimdienst CIC hatte er vor seinem Amtsantritt über diese Unternehmungen unterrichtet. Ihr Initiator war sein Kriegskamerad Kunrat von Hammerstein gewesen, der zusammen mit Scheidt in Ostberlin Möglichkeiten einer Wiedervereinigung sondieren wollte, so wie es später auch Scheidts Regimentskamerad, Oberst Bonin, versucht hat.
Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.
Schließlich offenbarte sich Scheidt ausgerechnet Otto John, dem Leiter des Bundesverfassungsschutzamtes. John, ebenfalls ein Veteran des deutschen Widerstandes, ebenfalls in gefährdeter Stellung, ebenfalls ein Freund von Ostkontakten, gab ihm den törichten Rat, ein paar Wochen unterzutauchen. In der Zwischenzeit aber — Lenz war gerade außerhalb Bonns — entfachten Scheidts Gegenspieler einen Skandal. Scheidt wurde suspendiert.
Zum Abschluss erinnert der Zeit-Autor wieder an die alten Freunde von Scheidt aus dem George-Kreis:
Nie hat er den Tod seines Freundes Stauffenberg verwunden, nie sich in der politischen Wirklichkeit des geteilten Deutschlands zurechtgefunden. Er war klug und naiv, weltmännisch und weltfremd zugleich. Er mag Kommerells Ideal vom Dichter als Führer nachgeeifert haben.
Wilhelm Scheidt soll nach dem Angaben in Hammerstein oder Der Eigensinn: Eine deutsche Geschichte von Hans Magnus Enzensberger dem Felix Hartlaub, einem Freund der Großmutter unseres
Gregor Gysi, die Stelle beim OKW und im Führerhauptquartier beschafft haben. Der Felix Hartlaub war ziemlich sicher einer der seinerzeit nie entdeckten Informanten der Sowjets, nach denen
verzweifelt gesucht wurde.
Scheliha, Renata von (1901-1967)
Renata von Scheliha war die Enkelin des preußischen Ministers Johannes von Miquel. Nach ihrem Abitur 1925 studierte sie in München Sanskrit und kam über Maria Fehling in Kontakt zum George-Kreis. 1931 promovierte sie in Breslau. Wikipedia:
Nach der Promotion zog sie nach Berlin. Hier verdiente sie sich mit Führungen und Vorträgen in Museen und mit Abendkursen an der Lessing-Hochschule, einer Einrichtung der Erwachsenenbildung, einen kargen Lebensunterhalt. Durch Berthold Vallentin kam sie erneut in Kontakt zum George-Kreis und freundete sich unter anderem mit Edith Landmann und Ernst Morwitz an. Auch Wolfgang Frommel lernte sie hier kennen ...
Wegen der Zuspitzung der politischen Lage folgte sie im August 1939 der Einladung Edith Landmanns, nach Basel zu ziehen. Ihre Aufenthaltserlaubnis setzte eine Einschreibung an der dortigen Universität voraus, bei der Edgar Salin behilflich war. Zwei Jahre später übersetzte sie Euripides’ Herakles und erhielt dafür den Julius-Landmann-Preis der Universität Basel. Seit Juni 1942 unterstützte sie Edith Landmann bei der Arbeit an einem Buch, dessen beide Bände die Titel George und die Griechen sowie George als Denker tragen sollten und von dem nur Teile unter Edith Landmanns Namen veröffentlicht wurden.
Ihr Bruder Rudolf von Scheliha, der in Heidelberg studiert hatte, war seit 1922 Mitarbeiter beim Auswärtigen Amt und arbeitete seit 1937 als deutscher Diplomat in Polen für den sowjetischen NKWD, 1942 wurde er wegen Geheimnisverrats verurteilt und hingerichtet.
In 1937, Scheliha who by this time had risen to become the First Secretary at the German embassy in Warsaw began working for the Soviet secret police, the NKVD. His first case officer, if not recruiter was Rudolf Herrnstadt, a journalist for the left-wing Berliner Tageblatt. As Herrnstadt was Jewish, contact with Rudolf von Scheliha would became increasingly difficult so a intermediary was needed who wouldn't be recognised. Ilse Stöbe, a communist who was a secretary to Theodor Wolff in the Berliner Tageblatt newspaper, agreed to act as a cutout. Herrnstadt passed the documents that von Scheliha supplied to the Soviet Embassy in Warsaw via Stöbe until September 1939. (Wikipedia)
Schmalenbach, Herman (1885-1950)
Er war der Bruder des bekannten Betriebswirtes Eugen Schmalenbach. Wikipedia:
Nach dem Studium der Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und Altertumswissenschaften in Jena, Berlin und München, wo er unter anderem bei Georg Simmel lernte, promovierte er 1910 bei Rudolf Eucken in Jena. Von 1916 bis 1917 unterrichtete er an der Dürerschule, einer Reformschule in Hochwaldhausen im Vogelsberg. In Göttingen habilitierte er sich 1920 und wurde 1923 dort Außerordentlicher Professor, zugleich lehrte er ab 1928 auch an der Technischen Hochschule Hannover. Von 1931 wurde er an die Universität Basel berufen und wirkte dort bis zu seinem Tod als Ordentlicher Professor.
Er arbeitete auf dem Gebiet der phänomenologischen Analyse des Bewusstseins und der verschiedenen Bewusstseinsarten; für die Soziologie wurde seine Einführung der Kategorie des Bundes bedeutsam, die auf seinen Erfahrungen als Lehrer an der Dürerschule beruht. Auch seine Eindrücke des George-Kreises – Schmalenbach war von 1908 bis ca. 1912 mit Stefan George befreundet – konnte er für den Aufsatz verwenden. Sein Sohn war der Kunsthistoriker Werner Schmalenbach (1920–2010).
Schmalenbach hatte während seiner Promotion als Hauslehrer der Familie Lepsius gearbeitet, bei der George verkehrte. Verheiratet war Herman Schmalenbach mit Sala Müntz, der Schwester von Herman Müntz, ebenfalls ein Anhänger von George, der ab 1914 Lehrer an der Odenwaldschule bei Heppenheim, 1915 an der Dürerschule in Hochwaldhausen, dann an einem eigenen Schülerpensionat in Heppenheim und ab 1927 auch einige Monate der Assistent von Albert Einstein war. Ich erwähnte es schon: Die Welt ist klein!
Schmid, Carlo (1896-1979)
In seiner Biografie bei Wikipedia sucht man fast vergebens nach einem Anhaltspunkt für die Rolle, die Carlo Schmid nach 1945 gespielt hat. Er hat allerdingsan der Uni in Tübingen studiert. Auf seiner Seite bei der FES erfahren wir:
Aussicht auf einen Lehrstuhl hatte er wegen der politischen Atmosphäre an der Tübinger Universität schon vor 1933 nicht, umso mehr galt dies für die NS-Zeit. In den folgenden Jahren lernte Carlo Schmid die Dichtung und Gedankenwelt Stefan Georges und den Kreis um Wolfgang Frommel kennen, der mit einer nach Mitternacht ausgestrahlten Rundfunksendung "Vom Schicksal des deutschen Geistes" versuchte, einen Hörerkreis zu erreichen, der sich der geistigen Gleichschaltung durch das NS-Regime entziehen wollte.
Die Welt ist klein und hier noch etwas mehr dazu:
Lange Zeit träumte Carlo Schmid von einem Leben als Künstler. Er übersetzte Baudelaires „Fleurs du mal“ ins Deutsche, wofür er von höchster Stelle, nämlich von Ernst Jünger, Lob erhielt. Seine Initiation in Künstlerkreise erhielt er während seiner Tübinger Zeit, als ihn eine innige Freundschaft mit Woldemar Graf von Üxküll-Gyllenband verband. Jener führte ihn in den George-Kreis ein. Stefan George wurde für Schmid wie für viele seiner Zeit zu einem geistigen Orientierungszentrum. Schmid teilte die Ansicht des George-Kreises, dass die Bildung einer Elite im Geiste des Humanismus und Kampf gegen Vermassung notwendig sei. ... Dauerhaft ging aus dem George-Kreis die Freundschaft zu Wolfgang Frommel hervor.
Schramm, Percy Ernst (1894-1970)
Percy Ernst Schramm führte von März 1943 bis zur Kapitulation 1945 als Nachfolger von Helmuth Greiner das offizielle Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht und Aufzeichnungen aus Lagebesprechungen des Wehrmachtführungsstabes. Das Kriegstagebuch ist bei archive.org zu finden:
Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht
Gekürzt und etwas ergänzt aus Wikipedia: Der Vater von Percy, Max Schramm, war ab 1892 Teilhaber der bedeutenden Rechtsanwaltsfirma „Wolffson, Dehn und Schramm“. Er gehörte ab 1904 als Mitglied in der Bürgerschaft zur „Fraktion der Rechten“, ab 1912 war er gewähltes Mitglied im Senat und war von 1925 bis 1928 Zweiter Bürgermeister Hamburgs. Seine Mutter Olga, geborene O'Swald, entstammte ebenfalls einer althamburgischen Kaufmannsfamilie. Der englische Vorname geht zurück auf Olgas Vater Albrecht Percy O’Swald. Ihr Großonkel William Henry O’Swald machte die Firma „Wm. O’Swald & Co“ zum führenden Handelshaus in Ostafrika. Dank einem 1859 geschlossenen Handelsvertrag mit dem Sultan von Sansibar konnten die Geschäfte bis weit in das Innere Afrikas ausgedehnt werden.
Noch im Elternhaus lernte er den Kulturwissenschaftler Aby Warburg aus der einflussreichen Bankiersfamilie Warburg kennen und wurde sein Schüler.
Am 3. August 1914 meldete er sich mit 19 Jahren als Kriegsfreiwilliger zum Militärdienst. Er hielt sich überwiegend an der Ostfront auf. Während des Krieges hielt er engen Briefkontakt zu seinem Lehrer Aby Warburg. Nach Kriegsende kehrte Schramm im Dezember 1918 nach Hamburg zurück. Er kümmerte sich um seinen Lehrer Warburg, bei dem nach Bekanntwerden der Niederlage eine schwere psychische Krankheit ausbrach. Er stellte sich der Regierung als Zeitfreiwilliger im Freikorps Bahrenfeld zur Verfügung. Ob gegen links, gegen Polen oder „sonst jemand“, war ihm gleich. Anlässlich des Kapp-Putsches im März 1920 begann Schramm ein Tagebuch über die ihn bewegenden Ereignisse zu führen. Den Putsch lehnte er vor allem deshalb ab, weil Kapp seinen Treueid gegenüber der Regierung gebrochen hatte (so Wikipedia).
Im Sommersemester 1921 wechselte Schramm nach Heidelberg, um sein Studium mit der Promotion bei Karl Hampe zu beenden. Während seiner Heidelberger Jahre knüpfte er Kontakte zu den Historikern Ernst Kantorowicz, Friedrich Baethgen, Otto Cartellieri, dem Germanisten Friedrich Gundolf, dem Kirchenhistoriker Hans von Schubert und dem Indologen Heinrich Zimmer. Besonders eng war die Freundschaft mit Kantorowicz. Nächtelange Gespräche mit Kantorowicz hat er ausdrücklich hervorgehoben.
Während seiner Assistentenzeit heiratete er im März 1925 Ehrengard von Thadden, die Tochter des pommerschen Gutsbesitzers und Landrats Dr. jur. Adolf von Thadden (1858–1932) und dessen erster Ehefrau Ehrengard, geb. von Gerlach (1868–1909). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, darunter der Architekt Jost Schramm und der Osteuropahistoriker Gottfried Schramm. Seine Schwägerin war Elisabeth Adelheid Hildegard von Thadden (1890–1944), deutsche Widerstandskämpferin, der Halbbruder seiner Frau war Adolf von Thadden (1921–1996), deutscher Politiker (NPD) und Agent des britischen MI6.
Schramms im Sommer 1929 veröffentlichtes Werk Kaiser, Rom und Renovatio brachte ihm den akademischen Durchbruch. Schon vor der Drucklegung entfaltete es eine beträchtliche Wirkung und trug wesentlich dazu bei, dass Schramm bereits im Februar 1929 einen Ruf an die Universität Göttingen erhielt. Ab dem 1. April 1929 lehrte er dort als Professor für mittlere und neuere Geschichte und Historische Hilfswissenschaften. Zugleich wurde er Direktor des Historischen Seminars.
Im Jahr 1930 besuchte Schramm den im holländischen Exil lebenden Kaiser Wilhelm II. in Doorn. (Als Grund für seinen Besuch hat Schramm in den 1960er Jahren das Interesse des Ex-Monarchen an den Büchern des Göttinger Kollegen Karl Brandi genannt. Der Kaiser war während des Gesprächs mit Schramm daran interessiert, wann der Adler zum kaiserlichen Emblem geworden sei, heißt es bei Wiki.)
Ungeachtet seiner Einstellung zum Nationalsozialismus, wurde Schramm im Mai 1937 nach London zur Krönung des englischen Königs Georg VI. eingeladen. Er war der einzige deutsche Zivilist, der eine solche Einladung erhielt – eine Anerkennung, die selbst im „Kladderadatsch“ wahrgenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt galt Schramm weltweit als anerkannter Experte der Krönungsforschung. Er war bereit, sein Wissen über die Herrschaftssymbole für die Politik dienstbar zu machen (heißt es bei Wiki, aber vermutlich nicht nur sein Wissen über die Herrschaftssymbole). Für die englische Krönungsfeier schlug er Hitler vor, das aus der Zeit Richards von Cornwall stammende, 1262 angefertigte und im Aachener Domschatz aufbewahrte vergoldete Taubenszepter nachbilden zu lassen und dem englischen König zum Geschenk zu machen.
Am Zweiten Weltkrieg nahm Schramm von Beginn an als Soldat teil. Im Jahr 1941 gehörte er zur Amtsgruppe Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht. Dort verfasste er Pressemitteilungen für in- und ausländische Zeitungen.
Von März 1943 bis zur Kapitulation 1945 war er als Nachfolger von Helmuth Greiner Kriegstagebuchschreiber im Führerhauptquartier. In dieser Funktion fasste er alle „operativen Vorgänge“, von denen er Kenntnis hatte, nachrichtlich zusammen und nahm die Auswahl der Dokumente und Meldungen für das Kriegstagebuch vor. Der Schwerpunkt lag auf den operativen Entscheidungen und Vorgängen. Den Krieg hielt er seit 1943 für endgültig verloren. Eine geplante Freistellung nach Göttingen, um seinen Verpflichtungen in der Wissenschaft nachzukommen, schlug er im Frühsommer 1944 ausdrücklich aus. Schramm zog seinen Dienst bei der Wehrmacht vor.
Schramm war von Mai 1945 bis zum 5. Oktober 1946 in amerikanischer Gefangenschaft. Als Kriegsgefangener schrieb er für die Historical Section der US Army eine militärische Denkschrift. Noch im Jahre 1947 konnte Schramm wieder zu mehreren emigrierten Kollegen, darunter Ernst Kantorowicz und Hans Rothfels, freundschaftlichen Kontakt aufnehmen. Bedeutende Schüler Schramms waren János Bak, Wilhelm Berges, Arno Borst, Marie Luise Bulst-Thiele, Donald S. Detwiler, Joist Grolle, Andreas Hillgruber, Hans-Adolf Jacobsen, Norbert Kamp, Hans-Dietrich Kahl, Reinhard Rürup, Hans Martin Schaller, Ernst Schulin und Berent Schwineköper. Reinhard Elze war zwar im Studium nicht sein Schüler, sah ihn aber als seinen Lehrer für die eigene wissenschaftliche Entwicklung an.
Auszug aus Deutsche Biographie:
Im Herbst 1939 als Rittmeister d. Res. eingezogen und später zum Major befördert, war S. in verschiedenen Stäben tätig, vom März 1943 bis zum Mai 1945 als Führer des Kriegstagebuchs des Oberkommandos der Wehrmacht, hierbei unterstützt von Felix Hartlaub (1913–45).
Hartlaub, Felix (1913-vermisst April 1945):
Felix Hartlaub besuchte die Odenwaldschule (Abitur 1932), wie auch der Vater von Gregor Gysi, Klaus Gysi (Abitur 1931). Längere Aufenthalte in Frankreich und Italien, ab 1933 Studium in Heidelberg und dann bis zur Promotion 1939 in Berlin, freundschaftlicher Kontakt zu oppositionellen Kreisen, besonders intensiv zur Familie Gysi. Die Mutter von Klaus Gysi war Hartlaubs große Liebe, bis sie 1938 nach Frankreich emigrierte.
Gute Beziehungen zu Historiker-Kollegen verschafften ihm im Dezember 1940 eine Abkommandierung zu der Historischen Archivkommission, die in Paris erbeutete französische
Akten sichtete. Von September bis November 1941 diente er erneut als Soldat, diesmal in Rumänien. Anschließend war er bis Mai 1942 als historischer Sachbearbeiter beim Oberkommando der
Wehrmacht in Berlin. Von Mai 1942 bis März 1945 gehörte er dem Bearbeiterstab des Kriegstagebuchs beim Oberkommando der Wehrmacht an. Hartlaub hatte während dieser Zeit
Zutritt zum äußeren Sperrkreis in den Führerhauptquartieren in Winniza, Rastenburg und Berchtesgaden und erlangte
Kenntnis über Interna der Kriegsführung. Anfang Mai 1945 begab er sich auf den Weg nach Spandau. Seitdem gilt er als vermisst. Seine offizielle Todeserklärung erfolgte 1955, als
Todesdatum wurde der 31. Dezember 1945 festgesetzt.
Zu Klaus Gysi:
Von 1931 an war Gysi in der Roten Studentenbewegung aktiv. 1935 wurde er von der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin verwiesen, ging 1936 nach Cambridge und wurde
1939 Mitglied der Studentenleitung der KPD in Paris. Von 1939 bis 1940 war er in Frankreich interniert. Beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht konnte er untertauchen. 1940 kehrte
er auf KPD-Beschluss mit seiner Frau Irene Gysi (Schwester von Gottfried Lessing) nach Deutschland zurück, was zu
diesem Zeitpunkt für den Halbjuden und Kommunisten Klaus Gysi ein hohes Risiko bedeutete. Mit Glück und Geschick überlebten die Gysis die fünf Jahre bis Kriegsende in der Illegalität Berlins.
Gysi war in dieser Zeit für den Verlag Hoppenstedt & Co. und auch
weiterhin politisch tätig.
Dass alle wichtigen Entscheidungen im FHQ umgehend nach Moskau gemeldet wurden, war auf deutscher Seite bekannt. Die Quelle konnte bis Kriegsende nicht enttarnt werden.
Schuler, Alfred (1965-1923) war ein Mitglied des gnostisch-neuheidnischen Kreises der Kosmiker in München mit Karl Wolfskehl und Ludwig Klages.
Alfred Schuler lehrte einen Mysterienkult der Blutleuchte, wonach das Christentum die Urkräfte des Lebens verraten habe und von Menschen mit edlem Blut eine Neugeburt der Menschheit ausgehen werde. Schuler lernte 1893 Ludwig Klages kennen, der damals sein Studium an der LMU-München aufnahm und mit George in derselben Pension wohnte. Schuler hatte sein Studium der Archäologie nie beendet und lebte mit seiner Mutter von deren Rente in München. George übernahm in seinen Dichtereien einige kosmische Einflüsse Schulers. Wikipedia:
Seit der Jahrhundertwende unterhielt Schuler Kontakte zu Okkultisten wie Henri Papus, später nahm er an spiritistischen Séancen bei Albert von Schrenck-Notzing teil.
Schuler unterhielt eine umfassende Vortragstätigkeit über altheidnische Mysterien. Zwischen 1915 und 1923 hielt er im Salon Elsa Bruckmanns seine mehrfach wiederholten Reden „Vom Wesen der Ewigen Stadt“, zu deren Hörern auch Rilke gehörte.
...
Die Forschung über Schuler widmete sich in einem Schwerpunkt der Frage nach Schulers Vorbildwirkung für den Nationalsozialismus. Die Debatte entzündete sich, neben Schulers Antijudaismus und seiner Verwendung der Swastika, vor allem an der von Robert Boehringer zeitweise vertretenen These von einem Zusammentreffen Schulers mit dem jungen Hitler im Salon Bruckmann.
Scott, Cyril (1879-1970), Musiker und Autor esoterischer Schriften
Cyril Scott wurde zur Förderung seines musikalischen Talents schon im Alter von 12 Jahren an das Konservatorium von Dr. Hoch in Frankfurt gesandt. Er lernte als 17-Jähriger G. kennen und lehnte dessen Annäherungsversuche ab. Zuerst aus dem englischen, dann dem deutschen Wikipedia:
His first symphony was performed (through the good offices of his friend Stefan George, the great German poet) when he was only twenty years old.
Zur weiteren Prominenz, mit der Scott Beziehungen pflegte, gehörten H. G. Wells, George Bernard Shaw und Stefan George. Mit letzterem verband Scott eine enge Freundschaft; Scott sollte später auch Gedichte von George ins Englische übertragen. In London schloss sich Scott, unter anderem unter dem Eindruck von Annie Besant, der theosophischen Bewegung an und trat mit Hellsehern und Okkultisten in Kontakt.
Er verfasste das Buch The Initiate anonym.
Singer, Kurt (1886-1962)
Kurt Singer wurde nach seinem Studium der Ökonomie Privatsekretär Friedrich Bendixens, des Direktors der Hamburger Hypothekenbank, und später der Chefredakteur in dem von Max Warburg mitbegründeten Wirtschaftsdienst. Er habilitierte sich 1920 in Hamburg und erhielt 1924 den Titel des außerordentlichen Professors. Aber ausgerechnet bei ihm sei es nicht gelungen, ihn auf einen ordentlichen Lehrstuhl etwa in Hamburg zu berufen. Durch die Ablehnung eines Lehrstuhls in Königsberg fiel er in Ungnade. Er war sehr eigensinnig und stand in bestem Kontakt mit Keynes, daher wollte man ihn wohl möglichst weit weg sehen. 1931 erhielt er einen Ruf an die Kaiserliche Universität in Tokio. Nach dem Auslaufen seines Vertrages musste er in Japan als Deutschlehrer arbeiten und emigrierte nach dem Verlust dieser Stelle (aus rassenpolitischen Gründen) nach Australien, wo er wegen seiner begeisterten Berichte über Japan Misstrauen erregte und für zwei Jahre als feindlicher Ausländer interniert wurde, bis er durch eine Intervention von Keynes wieder freikam. Später erhielt er ein Forschungsstipendium und eine Dozentenstelle in Sidney.
In seiner Schrift Beiträge zur Kenntnis Stefan Georges erwähnt Singer seine Einladung im August 1918 in den Taunus durch Stefan George zu einem intensiven Gespräch über ökonomische Fragen. In seinen Erinnerungen berichtet Singer, im Oktober 1918 habe sich der Dichter bei ihm über die kriegswirtschaftliche Lage informiert. George habe am Vorabend der letzten deutschen Großoffensive den Krieg für verloren gehalten und vom Kaiser in tiefer Verachtung gesprochen. George interessierte sich für die geldpolitischen Vorstellungen des Reichsbankpräsidenten Karl Helfferich und die Möglichkeiten der Währungspolitik nach dem Kriegsende (Schönhärl, S. 54).
Hermann Speer, der Bruder Albert Speers begegnete George bereits im Jahr 1921 (da muss die Vorsehung mal wieder zugelangt haben oder der Zufall, den es nicht gibt); Heidelberger Umfeld.
Im Alter von achtzehn Jahren war Hermann ein begeistertes Fanclub-Mitglied (CIRCLE OF ADMIRERS) des Dichters Stefan George, mit dem er eine adoleszente Liebesaffäre hatte. Als der Schriftsteller Hermann den Laufpaß gab, war seine Jugend zerstört und artete, abermals in bezug auf Albert, beinahe in Wahnsinn aus. http://www.frankjankowski.de/autor/transla/speer/speer15.htm
Stauffenberg, Claus, Alexander und Berthold
Die Mutter der Stauffenberg-Brüder war eine geborene Gräfin Caroline von Üxküll-Gyllenband, Tochter des österreichischen kuk Oberleutnants Graf Alfred von Üxküll-Gyllenband und seiner Frau Valerie, geborene Gräfin von Hohental, die wiederum Gneisenau, den Generalstabschef Feldmarschall Blüchers zu ihren Vorfahren zählen konnte. Um die beiden jungen Grafen Bernhard und Woldemar von Uxkull-Gyllenband hatte sich seit 1906 Ernst Morwitz aus dem George-Kreis gekümmert.
Der Vater war 1914 Oberhoffeldmarschall beim württembergischen König.
Thiersch, Urban
Er entstammte einer bekannten Künstlerfamilie und war in das Attentat am 20. Juli 1944 auf Hitler verwickelt. Wikipedia:
Er stammte aus der Münchner Familie Thiersch, ihr gehörten bekannte Künstler wie der Architekt Friedrich von Thiersch, der Maler Ludwig Thiersch und die Buchkünstlerin Frieda Thiersch an. Künstlerische Begabung besaßen auch Urbans Mutter, die Malerin Fanny Thiersch (geborene Hildebrandt) und sein Vater Paul Thiersch, der Architekt war und von 1915 bis 1928 die Handwerker- und Kunstgewerbeschule Halle in Halle an der Saale leitete und reformierte.
Nach der Reifeprüfung 1935 absolvierte Urban Thiersch eine Steinmetzlehre in Berlin und arbeitete in einer Gipsformerei. Schon seit seiner Kindheit und vor allem nach seinem 16. Geburtstag pflegte er Kontakt mit dem bekannten deutschen Schriftsteller Stefan George. Als George am 4. Dezember 1933 starb, hielt er die Verbindung zu dessen Freunden aufrecht, die durch Rudolf Fahrner vermittelt wurde. Insbesondere der Kontakt zum Bildhauer Viktor Frank, (eigtl.: Frank Mehnert) vertiefte sich.
Nach einer schweren Verwundung wurde Urban Thiersch von Claus Stauffenberg als Verbindungsmann zu dem Chef des in das Reichssicherheitshauptamt eingegliederten Amtes Ausland/Abwehr des OKW, Oberst d.G. Hansen, eingesetzt.
Uxkull-Gyllenband, Bernhard Graf (1899-1918) und Woldemar (1898-1939)
Die beiden Brüder Uxkull wurden schon im Herbst 1906 auf der Straße von Ernst Morwitz entdeckt, also im Alter von sieben (Bernhard) und acht (Woldemar) Jahren. Ernst Morwitz war auf der Suche nach Zöglingen für den George-Kreis und unterrichtete die beiden Jungen privat. Die Brüder waren Cousins von Alexander, Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die seit den 1920er Jahren ebenfalls dem George-Kreis angehörten.
Bernhard Graf Uxkull-Gyllenband war im Herbst 1916 aus einem Internat im Harz wieder nach Berlin gekommen, wo er sich mit George traf (Karlauf, S. 473f):
Jeden tag empfang ich jetzt den besuch des Bernhard der ein rechter S.(üßer) geworden ist und mir viel freude macht ... (George an Gundolf, 6. Okt. 1916)
Nach dem Abitur kam Bernhard zur Garde-Feldartillerie und im Winter zur weiteren Ausbildung nach Belgien. Bei einem Lazarettaufenthalt erreichte der mit ihm eng befreundete Adalbert Cohrs seine Verlegung zu sich und beide Freunde wollten der Rückkehr zur Front durch die Flucht ins Ausland entgehen. Nach einem gescheiterten Versuch der Fahnenflucht 1918 erschoss sich Bernhard zusammen mit Adalbert Cohrs während des Verhörs in der Kaserne. George hatte den beiden jungen Männern jede Hilfe zur Flucht vor weiterem Kriegsdienst abgeschlagen, was ihn aber nicht hinderte, zeitlebens eine Büste von Bernhard in seinem Arbeitszimmer zum Andenken zu bewahren. Die Vorgeschichte des Doppelselbstmordes habe ich oben bei Adalbert Cohrs behandelt.
Woldemar befreundete sich eng mit Ernst Kantorowicz, der seinem „Tischgenoss und Bettgespiel“ sein Werk Kaiser Friedrich der Zweite widmete; in Heidelberg, wo Woldemar 1922 promovierte, bewohnten beide zusammen ein Haus. 1923/24 hielt er sich in England auf, wo er in der British Library in London forschte und Vorlesungen in Oxford besuchte, wo er engen Kontakt zu Milners Kindergarten gefunden haben dürfte. In Tübingen erhielt Woldemar 1932 einen Lehrstuhl für Alte Geschichte und schloss eine enge Freundschaft mit Carlo Schmid. In einer Rede über das revolutionäre Ethos Georges an die Tübinger Studentenschaft aus Anlass von Georges 65. Geburtstag im Juli 1933 interpretierte er den NS als Erfüllung der Visionen Stefan Georges. 1939 starb er an den Folgen eines Verkehrsunfalls.
Vallentin, Berthold (1877-1933)
Berthold Vallentin traf George das erste Mal im Dezember 1902 im Hause seines Mentors Kurt Breysig, der die jungen Männer seines Berliner Freundeskreises mit den Dichtereien von George bekannt gemacht hatte. Vallentin führte von 1902 bis 1931 über seine Gespräche mit Stefan George ein Tagebuch. Er veröffentlichte im Georg Bondi Verlag auch ein Buch über Winckelmann, den Wiederentdecker des griechischen Eros.
Waldhausen, Cornelius Balduin (1893-1920), Offizierssohn aus Mainz
Cornelius Balduin Waldhausen war in Berlin aufgewachsen und habe durch Zufall in der Druckerei Otto von Holten nach Erstausgaben von George gefragt und dabei den Friedrich Wolters kennengelernt, der ihn sofort an Gundolf verwies, den er 1912 in Darmstadt besuchte. Im gleichen Jahr erhielt er ein Stipendium der Rhodes Stiftung für ein Studium der Archäologie ab Oktober in Oxford. Dort übersetzte er Shelleys "Verteidigung der Dichtkunst". Im Sommer 1914 verbringt er mit Wolters einen Urlaub mit George im Berner Oberland, als der Krieg ausbricht und Waldhausen und Wolters zum Militärdienst nach Deutschland zurückkehren. George bleibt noch eine Weile in der Schweiz.
Während des Krieges besuchte Waldhausen George in Bingen. Im Mai 1918 erlitt er eine schwere Verwundung, durch die er den Verstand verlor und an der er im Dezember 1920 starb. George veröffentlichte ein kitschiges Gedicht im Dezember 1919 als Nachruf, da war er noch am Leben: Mit welcher haltung ihr den markt durchrittet/Wie euer auge glänzte dieser tage/Und wie ihr standet, auf den strassen schrittet:/Ist fernes bild - gehört schon heut zur sage. Es ist eine Schande!
Weizsäcker, Richard von (1920), Bundespräsident 1984-94
Richard von Weizsäcker entstammte einer mit Robert Boehringer eng befreundeten Familie. Er bezeichnete in einem FAZ-Interview: "Haben Sie George gesehen, Herr von Weizsäcker?" Robert Boehringer, der von Stefan George als Erbe eingesetzt wurde, als einen strengen und liebevollen Erzieher, der ihm von der Politik abgeraten habe, doch "ich wollte und konnte dem strengen Erzieher hier nicht folgen". Im Alter von zwölf Jahren hatte er in Berlin zusammen mit seinem Bruder Carl Friedrich auf Betreiben von Boehringer den Großen Meister noch kurz vor dessen Tod besucht:
Da saß ich dann als Bub auf einem Sofa, und neben mir saß ein Mann, der mit seinem Griff meinen Nacken so stark umfasste, dass ich den Griff noch bis heute zu verspüren meine.
Der Mann war also der alte Stefan George, der damals in Berlin von Walter Kempner und Clotilde Schlayer betreut wurde. Nach dem Krieg habe Weizsäcker erst begonnen, Georges Gedichte zu lesen und teilweise auswendig zu lernen, wie er in der FAZ beweist:
„Der kaiser wich mit höhnender gebärde / Worauf er doch am selben tag befahl / Dass in den abendlichen weinpokal / Des knechtes name eingegraben werde.“
Was gleich ein schönes Beispiel für die Einfälle und Dichterei des Meisters ist. Ein Diener des Kaisers hatte die Tauben erschreckt und sich dafür erdolcht.
Auch Ernst Jünger war irgendwie mit dem Kreis um Boehringer und deren Pharmafirma in Ingelheim verwoben, die Welt ist klein:
In den sechziger Jahren war ich eine Zeitlang bei einer Pharmafirma in Ingelheim am Rhein tätig. Deren Chef war ein Pour-le-Mérite-Träger aus dem Ersten Weltkrieg, ebenso wie Ernst Jünger. Diese Ordensträger trafen sich auch einmal in Ingelheim. Dort erhielt ich den Auftrag, mich um Jünger zu kümmern.
Die Stelle in Ingelheim hatte Richard von Weizsäcker durch Robert Boehringers Beziehungen erhalten.
Richard von Weizsäcker erhielt bereits im März 1937 sein Abiturzeugnis und reiste anschließend nach Oxford, wo Milner einst seinen Kindergarten gesammelt hatte, um dort Philosophie und Geschichte zu hören. Anschließend ging er noch nach Grenoble in Frankreich. Leider hat er bisher über die Bemühungen der Briten oder Franzosen um den Sohn des Leiters der politischen Abteilung des deutschen Auswärtigen Amtes nichts verlauten lassen.
Wolters, Friedrich (1876-1930)
Friedrich Wolters war 1904 mit George in Kontakt getreten, aber erst 1909/10 in den Kreis offiziell aufgenommen worden. Um die Jahrhundertwende gehörte Wolters zu einem Kreis von Intellektuellen wie Berthold Vallentin, Kurt Hildebrandt, Wilhelm Andreae um Kurt Breysig in Berlin.
Er promovierte 1903 bei Gustav Schmoller und wurde 1907/8 mit Schmollers Unterstützung, dessen wissenschaftlicher Mitarbeiter Wolters zu dieser Zeit war, Privatlehrer des Prinzen August Wilhelm von Preußen. Wolters verfasste mit Wissen von Schmoller dessen Dissertation, da dem Sohn Kaiser Wilhelms II. für wissenschaftliche Arbeiten Talent und Neigung fehlten. Im Jahr 1913 konnte Wolters sich habilitieren, er wurde aber erst 1920 als außerordentlicher Professor nach Marburg berufen.
In Marburg wohnte George jedes Jahr mehrere Wochen oder Monate bei Wolters, der dem George-Kreis mehrere junge Männer wie Max Kommerell zuführte.
Die Becker-Jungen und andere Pädagogenkreise
Becker, Carl Heinrich (1876-1933), Vater des späteren Bildungsforschers und Mitbegründers des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung Hellmut Becker.
Carl Heinrich Becker wurde als Sohn eines Bankiers in Amsterdam geboren. Er studierte in Lausanne und Heidelberg ab 1895 Arabistik und Religionswissenschaft und promovierte nach Reisen durch Spanien, Sudan, Griechenland und die Türkei 1899 in Berlin. 1902 wurde er Privatdozent für Semitische Philologie in Heidelberg, wo er mit Max Weber in Kontakt kam. Nach seiner Habilitation 1908 erhielt er eine Professur für orientalische Geschichte und Kultur am neugegründeten Kolonialinstitut in Hamburg. 1910 gründete er die Zeitschrift Der Islam. 1916 kam Becker als Referent an das preußische Kultusministerium und wurde dort 1919 zum Unterstaatssekretär berufen. Von 1925 bis 1930 war er preußischer Kultusminister. Er berief und protegierte auffallend viele sehr junge Männer in führenden Positionen seines Ministeriums, für die der Spitzname Becker-Jungen geläufig wurde. Sein Nachfolger Adolf Grimme setzte Beckers Reformpolitik bis 1933 fort.
Seit 1927 war Becker Präsident der Abraham Lincoln-Stiftung, einer geheimen Unterorganisation der Rockefeller-Stiftung.
Schertel, Ernst (1884-1958)
Ernst Schertel studierte Geschichte und Philosophie und begegnete im Haus seines Doktorvaters Rudolf Eucken, dem Vater des Nationalökonomen Walter Eucken, in Jena Stefan George, den er zwischen 1909 und 1917 öfter besuchte.
1923 publizierte er im Anthropos-Verlag sein Buch Magie: Geschichte, Theorie, Praxis und sandte ein gewidmetes Exemplar an Adolf Hitler, mit dessen 66 Anmerkungen es jetzt in Englisch publiziert wurde (das Exemplar wurde im Jahr 2003 wieder entdeckt: Hitler's Forgotten Library).
Der Kreis um das Castrum Peregrini
Eigentlich fand sich der Kreis um Wolfgang Frommel, der von George nicht offiziell legitimiert wurde, trotzdem überraschend schnell durch die Gründung des Verlags Die Runde 1930 in Berlin durch Edwin Maria Landau und Wolfgang Frommel unter Beteiligung Percy Gotheins. In diesem Verlag erschien 1931 als erste Publikation eine auch so genannte Huldigung an Stefan George unter Mitwirkung des Dichters Achim von Akerman, des Französischlehrers Willy Hellemann (alias Hans Boeglin), Frommels musikalischem Bruder Gerhard, des Kunsthistorikers Wilhelm Fraenger und des Altphilologen Heinrich Weinstock. 1931 kamen durch die Übernahme der Schriftenreihe eines Leipziger Verlages, die unter dem Einfluss von Friedrich Wolters entstanden war, noch der Norweger Arvid Brodersen und Kurt Hildebrandt dazu. Im Jahr 1932 erschien von Frommel Der dritte Humanismus unter dem Pseudonym Lothar Helbing, später noch eine Reihe von Schriften von Sabine Lepsius, Alessandro Pellegrini, Helmut Kuhn, Bruno Erich Werner und Werner Picht.
Selbstverständlich würden wir alle gerne einen eigenen Verlag begründen und uns mit einer ausgesuchten Runde gleichgesinnter Autoren einschlägigen Publikationen widmen, wenn wir den Spaß auch finanzieren könnten. Frommels Verlag erhielt das nötige Geld aus der Keksfabrik Bahlsen durch Gerhard Bahlsen, der seinen Studienfreund, den später einflussreichen Soziologen René König, zum maßgeblichen Lektor des Verlags ernannte. Der Vater von König war in Danzig Angestellter des Völkerbundes gewesen; René König verkehrte während des Studiums mit Wolfgang Hellmert, Werner Ziegenfuß, der 1956 seinen Lehrstuhl in Nürnberg wegen homosexuellen Verhaltens verlieren sollte, und Klaus Mann, der die Neigungen seines Vaters Thomas Mann geerbt hatte; in Max Dessoir hatte René König seinen Mentor gefunden, der ihm erste Publikationen in seiner Zeitschrift für Ästhetik und Kunstwissenschaft ermöglichte.
Das 1932 erschienene Buch von Frommel wurde später etwas dem Zeitgeist angepasst. Wikipedia:
Neben Schriften gefährdeter Autoren, wie Helmut Kuhn und Karl Löwith, stand der Sammelband Nationalsozialismus vom Ausland gesehen, der zeigen sollte, "warum diese Bewegung so tief in unserm Wesen verwurzelt ist". Setzten sich Verlag und Herausgeber für einen "richtig verstandenen" Nationalsozialismus ein, das heißt für eine "heroisch-humanistische, wahrhaft konservative Haltung", so äußerten sich der Engländer Rolf Gardiner, der Norweger Arvid Brodersen und der angebliche Schweizer Karl Wyser, ein Pseudonym Frommels, verständnisvoll über die "freie Kolonisation im östlichen Europa", Führertum und Gemeinschaft, Blut und Boden, Wehrsport und Arbeitsdienst und bezweifelten nur, dass "in der Judenfrage das letzte Wort gesprochen" sei.
Warum sollte eine Keksfabrik diesen Verlag finanziert haben? Geld war mit dessen Büchern sicher nicht zu verdienen, vermutlich musste das Zehnfache der Bruttoeinnahmen aus jedem verkauften Buch in die Werbung investiert werden, damit überhaupt jemand die Bücher gelesen hat. Wer sollte sich aus eigenem Antrieb für Frommels Buch Der dritte Humanismus nach einer 1921 gehaltenen Rede des Berliner Philosophen Eduard Spranger interessieren? Das ließ sich doch nur mit hohem Werbeaufwand absetzen, wenn aus ganz anderen politischen Erwägungen heraus diese Zielgruppe der Griechenfreunde angesprochen werden sollte. Für wessen Interesse und mit welcher Absicht?
Buri, Friedrich W. (1919-1999), eigentlich Adolph Friedrich Wongtschowski.
Mit 14 Jahren lernt er in Frankfurt den dort beim SWR die Abteilung Wort leitenden Wolfgang Frommel kennen und bleibt bei Frommel, während seine Familie nach Brasilien emigriert. Später besorgt Frommel ihm eine Ausreisegenehmigung nach Holland, wo er ab 1942 versteckt bei Frommel in Amsterdam lebt. Über diese Zeit berichtet sein Buch Ich gab dir die Fackel im Sprunge.
Fraenger, Wilhelm (1890-1964)
Wilhelm Fraenger studierte von 1910 bis 1918 in Heidelberg u.a. Literaturgeschichte bei Friedrich Gundolf und war mit dem gleichaltrigen Werner Gothein befreundet, dem Bruder des George-Jüngers Percy Gothein. Er interessierte sich für Kunst und Kultur und gründete 1919 den Heidelberger Kreis Die Gemeinschaft (als Teilnehmer werden Carl Zuckmayer, Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Hans Fehr, Oskar Kokoschka, Hans Prinzhorn genannt). Fraenger lernte den damals 17-jährigen Wolfgang Frommel kennen, als dieser für die Lokalzeitung einen Bericht über eine Veranstaltung des Heidelberger Kreises schreiben wollte. 1933 verlor Fraenger seine Anstellung, konnte aber durch Wolfgang Frommel freier Mitarbeiter am SWR und dem Reichssender Berlin werden. Im Jahr 1951 wurde Fraenger, der in der DDR lebte und 1955 eine Professur erhielt, ein Gründungspate für die literarische Zeitschrift Castrum Peregrini. Fraenger publizierte über den Maler Hieronymus Bosch und entdeckte dessen vermutlichen Mäzen Jacob van Almaengien.
Frommel, Wolfgang (1902-86)
Wolfgang Frommel war der Sohn des Theologen Otto Frommel und älterer Bruder des Komponisten Gerhard Frommel. Sein Großonkel war der Berliner Garnisonspfarrer und Hofprediger Emil Frommel. 1925 hatte Wolfgang Frommel in Doorn den deutschen Kaiser besucht, der sich angeregt mit dem Großneffen seines ehemaligen Hofpredigers unterhielt (Manuel Goldschmidt: Wolfgang Frommel S. 20), bei der Gelegenheit knüpfte Frommel auch Kontakte zu Albert Verwey, der sich 1898 als Gast von Stefan George in München aufgehalten hatte, und Roland Holst, dessen Frau Henriette Roland Holst 1915 das Zimmerwalder Manifest unterzeichnet hatte und mit Leo Trotzki in Verbindung stand. Frommel studierte seit 1921 in Heidelberg gemeinsam mit Theodor Haubach, der mit Percy Gothein bekannt und befreundet war und 1930 Mitglied im Beirat der Abraham Lincoln-Stiftung wurde, einer deutschen Zweigstiftung der Rockefeller Foundation. Frommel schloss sich eng an Gothein und dessen Freundeskreis an, konnte jedoch nie bis zu George vordringen, was er gegenüber seinen eigenen Jüngern zu verheimlichen wusste.
Frommel setzte sein Studium in Berlin fort und sammelte gleichgesinnte Verehrer der Dichtung Georges um sich. 1930 gründete er mit Gothein und Edwin Maria Landau den Verlag Die Runde, in dem seine damals viel beachtete Schrift Der dritte Humanismus 1932 unter dem Pseudonym Lothar Helbing erschien, die nach zwei weiteren Auflagen 1935 verboten wurde. Wikipedia:
Im Juli 1933 holte ihn Walther Beumelburg, der neue Intendant des Südwestdeutschen Rundfunks, nach Frankfurt und übertrug ihm die Leitung der Abteilung Wort. Durch Frommels Vermittlung fand auch Wilhelm Fraenger eine Tätigkeit beim Rundfunk. Im Herbst 1933 konnte Frommel mit einer eigenen Mitternachtssendung beginnen, die er beim Reichssender Berlin fortsetzte. In der Reihe Vom Schicksal des deutschen Geistes lud er jeweils einen Gast ein („Die Besten der Nation“, darunter auch jüdische Autoren unter Pseudonym), dem sich so die Gelegenheit bot, durch systemkritische Bemerkungen die offizielle Zensur geschickt zu umgehen. Nach Vermittlung des gemeinsamen Freundes Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband hielt etwa Carlo Schmid am Freitag, 16. November 1934, nach 24:00 Uhr in einer Mitternachtssendung seinen Vortrag über Friedrich und Rousseau oder die Kunst und Natürlichkeit als staatsbauende Wirkung. Parallel zur Tätigkeit am Rundfunk nahm Frommel 1934–1935 einen Lehrauftrag für das von den Nationalsozialisten eingerichtete Fach Politische Pädagogik an der Universität Greifswald wahr. Nachdem eine Kontrolle der Sendereihe durch das Regime begonnen hatte, sah er sich Ende 1935 nicht mehr in der Lage, das Konzept weiterzuführen.
Frommel emigrierte 1937 nach Basel, wo der Verleger Benno Schwabe ihm half. 1939 erhielt er mit Unterstützung von Adriaan R. Holst eine Genehmigung zum Aufenthalt in den Niederlanden, wo er 1941 Gisèle van Waterschoot van der Gracht kennen lernte. Im Juli 1942 zog er in die Amsterdamer Wohnung der Malerin, in der er Manuel Goldschmidt, Claus Victor Bock und Friedrich W. Buri verbarg. Frommel wurde vermutlich von dem Besatzungsoffizier Bernhard Knauss geschützt, dessen Buch "Staat und Mensch in Hellas" 1940 in Frommels Berliner Verlag erschienen war. Frommel verkehrte in Amsterdam auch mit dem emigrierten Maler Max Beckmann.
Nach dem Krieg blieb Frommel in der Amsterdamer Wohnung, wo das Castrum Peregrini entstand, um das Frommel seine Freunde und Jünger scharte, um das Werk von George, als dessen Nachfolger er galt, fortzuführen.
Goldschmidt, Manuel (1926-2012)
Goldschmidt war über 40 Jahre Herausgeber der Zeitschrift "Castrum Peregrini" und wurde bei seinem Tod von Tilman Krause in der Springerzeitung WELT als der letzte Jünger von G. gefeiert. Er habe die deutsch-jüdische Symbiose verkörpert. Während der deutschen Besetzung Hollands versteckte ihn Wolfgang Frommel in seiner "Pilgerburg" und schuf aus ihm und den anderen Jungs seine George-Sekte.
Das geheime Deutschland
Das Geraune des Dichterfürsten über seine Staatsangelegenheiten, über sein Reich und gar sein Geheimes Deutschland begann schon vor dem ersten Weltkrieg. Wie alle damals aufblühenden Esoteriker benutzte man Rätsel und Zeichen, die Bücher aus der Reihe der Blätter für die Kunst trugen also schon das Hakenkreuz. Das hatte politisch nichts zu bedeuten. Wenn einige der armen Jünger später in Hitler den Erfüller der Georgeschen Verkündigungen sahen, so waren sie nur dessen leeren Parolen und der geheimnisgeladenen Wichtigtuerei zum Opfer gefallen. Wer gerade mit wem unter den Jüngern und wer, meist einer der jüngsten Jünger, gar mit dem Dichterfürsten persönlich die intimsten Geheimnisse teilen durfte, war auch schon fast das ganze Geheimnis seines geheimen Deutschlands.
Dass da auch noch Bücher über Platon und den Staufenkaiser geschrieben wurden, diente der üblichen Wichtigtuerei, als würden die Traditionen der alten Hellenen und des Heiligen Römischen Reiches fortgesetzt. Dazu kam noch die höchste Verehrung und Würdigung jeder noch so banalen und misslungenen Zeile des großen Meisters der Dichtung durch seine Jünger. Wir finden hier im Licht der Bühne nur eine Sekte, deren Mitglieder intensivst mit sich selber beschäftigt sind und alle tanzen um ihren angebeteten Fetisch, den großen Dichterfürsten Stefan George, aber es hätte ein vergoldetes Kalb oder eine Vogelscheuche vom nächsten Bauern sicher auch gereicht.
Doch hinter der Bühne war noch etwas.
Das wird an den Karrieren der Mitglieder des Kreises deutlich und schon mit deren Auswahl, bei der nichts dem Zufall überlassen wurde. Es ist immer ein untrügliches Zeichen, wenn berühmt
gewordene Leute sich lange vorher schon kennen, ehe sie ihre Karrieren auch nur begonnen haben.
So kamen also die Brüder Stauffenberg zum George-Kreis. Sie wurden von Maria Fehling ihrem Freund Albrecht von Blumenthal als für den George-Kreis geeignete Jünger vorgeschlagen, nachdem Maria Fehling durch Beziehungen zur Ida Boy-Ed eine Stelle bei der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung bekommen und über die Frau des Inhabers die jungen Stauffenbergs kennen gelernt hatte. Und wirklich passten alle drei Brüder sich bestens in die Jüngerschar ein und sogar die Eltern hatten gegen den einschlägigen Ruf des George-Kreises nichts einzuwenden.
Quellen
Wilhelm Fraenger und Wolfgang Frommel im Briefwechsel 1947-1963 (Google Books)
Groppe, Prof. Dr. Carola, Universität der Bundeswehr Hamburg
Die Macht der Bildung. Das deutsche Bürgertum und der George-Kreis 1890–1933, 2. Aufl. Böhlau-Verlag, Köln, Weimar, Wien 2001.
„Dein rechter lehrer bin ich wenn ich liebe, mein rechter hörer bist du wenn du liebst.“ Erziehungskonzepte und Erziehungsformen im George-Kreis. In: George-Jahrbuch Bd. 2, hrsg. v. Wolfgang Braungart und Ute Oelmann, 1997/98, Niemeyer-Verlag, Tübingen 1998, S.107-140.
Identität durch Bildung. Das deutsch-jüdische Bürgertum in seinen Selbstbeschreibungen am Beispiel des George-Kreises vor und nach 1933. In: Jahrbuch für historische Bildungsforschung 5, 1999, hrsg. von Christa Berg, Peter Dudek u.a., Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb. 1999, S. 167-196.
Neubeginn durch einen dritten Humanismus? Der preußische Kultusminister Carl Heinrich Becker und der George-Kreis in der Weimarer Republik. In: Castrum Peregrini, 49. Jg., Heft 244–245, Verlag Castrum Peregrini, Amsterdam 2000, S. 41-61.
Stefan George, der George-Kreis und die Reformpädagogik zwischen Jahrhundertwende und Weimarer Republik. In: Bernhard Böschenstein, Jürgen Egyptien, Bertram Schefold, Wolfgang Graf Vitzthum (Hrsg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, Verlag Walter de Gruyter, Berlin, New York 2005, 311-327.
(Diese Werke wurden von mir nicht als Quelle verwendet, sie sollen nur den Einfluss des George-Kreises bis heute dokumentieren)
Hartmut von Hentig: Nichts war umsonst Stauffenbergs Not
Thomas Karlauf: Stefan George - Die Entdeckung des Charismas
Ein trotz aller Verehrung des Meisters sehr offen geschriebenes und grundlegendes Werk. Der Verfasser wurde als Jugendlicher von Wolfgang Frommel für das Castrum Peregrini geworben, wo er nach seinem Abitur zehn Jahre lebte. Der Verlag habe ihm ein ausreichendes finanzielles Angebot für seine sich über sieben Jahre erstreckende Arbeit an dieser George-Biografie geboten; das normale Honorar eines Autors würde einen solchen Aufwand niemals gestatten - jedenfalls profitiert der Leser von dem gelungenen Ergebnis ohne jeden Zweifel. Die unvermeidbar häufigen Anpreisungen des Meisters sollten allerdings diagonal überlesen werden.
Marita Keilson-Lauritz: Kentaurenliebe
Der Minister und die "Beckerjungen". Ein Versuch zu Carl Heinrich Becker (1876-1933)
"Übergeschlechtliche Liebe": Zu Stefan Georges (1868-1933) Liebeskonzept
Die Liebe der Kentauren. Deutscher Widerstand in den besetzten Niederlanden im Umkreis des Castrum Peregrini
...
Ulrich Raulff: Kreis ohne Meister: Stefan Georges Nachleben. München: C.H. Beck Verlag, 2009
H-Net Reviews: Zu den anregendsten Teilen des Buches gehören die im fünften und vor allem im sechsten Kapitel dargestellten Wirkungen und Nachwirkungen Georges in der deutschen Bildungspolitik. George hatte seinen Kreis stets als Bildungsmacht verstanden und vor 1933 einen subtilen, aber nachhaltigen Einfluss auf den pädagogischen Diskurs ausgeübt, der sich über immer feinere Kapillaren und als „andere, verschwiegene Überlieferung“ (S. 434) bis weit in die Bundesrepublik fortsetzen konnte. Als zentrale Akteure in diesem Tradierungszusammenhang werden Carl Heinrich Becker und Werner Picht bzw. ihre jeweiligen Söhne Hellmut Becker und Georg Picht vorgestellt, und wer sich nur ein wenig mit der Bedeutung dieser Personen in der westdeutschen Schul- und Bildungspolitik auskennt, der wird den Einfluss der George’schen Unterströmung nicht zu gering veranschlagen. In der Tat kann Raulff hier ein wirkmächtiges intellektuelles Geflecht freilegen, in dem elitärer Sendungsglauben, Menschenbildnerei und ein emphatisches Erziehungsideal kulminierten.
Edgar Salin: Um Stefan George. Helmut Küpper vormals Georg Bondi, Düsseldorf/München 1948 online (einer seiner Jünger über den großen Meister)
Korinna Schönhärl: Wissen und Visionen: Theorie und Politik der Ökonomen im Stefan-George-Kreis. Akademie Verlag, Berlin 2009